Ich bin der Vampirengel (BoyxBoy)

32. Fragen zum Licht

Viele Tage saß ich nun grübelnd an meinem Schreibtisch und hatte viel über Vampire im Internet gelesen und alle befragt, die ich kannte. Ich hatte sogar die Frage zu meinem Licht, natürlich anonym ins Vampirforum gestellt. Täglich schaute ich auf die Antworten. Es wurde diskutiert, aber außer allgemeinen Antworten zum Thema Engel kam leider nicht wirklich etwas heraus.

Salvatore bemerkte es, konnte aber gegen meine Unruhe nichts unternehmen. Er stellte mich noch manches Mal zufrieden, schon um dieses Leuchten in mir hervorzuholen, welches ihm ungemein gefiel. Aber ich erfuhr nicht wirklich etwas darüber, nur dass es auftrat, wenn ich emotional angespannt oder erregt war. Vincenzo fand dies wunderschön, weil er seine Reaktion auf mich gerne testete. Ich fand es nicht ganz so überzeugend, weil es meine Gedanken verriet, die manchmal auch nicht ganz anständig waren, wenn wir zusammen weilten. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass er mich dressieren wollte. Wahrscheinlich war das auch seine Intention, denn jedes Mal versuchte er bei mir weiterzugehen, um mich zu erregen. Manchmal gelang es ihm, aber auch manches Mal fror er direkt über mir ein und ich hatte dann Mühe mich zu beruhigen, um ihn wieder zurückzuholen. Er lachte dann nur und versuchte es beim nächsten Mal irgendwie anders. Er hatte Zeit. Er hatte alle Zeit der Welt und es machte ihm Spaß an mir zu forschen und meine Reaktionen zu testen.

Ich fand es nicht überzeugend. Ich wollte nicht sein leuchtendes Versuchskaninchen sein und ich hatte wirklich Angst. Denn ich wusste nicht, was es war.

So schwirrten mir die ganzen Tage diese Fragen durch den Kopf. Was war ich eigentlich? War ich ein Engel? Aber Engel waren gutartig und tranken kein Blut. Sie hatten einen Auftrag in der Welt, dachte ich. Aber ich war ein Vampir und brauchte Blut. War ich deshalb bösartig? Und was für einen Auftrag hatte ich, wenn ich ein Engel sein sollte? ... Eigentlich keinen bisher. Warum war ich anders, als die anderen Vampire, fragte ich mich? Salvatore konnte von keinem berichten, der so etwas konnte. Und andere konnte ich nicht fragen. Das war mir unangenehm und würde nur meine Andersartigkeit oder Verrücktheit bescheinigen. Roy hatte bisher nichts weiter herausfinden können und er hatte mir ein paar alte Bücher organisiert. So quälte ich mich durch meinen bürokratischen Alltag bei Salvatore im Club und jeden Abend vor dem Internet. Und las ich alles zu diesem Thema, insbesondere zu Engeln, die auf der dunkeln Seite standen.

Es war ein wirklich interessantes Thema, mit welchem sich die Kirchen schon seit Hunderten von Jahren beschäftigten.

Die Frage war, ob Engel Überbringer göttlicher Botschaften oder unerschrockene Krieger gegen das Böse waren. Sind sie schützende Wegbegleiter, oder sind sie typischerweise Weiblich oder eher kindergleiche Wesen?

Ich konnte mich nicht mit diesen Angaben vergleichen. Ich war nicht weiblich, oder kindlich, oder ein unerschrockener Krieger. Hier sah ich eher die Vampire als mich. Göttliche Botschaften? Woher sollte ich diese nehmen? Und was würde es aus mir machen, wenn die Menschen oder Vampire glaubten ich wäre ein Engel?

Ich wusste es nicht. Ich wollte nicht anders sein. Reichte es nicht das ich ein Vampir war, fragte ich mich. Das fand ich schon schwierig genug. Musste ich da auch noch aus der Reihe tanzen? Ich war als Mensch schon anders gewesen, warum nun als Vampir genauso? Das wollte ich nicht sein. Ich wollte einfach nur dazu gehören zu einer ewig lebenden Gemeinschaft.

Da niemand bisher Engel bewusst gesehen hatte, waren alle Informationen nur Vermutungen.

Gab es mehrere wie mich, fragte ich mich? Sind wir die Guten oder Unheilsbringer? Ich wusste es nicht. Insgesamt gingen in der ganzen Literatur die Vorstellungen vom Aussehen, der Herkunft und den Aufgaben der Engel weit auseinander. Einzig war in allen Gesellschaften die Frage nach Leben und Tod eng mit den Engeln verbunden.

Brachte ich meinem Vampir den Tod? Solche Gedanken machten mir Angst. Vielleicht war ich für ihn gefährlich?

Viele Zweifel plagten mich.