30. Eine Leitplanke als Abschussrampe

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Natürlich sagte ich zu. Ich hatte sonst ja nichts weiter zu tun, außer darüber zu grübeln, was es mit diesem angeblichen Licht und dem Erstarren von anderen oder Zeit anhalten auf sich hatte.

Ein wenig Angst hatte ich schon. Ich wusste ja nicht, was mich erwartete und ich war nicht der Typ, der gerne Kontakt mit anderen Menschen, deren Blut ich liebte oder zu anderen Vampiren, deren Dominanz ich hasste, haben wollte. Aber für Sal wollte ich mein Bestes geben und würde es ihm zuliebe versuchen. Er war bisher immer lieb zu mir gewesen und ich wollte ihm einfach etwas zurückgeben. Er war so erhaben in dem, was er tat, im Gegensatz zu mir.

***

„So, das ist James. Er wohnt über euch seit ein paar Wochen. Er ist ein junger Vampir und Vincenzo hat die Rolle des Vampirvaters übernommen, nachdem James entschieden hatte, dass seine Vampirmutter nicht die Richtige für ihn war. Ihr könnt ihn alles zum Thema Computer fragen. Er hat oben ein ganzes Zimmer nur mit Computerequipment aufgebaut und Salvatore dazu gebracht am PC zu arbeiten. Er ist ein Revolutionär unter uns Vampiren in der Hinsicht", sagte Gio lachend in den Raum hinein und schob mich nach vorne, obwohl mir seine Ansage wirklich peinlich war.

Ich war total eingeschüchtert und hielt den Kopf gesenkt, so hielt mich Gio fest an der Schulter und gab mir Halt. Dem Umstand entsprechend hatte ich mich zuvor satt getrunken und für den Notfall einen Schraubbecher mit Blut in der Hand, den ich fest wie ein Rettungsanker umfasste, als mich die vielen verschiedenen Gerüche und Geräusche wie eine sämige, lecker schmeckende Suppe umwabberten.

Neugierig starrten sie mich an, wahrscheinlich hatte Gio schon so einiges über mich erzählt. Ich musste mich schon ziemlich zusammenreißen und atmete tief ein, als ich meinen Kopf hob und sie zur Begrüßung anlächelte.

So betrat ich das erste Mal die Büroetage unter der Wohnung und schaute überrascht auf die vielen Personen, die sich angespannt ernst blickend versammelt hatten, als Gio mit mir zusammen aufgetaucht war. Ungefähr waren es zwanzig Personen. Vampire und Menschen gemischt. Das hatte mich wirklich überrascht, dass sie voneinander wussten und auch noch friedlich zusammenarbeiten konnten. Bemerkenswert fand ich auch noch die große Zahl an Personen.

Mein schüchternes Lächeln sorgte schnell für Entspannung unter den Mitarbeitern und alle verzogen sich eilig freundlich nickend wieder an ihre Arbeit, als Gio sie mit der Hand wegwedelte.

Auf der, mit hellen kalten Neonröhren beleuchteten Etage brummte es dauerhaft unangenehm und die Telefone klingelten, in meinen Ohren kreischend, hintereinander weg. Fast kam es mir so vor, als wäre ich auf der Börsenleitstelle einer Bank gelandet. So flogen die Worte aufgeregt hin und her und so schnell liefen einige Personen von einem Büro zum nächsten. Überrascht schaute ich auf das Gewusel um mich herum. So aktiv hatte ich mir das Büro nicht vorgestellt.

Gio grinste und stellte mich allen nach und nach vor, während wir von Raum zu Raum gingen. „Alle Anwesenden kommen aus Familien, die seit Generationen für uns arbeiten. Es sind Menschen, die schon lange von der Existenz der Vampire wissen und sich zur Geheimhaltung verpflichtet haben. Sie werden dafür sehr gut bezahlt und können sich mit ihren Familien so ein gutes Leben leisten. Aber sie wissen auch, dass ein Verrat den Tod der ganzen Familie nach sich ziehen würde. Alle haben sich zur absoluten Verschwiegenheit verpflichtet und sind seit Generationen absolut loyal", berichtete Gio.

„Das ist Sylvie. Sie ist unsere Perle. Mit ihr kannst du alles zum Thema Buchhaltung besprechen. Dann bin ich wenigstens entlastet. Das war noch nie mein Thema gewesen."

Ich nickte.

Sylvie lächelte mich hinter ihrer braunen Hornbrille und ihrem streng gebundene braunen Zopf an. Sie war bestimmt schon fünfzig und ein wenig füllig. Aber trotz allem trug sie ein elegantes dunkelgraues Kostüm, welches ihr sehr gutstand, wie ich feststellte.

Ich bin der Vampirengel (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt