»Familie«

12.8K 485 124
                                    

"Es war zu viel für sie...."
"Du hättest sie nicht schießen lassen sollen!"
"Wieso hast du überhaupt das Haus verlassen?"
"Wie geht's Odran?"

Meine Augen waren geschlossen und mein Körper fühlte sich wie betäubt an, während ich aber Rians, Senans und Padraigs Stimmen wahrnahm, die sich abwechselnd zu streiten und zu beruhigen schienen.

"Es war ein glatter Durchschuss. Er schläft."
"Und Nero ist auch schon wieder munter."

Unbewusst lächelte ich über diese Worte und versuchte meine Augen zu öffnen, doch ich war zu schwach. Mein Verstand schien benebelt und das alles noch nicht verarbeitet zu haben, während mein Körper einfach nur kraftlos wirkte.

Ich hatte wirklich jemanden erschossen...

"Hey", hörte ich plötzlich Rians ruhige Stimme an meinem Ohr und spürte gleich darauf, wie er mir meine Haare vorsichtig aus dem Gesicht strich, um mir einen sanften Kuss auf meine Wange zu geben.

Mühsam öffnete ich dann doch meine Augen, denn ich wollte ihn unbedingt ansehen, mir seiner Nähe sicher sein und als seine Iriden genau in meine starrten, kamen mir erneut Tränen in meine Augen.

"Hey", flüsterte ich ihm mit zitternder Stimme zu und sah flüchtig an ihm vorbei zu Padraig, der mir zunickte und sich wieder zur  Küche wandte.

Rian saß vor der Couch in der Hocke und drehte sich kurz zum Tisch herum, um mir dann mit einem aufmunternden Lächeln ein Glas Wasser zu reichen.

Nur langsam erhob ich mich und nahm das Glas entgegen, während er mir seine Hände auf meine Oberschenkel legte und mich ganz genau beobachtete, als würde er verstehen wollen, was gerade in mir vorging und wie er mir am besten helfen könnte.

Doch was er nicht wusste, war, dass er mir schon am meisten half, indem er einfach nur da war.

"Geht's wieder?", erkundigte er sich und schaute dabei besorgt zu mir auf.

"Ja", hauchte ich halbherzig lächelnd und reichte ihm das Glas wieder, wodurch er sich erhob und mit dem Glas zurück in die Küche lief.

"Sooo", hörte ich dann Padraig, der mit langsamen Schritten auf mich zukam und genau vor mir stehen blieb. "Wird Zeit nach Hause zu fahren und ein paar Bierchen zu trinken."

Ich schmunzelte und konnte mir ganz genau vorstellen, wie seine restliche Nacht verlaufen würde. Das schöne Lagerfeuer... Meine Cousins, die sich gegenseitig provozierten und früh morgens würden sich dann die Nachbarn über den Lärm beschweren.

Irgendwie vermisste ich diese Zeit, doch ich hielt sie in guter Erinnerung und freute mich umso mehr auf meine Zukunft hier bei meinem Ehemann.

"Ich danke dir von ganzem Herzen", lächelte ich ihn an und stand mit Tränen in den Augen auf, um den Großen im Muskel-Shirt fest in meine Arme zu schließen. "Du hast keine Ahnung, wie sehr ich dich vermisse!"

"Wir dich auch", gab er mir zurück und löste sich wieder von mir, um mich ein letztes Mal von oben bis unten zu mustern. "Ich bin froh, dass es dir gut geht", fügte er noch hinzu und kniff mir leicht in die Wange, um sich anschließend zu Rian herumzudrehen.

Sie sahen sich nur mit Respekt an, nickten und schon sah ich meinen Cousins dabei zu, wie sich einer nach dem anderen bei mir verabschiedete und sie aus der Tür verschwanden...

Bis keiner mehr da war...

"Also ich überlege mir demnächst zweimal ,ob ich dich nochmal provoziere", grinste Senan mir dämlich entgegen und erhob sich dann vom Esstisch. "Ich werde Mal nach Odran und Nero schauen gehen."

Rian - Bis dass der Hass uns scheidet Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt