»Vertrauen2«

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Zwei ganze Stunden saß ich schon auf dieser Couch und starrte immer wieder zwischen Haustür und der Wanduhr hin und her.

Das Ticken machte mich beinahe wahnsinnig, doch ich wollte auch auf keinen Fall hier weg, denn er konnte jeden Augenblick wiederkommen.

Die Tränen hatten zum Glück wenigstens aufgehört und das Atmen fiel mir dadurch leichter, doch trotzdem fühlte ich mich einfach nur noch beschissen.

Kein Wunder...

Wir oft hatte er erwähnt, dass er nicht wollte, dass ich mit Senan trank ... Ich tat es trotzdem.

"Ähm, Kev?", riss Odran mich plötzlich aus meinen Gedanken und fragend schaute ich zu ihm, wie er neben der Kücheninsel stand und zum ersten Mal irgendwie unsicher wirkte.

"Ja?", hauchte ich dann leise, woraufhin er sich nervös durch seine Haare fuhr, sodass ich schon tief Luft zog.

Was würde jetzt noch kommen?!

"Naja, ich weiß, es ist nicht die beste Situation", fing er an und schaute mich dabei nachdenklich an. "Aber ich wollte fragen, ob du die Muffins noch machst?"

Sein scheiß Ernst?

Irritiert starrte ich ihn einige Zeit an und als ich wirklich spürte, dass es ihn viel Überwindung gekostet hatte, mich überhaupt zu fragen, stand ich nach einer Weile des Schweigens auf und lief geradewegs auf ihn zu.

"Aber du hilfst mir!"

Er nickte zu meiner Überraschung und ich sah mir noch kurz den Teig an, der meiner Meinung nach noch völlig in Ordnung ging.

Dann lief alles einfach nur nach Plan ab.

Im großen und ganzen gab ich dem fast zwei Meter Riesen eine Aufgabe nach der anderen und die Muffins waren schneller fertig, als ich gucken konnte und dafür musste ich nichtmals einen Finger rühren.

"Mhhhh", hörte ich Odran nur genießen, als er den ersten probierte und schon musste ich schmunzeln. Er war echt ein komsicher Zeitgenosse. Einerseits eine Ausstrahlung, dass man sich nicht mit ihm anlegen wollte, andererseits ließ er sich von mir herumkommandieren und backte Muffins.

Mafia durch und durch...

"Weißt du", fing er plötzlich ein Gespräch an, als er schon drei Muffins verdrückt hatte. "Du musst dir überhaupt keine Gedanken machen. Jeder Vollidiot weiß, wieso du es verheimlicht hast und Rian wird dir sicher keine Vorwürfe machen."

"Ich hoffe es", antwortete ich ihm niedergeschlagen und räumte dabei nebenher die Küche auf.

"Und ich weiß es", gab er nur kurz und knapp zurück und schnappte sich dabei den nächsten Muffin, woraufhin ich ihn mahnend ansah.

"Du weißt schon, dass die auch für deine Brüder sind", ließ ich ihn mit hochgezogener Augenbraue wissen, doch er zuckte nur mit den Schultern.

"Haben die sich nicht verdient."

Als er dann dämlich grinste, musste auch ich wie automatisch grinsen, doch innerlich war ich immer noch gefangen in meiner Unsicherheit und starrte wieder gedankenverloren zur Wanduhr.

"Soll ich dir einen Film anmachen?", fragte Odran mitfühlend auf meinen wehmütigen Blick, doch ich schüttelte sofort verneinend den Kopf und lief wieder zurück zur Couch.

"Es wäre aber lieb, wenn du mit Nero raus könntest."

Er nickte wie selbstverständlich und pfiff anschließend nach Nero, um mit diesem  auch sofort über die Terrasse nach draußen zu verschwinden.

Rian - Bis dass der Hass uns scheidet Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt