»Sicherheit1«

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In Gedanken versunken saß ich auf der dunklen Couch und streichelte dabei Nero über sein schwarzes Fell, während er hechelnd immer wieder zur Haustür starrte, genau wie ich auch.

Wie konnte ein Tag, der so gut anfing, nur so böse enden?

Erst der Unbekannte und dann noch Cathan, dessen hasserfüllter Blick mir immer noch einen Schauer über den Rücken jagte...

"Und er hat wirklich nichts weiter gemacht, als dir eine Fingerpistole zu zeigen?", erkundigte Senan sich jetzt schon das dritte Mal bei mir, seit ich hier saß und stellte dabei zwei Tassen mit Kaffee auf den Tisch vor mir.

"Ja", antwortete ich wie zuvor auch schon und sah ihn dann nachdenklich an. "Ich weiß, wie sich das anhört. Ich würde mir ja selbst nicht glauben, wenn ich es nicht selbst gesehen hätte."

Sofort wurde sein Blick ernster, was ich von ihm so überhaupt nicht gewohnt war. Er spielte mit seinem Lippenpiercing, kratzte sich dabei nervös am Arm herum und lief dabei so hektisch vor dem Tisch auf und ab, dass selbst ich wieder hippeliger wurde.

"Es geht doch nicht darum, ob ich dir glaube", gab er frustriert von sich und schaute mich dabei eindringlich an. "Sondern darum, ihn einzuschätzen. Ich meine, was will er denn? Wieso sollte er dir solche Angst machen, wenn er eh nicht abdrückt. Das ergibt überhaupt keinen Sinn!"

Ich spürte förmlich, wie ihn das ganze mitnahm, obwohl er ja eigentlich gar nichts damit zu tun hatte...

"Naja", überlegte ich und fuhr mir dabei über meine warmen Wangen. "Ich denke auch mittlerweile nicht mehr, dass er es auf mich abgesehen hat. Sonst wäre er ja nicht erst aufgetaucht, seid ich hier lebe."

Senan nickte zustimmend und ließ sich neben mir auf der Couch nieder, um einen Schluck seiner Tasse zu nehmen, während er einige Male über Neros Fell streichelte.

"Aber hätte er es auf Rian abgesehen, wieso dann nicht einfach abdrücken, wenn er ihn am Strand sieht. Ich meine, es ist ja nicht so, als wäre Rian nie alleine irgendwo unterwegs. Es wäre sicher nicht allzu schwer, ihm einfach eine Kugel in den Kopf zu ballern."

Sofort wandte ich meinen Blick zu ihm und funkelte ihn fassungslos an, während allein von der Vorstellung, was er da von sich gab, mein Herz sich schmerzhaft überschlug.

"Hör auf sowas zu sagen!", befahl ich mit zitternder Stimme und augenblicklich hob er seine Hände leicht in die Luft.

"Schon gut. Ich meinte ja nur", murmelte er und fuhr sich dabei durch seine braunen, verwuschelten Haare. "Also?"

"Was also?", wiederholte ich ihn und fragend starrte er mich an.

"Was will der Typ dann von dir?"

Ich zuckte mit den Schultern und sah mir dabei Nero an, der immer noch zur Tür starrte und wohl ziemlich nervös war, da er Rian riechen aber nicht sehen konnte... Er war fast schon aufgewühlt, als würde es ihn quälen...

"Er will Rian quälen", kam mir dann der Gedanke und sofort schaute ich Senan an. "Der will ihn gar nicht töten, sondern nur, dass er durchdreht, vor lauter Psychoterror."

"Also ein Sadist", meinte Senan und schaute dann genau wie ich zur Haustür, durch welche Rian in dem Moment eintrat.

So durcheinander wie er wirkte, hatte der Unbekannte es wohl schon geschafft, ihn psychisch anzuknacksen.

"Geh dir sofort was anziehen", wandte er sich Senan zu, der ja immer noch in Boxershorts neben mir saß. Ich hatte gar nicht mehr darauf geachtet. "Außerdem habe ich alle Wachmänner entlassen und John beurlaubt."

"Du hast was?!", regte Senan sich auf und sprang regelrecht von der Couch auf, um direkt auf Rian zuzugehen. "Bist du noch ganz dicht? Wieso veranstalten wir nicht gleich einen Tag der offenen Tür?!"

Rian warf Senan einen Blick zu, der selbst mir zu deutlich zeigte, dass sein Bruder  lieber den Mund halten sollte.

"Juri schickt uns ein paar Leute", kommentierte Rian die Aufregung seines Bruders nur kühl und wandte seinen Blick dann zu mir, wodurch seine Mimik sofort weicher wurde. "Brauchst du-"

"Juri?!", unterbrach Senan ihn zischend und ich verdrehte schonmal meine Augen, denn lange konnte es nicht mehr dauern, bis die Beiden sich Mal wieder an die Kehle springen würden.

Immer das gleiche!!!

"Ja, Juri!", entgegnete Rian schon wütend und stellte sich genau vor Senan auf, woraufhin dieser auch eine ganz andere Körperhaltung annahm.

"Super, dass du uns jetzt auch noch die Russen ins Haus holst!", zischte Senan und ich wusste überhaupt nicht, wieso er sich so aufregte, es ging mich aber eigentlich auch nichts an. Immerhin kannte ich diese Russen ja gar nicht.

"Ja! Weil ich ihnen vertraue, im Gegensatz zu-"

Rian unterbach sich selbst und sah Senan nur wütend an, welcher daraufhin tief Luft zog.

"Na sag's schon! Im Gegensatz zu mir! Das wolltest du doch sagen!"

"Ja genau das wollte ich sagen!!!"

"Es reicht!!!!!", mischte ich mich wütend ein und schmiss dabei meine Kaffetasse zu Boden, sodass diese auf dem dunklen Holz vor den Beiden in viele kleine Teile zersprang.

Wenigstens hatte ich jetzt ihre Aufmerksamkeit!

"Da ist jemand, der genau das hier will! Unruhe stiften in der Familie. Wer weiß schon, wer er ist, oder wie lange er uns schon beobachtet, oder wie gut?! Ich fühle mich zumindest mittlerweile ständig beobachtet und unwohl und ich möchte, nein, ich verlange sogar, dass ihr euch in meiner Gegenwart wie eine Einheit verhaltet! Ich hätte wegen eurer ständigen Streiterei schon am Strand sterben können, ist euch das überhaupt klar!!???"

Die beiden sahen mich zwar überrascht an, doch ich sah ihnen auch ganz genau an, dass sie mir Recht gaben, mit dem was ich sagte und es war ja auch so.

Eine intakte Familie konnte man nicht so leicht auseinander bringen, bei den Beiden aber musste man nichtmals einen Finger rühren, da sprangen sie sich an die Kehle und das gab einem Fremden Vorteile, die er eigentlich gar nicht haben sollte.

Wieso wurden wohl meine Cousins immer in Ruhe gelassen, selbst von älteren? Weil sie, egal was war, immer zusammen gehalten haben und genauso musste es hier auch werden und egal was zwischen den Beiden stand, es musste ein für alle Mal aus der Welt geschafft werden, sonst würde das hier alles wirklich noch übel enden.

"Du hast absolut Recht", kam Rian auf mich zu und zog mich fest an seine Brust, um mir sanft über meinen Rücken zu streicheln.

"Ich weiß", gab ich ihm zurück und erwiderte dabei seine Umarmung, sie sich so wohltuend anfühlte, dass ich meine Angst und alles andere wieder für einen Moment der Stille vergaß.

Wieso konnte nicht alles so einfach sein...
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😳

Rian - Bis dass der Hass uns scheidet Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt