»Schüsse2«

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Ein fettes Grinsen breitete sich auf meinem Gesicht aus und voller Stolz schaute ich zu Odran, dessen Augen immer noch auf der Pappfigur klebten, während sein Mund leicht geöffnet war.

"Volltreffer", gab ich zufrieden von mir und sah auch wieder zu der schwarzen Figur, der ich genau mitten in den Kopf geschossen hatte.

"Oder Glückstreffer", meinte Odran plötzlich und wütend funkelte ich ihn an.

"Wieso sollte es Glück sein? Weil ich eine Frau bin?"

Ich hob fragend eine Augenbraue, während er sich aufrichtete und auf seine Figur zielte. Er schoss zwar schneller als ich, konzentrierte sich nicht wirklich und traf natürlich trotzdem auch genau in den Kopf, was aber kaum ein Wunder war.

Wer wusste schon, wie oft sie hier trainierten.

"Pascal?!", rief er einen Typen, den ich zuvor gar nicht gesehen hatte, der aber wohl schon die ganze Zeit hinter uns an einer kleinen Theke stand, wo verschiedene Pistolen lagen. "Setz die Ziele drei Meter nach hinten!"

Der Blonde nickte und drückte einen Schalter, wodurch ich ein Geräusch wahrnahm, das laut durch die kleine Halle schallte.

Neugierig schaute ich zu den Pappfiguren, die beide weiter nach hinten verschwanden.

Jetzt wollte er es wohl wirklich wissen!

"Herz", forderte Odran mich auf und herausfordernd stellte ich mich auf und zielte wieder ganz in Ruhe und mit angehaltenem Atem auf das kleine, weiße Kreuz, dass auf der schwarzen Pappe gut zu sehen war.

Einatmen, Luft halten, runterzählen und schon flog die nächste Kugel, die zielsicher genau durch das Kreuz schoss, was mich erneut lächeln ließ.

Ich danke dir Padraig!!!

"Glückstreffer also?", wandte ich mich mit einem stolzen Ausdruck an Odran, der wirklich beeindruckt schien.

Ich fühlte mich wie Lucky Luke persönlich!

Auch er zielte erneut und als ich dann ganz genau beobachtete, wie er sicher eine Hand breit sein Ziel verfehlte, wurde meine Freude nur noch größer. Natürlich fühlte sich der Große aber in seiner Ehre gekränkt.

"Weißt du!", fing er an und sah dabei zu mir herunter. "Egal wie gut du bist, wenn du in dem Moment, wo es wichtig ist, nicht abdrückst, bringt dir auch deine scheiß Zielsicherheit nichts!"

Wow! Männer und ihr Ego ...

Ich verdrehte meine Augen und nahm es ihm nichtmals übel. Sicher war es wirklich beschissen von einer kleinen Zigeunerin im Schießen geschlagen zu werden. Aber trotzdem trafen mich seine Worte, denn sie waren wahr...

"Gut, also dann linke Hand!", forderte er und schoss zuerst. Er traf und legte seine Waffe auf den Tisch vor uns, um mich mit verschränkten Armen zu mustern.

Ich nickte und zielte, doch irgendwas in mir zwang mich plötzlich dazu, extra daneben zu schießen. Ich wollte nicht, dass er sich seiner Männlichkeit beraubt fühlte, nur weil ich ihn hier vorführte.

Nachdem ich tief einatmete zielte ich genau neben die Pappfigur ins Nichts und drückte den Abzug.

Die Kugel flog ins Nichts und obwohl ich genau wusste, dass ich getroffen hätte, fühlte ich mich jetzt besser, wo ich Odrans Grinsen wieder sah.

"Wohl doch nur Glück", meinte er selbstsicher, woraufhin ich unwissend mit den Schultern zuckte.

"Kann sein."

"Das war wohl eher ein Zeichen dafür, wie sehr sie dich schätzt, Odran", hörte ich plötzlich Rian hinter mir und drehte mich zu ihm herum. Er stand mit Juri gemeinsam an der Tür und schaute mich stolz an, was mich leicht rot werden ließ.

Rian - Bis dass der Hass uns scheidet Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt