19. Ich wollte das nicht!

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Erschöpft schlug ich die Augen auf und schaute erstaunt auf den hellleuchtenden Mond, der mir in der dunklen Nacht wie die Sonne entgegen strahlte und den Raum sanft erhellte.

Erschrocken schnellte ich hoch und mir fiel siedend heiß ein, wo ich war und was gestern geschehen war! Ich lag noch im Bett von Vincenzo!

Entgeistert schaute ich mich um.

Aber der Platz neben mir war kalt und leer und der mächtige Vampir war nicht mehr im Raum.

Schlagartig wurde mir erneut bewusst, worauf ich mich in der Nacht eingelassen hatte.

Wie hatte ich das nur zulassen können, fragte ich mich. Ich war nicht schwul. Das Schlimmste daran war, dass es mir gefallen hatte und das verwirrte mich wirklich.

Aufgelöst schaute ich auf meine Uhr. Es war noch Nacht. Erst drei Uhr.

Mit pochenden Herzen lauschte ich.

Das Tropfen des Wasserhahns in der Küche. Das leise Brummen der Klimaanlage und das Ticken einer Standuhr waren zu hören. Aber ihn konnte ihn mit meinem feinen Gehör nicht wahrnehmen.

Hatte er die Wohnung verlassen, fragte ich mich und schwang meine Beine aus dem Bett.

Wahrscheinlich war er hinunter in den Club gegangen, dort war um die Uhrzeit bestimmt viel los, überlegte ich kurz.

Auf dem Nachttisch stand ein Becher mit Blut. Ein kleiner gelber Klebezettel heftete daran. Meine Bekleidung lag auf einem Stuhl, ordentlich zusammengefaltet, daneben.

Ich zog den Zettel ab und las: ,,Trink das. Es hilft, wenn du in den Club kommst. Sal."

Kurz brummte ich unzufrieden. Ich war keine Prinzessin, die umsorgt werden musste. Aber es roch verdammt lecker und hungrig, meldete sich knurrend mein ewig leerer und unersättlicher Magen und meine Zähne fuhren schlagartig bei dem leckeren metallischen Geruch aus. Mein Körper verriet mich und ich war abhängig von diesem dickflüssigen Lebenssaft. Ob ich wollte oder nicht. Ob Prinzessin oder Prinz. Ich war nun mal ein verfickter Vampir. Also nahm ich einen großen Schluck Blut und zog mich schnell an.

Anschließend schaute ich ins Wohnzimmer, aber es war wie vermutet leer. Beruhigt ging ich ins Bad und wusch mich kurz, während ich unzufrieden mit mir in den Spiegel blickte. Ich sah genauso aus, wie ich mich fühlte. Blass, unsicher und unglücklich. Kurz strich ich mir noch durch mein verwuscheltes Haar. Ich hätte niemals herkommen sollen, dachte ich noch. Schüttelte meinen Kopf unzufrieden und verließ das Bad.

Als ich ins Wohnzimmer zurückkehrte, überlegte ich kurz. Dabei stellte ich für mich fest, dass es eine idiotische Idee von mir gewesen war und es Zeit wurde, das Weite zu suchen. Ich hatte hier eindeutig nichts verloren. Wahrscheinlich ist es wirklich am besten, wenn ich einfach verschwinde und mich einfach nicht mehr melde. Es war definitiv ein Fehler gewesen und es war wahnsinnig peinlich gewesen. Wahrscheinlich war meine Story an der Bar schon der Brüller des Abends und ich war die Witzfigur dabei. Der Nerd, der sich von dem erfahrenden Vampir verführen ließ. Oder der Idiot, der keine Ahnung von nichts hatte.

Durch Zufall schaute ich nochmal auf den Schreibtisch. Dort lag meine Akte. Ich schnappte mir mein Mantel, rollte meine Mappe zusammen und stopfte sie in meine Innentasche. Am Eingang zog ich mir meine Schuhe über und ging zum Fahrstuhl. Dort klebte ein weiterer kleiner Zettel mit einer vierstelligen Nummer. In Klammern stand darunter: „Dies ist mein Geburtsjahr, merke es dir, damit kannst du jederzeit den Fahrstuhl benutzen, Sal."

Ich drückte die Zahlen eins, sechs, zwei, fünf auf der Tastaturtafel und war verblüfft. Dieser Vampir war wirklich fast vierhundert Jahre alt. Vier Jahrhunderte Wissen und Erfahrungen. Es war bestimmt interessant zu hören, was dieser Mann schon alles erlebt hatte.

Ich bin der Vampirengel (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt