Diese himmelschreiend laute bedrohliche Lärmkulisse kam nicht aus der Küche!
Maßlos erleichtert, atmete ich auf und winkte den hinter mir unruhig Wartenden zu, mir zu folgen. Als Erster schlich ich mich langsam, geduckt entlang des sauber geputzten Küchentresens durch den gefliesten Raum.
Die anderen folgten mir, sich ängstlich umschauend. Einer nach dem anderen vorsichtig, den Rücken tief gebeugt.
Am Ende der Küche sah ich die rettende Ausgangstür mit dem grünen beleuchteten Notfallschild darüber. Diese konnte unsere Rettung aus dieser lebensgefährlichen Situation sein. Aber ich war bereits jetzt schon schweißnass und mein Herz raste zum Zerspringen. Wir mussten noch an der offenstehenden Küchentür, zum jetzt tödlichen Clubraum, vorbei. Ängstlich lugte ich hinter dem Küchentresen hervor, durch die Türöffnung, in den riesigen bunt leuchtenden Clubsaal, mit der hohen Freitreppe, hinein.
Erstarrt blieb ich stehen. Das konnte nicht sein!
Ein einziges blutiges Gemetzel herrschte im Club. Völlig aufgelöste Menschen rannten wild durcheinander.
Schreie. Kreischen. Es krachte brüllend in meinen Ohren.
Ich sah einen, mit einer schwarzen Mütze vermuten Schützen oben an der weit geschwungenen Treppe stehen, der sich einzelne Ziele vornahm und in die durcheinanderstobene Menge schoss. Die ersten Clubbesucher rannten gellend schreiend auf mich, in Richtung der vermeintlich sicheren Küche, zu. Ein Maschinengewehr ratterte erneut brüllend los, sodass sich der Schall in der Küche verfing und mehrfach in den Ohren einschneidend kreischend widerhallte.
Plötzlich fielen sie einer nach dem anderen vor meinen Augen mit erstarrtem, kaltem, totem Blick zu Boden.
Verzweifelt rannte ich los. Ich konnte nicht anders. Gleich würden noch mehr Menschen auftauchen. Der schmackhaft leckere, süßliche Blutgeruch mischte sich mit den Ausdünstungen der maßlosen Angst dieser Menschen. Diese Sinneseindrücke waren unerbittlich und umnebelten mich unangenehm beißend. Ich schüttelte angewidert meinen Kopf.
Ich musste mich konzentrieren. Hier war nicht die Zeit, um die Beherrschung zu verlieren. Wenn andere hier versuchen würden Schutz zu suchen, konnte dies im blutigen Chaos enden. Diese Verbrecher konnten hier auftauchen, dann war es um uns gleichfalls geschehen und wir waren genauso dran, wie diese armen Menschen, die dieser verfluchten Kirche gerade zum Opfer fielen. Wie schon viele in den letzten zweitausend Jahren, in den die Kirche vermeintlich herrschte.
Wo war Vincenzo, Gio und die anderen? Ich wusste es nicht. Aber ich wusste, dass ich die hinter mir wartenden Menschen unbedingt herausbekommen musste. Dies war das Wichtigste im Moment! Wir hatten keine Zeit mehr. In ein paar Minuten würden die Angreifer hier sein und alle blutig niedermetzeln.
Ich rannte völlig aufgelöst zur Tür auf der anderen Seite und schob zitternd, schwer atmend meine Zugangskarte durch den leuchtenden kleinen Kartenleser neben der schweren Stahltür. Tränen der Angst, Überforderung und Trauer liefen mir über die Wangen. Die extremen Geräusche im Clubsaal wurden penetrant, immer lauter. Mehrere Einzelschüsse fielen. Wieder eine ganze Salve. Laut wurden lateinische Gebete gebrüllt.
Mit zitternden Händen gab ich die Nummern auf dem beleuchteten Tastenfeld ein. Ich betete. Hoffentlich war der Ausgang frei. Leise öffnete ich langsam die schwere Stahltür und schaute vorsichtig nach draußen.
Vor mir lag eine leere, hell beleuchtete zweispurige Straße in der Nacht, mit auf beiden Seiten parkenden Autos. Der Gehweg war um die Uhrzeit menschenleer oder bereits durch die Angreifer geleert worden. Ich wusste es nicht. Aber wir hatten keine Wahl. Der Seven-Eleven-Laden auf der anderen Straßenseite war noch beleuchtet, er hatte meines Wissens nach vierundzwanzig Stunden geöffnet und lebte auch von den Clubbesuchern. Die anderen Läden waren schon verdunkelt. Die weiße Röhren-Straßenbeleuchtung leuchtet eisig in der Nacht. In der Ferne hörte ich gleichfalls leise Schüsse und schon eine Polizeisirene.
Schüsse in New York zogen immer einen Einsatz nach sich. Jeder konnte sie hören und die Menschen riefen sofort die Polizei. Ich sah einen Mann in Blitzgeschwindigkeit über die Straße hechten und stellte fest, dass es einer von Salvatores Männern war.
Ich pfiff laut zwischen den Finger, um auf mich aufmerksam zu machen.
Der Schwerbewaffnete drehte sich suchend um und entdeckte mich an der Tür.
Grimmig nickte er mir kurz zu.
Ich hoffte, dass er die Angreifer auf dieser Seite bereits ausgeschaltet hatte. Jedenfalls hatte ich keine andere Chance, die Menschen hier gesund herauszubringen. Schnell winkte ich den hinter mir wartenden ersten Mann zu.
Er zitterte vor Aufregung.
Ich griff ihm an die Schulter, um seine Aufmerksamkeit auf mich zu fokussieren und erklärte: „Gehen sie zügig an der Hauswand entlang bis zur Ecke, dort müssen sie über die Straße rennen. Gott geb, dass die Angreifer auf der Seite ausgeschaltet worden sind."
Mit schreckgeweiteten Augen nickte er ängstlich, schaute kurz durch die Tür und schob sich dann seitlich langsam hindurch.
Ich beobachte ihn ungeduldig, wie er sich an der schmutzigen Hauswand gedrückt zur Straßenecke schlich.
Erleichterte bemerkte ich, dass keine Schüsse hier draußen mehr zu hören waren und hoffte, dass der Vampir uns Feuerschutz gab.
Ein Pfiff erfolgte hell über die Straße hinweg. Der Mann hörte dies und rannte wie ein Wiesel über die Straße und verschwand hinter der Hausecke aus mein Sichtfeld.
Ich hoffte, dass er es geschafft hatte. Leider konnte ich es nicht überprüfen. Ich musste die anderen herausbringen. So winkte ich dem Nächsten zu und einer nach dem Anderen verschwand durch diese Tür, in die vermeintliche Sicherheit der weiten Stadt. Immer wieder erfolgte dieser helle Pfiff, nachdem sich alle richteten. Die Schwerverletzten wurden als Letztes aus der Tür geschleppt. Die ganze Zeit hörte ich keine Schüsse und der letzte Trupp war relativ langsam unterwegs. Sodass ich davon ausgehen konnte, dass alle geschafft hatten, als die letzten hinter der Hausecke verschwanden.
Erleichtert atmete ich auf, wischte mir meine Tränen weg und schloss die Tür wieder von innen.
Aus dem Clubsaal erklangen immer noch diese brüllend lauten Kampfgeräusche. Dabei waren bereits Minuten vergangen und immer noch schrien Menschen laut und bettelten um ihr Leben, während ich das wahnsinnige Lachen eines Angreifers hörte.
In mir schüttelte sich alles. Gut, dass die anderen schon raus waren. Aber das war erst der Anfang, dachte ich. Die Menschen im Saal mussten gleichfalls geborgen werden. Mir war noch nicht klar wie, aber ich musste irgendwie nützlich sein. Vincenzo war bestimmt gleichfalls im Club und bei dem, grellen blinkenden Lichtern, konnte er, nicht viel sehen. Ich musste ihm unbedingt helfen. Ich wusste, wo die Hauptschalter für die Lichtanlage angebaut waren. Ich musste sie ausschalten. Vampire sahen bei Dunkelheit besser als Menschen. Wir hatten somit eine größere Chance, die Angreifer zu eliminieren.
Wie von Furien gejagt, rannte ich durch die hellerleuchtete Küche. Ein Querschläger flog laut surrend an mir vorbei. Ich hörte das helle hohe Summen klar und deutlich an meinem Ohr.
Verdammt, dachte ich, das war knapp. Ich musste vorsichtiger sein. Ich konnte zwar nicht sterben, aber ich wollte nicht wie Gio aussehen mit seinem zerfurchten Gesicht. Eilig kniete ich mich hin und schaute um die Ecke in den großen Saal. Der Lärm und das Schreien der verletzten Menschen waren unermesslich unangenehm schmerzhaft für meine empfindlichen Ohren.
Ich wusste nicht, wie viele Personen im weitläufigen Saal mit seinen dunklen Sitznischen waren.
Unerwartet hörte ich Salvatore unmenschlich laut wütend aufbrüllen.
Ein Befehl wurde in einer mir nicht bekannten Sprache gebrüllt.
Ein anderer Vampir antworte dem Ruf.
Ich sah Körper hochfliegen. Eine Frau kreischte unerbittlich vor Schmerzen. Dazwischen wurde geschossen. Es waren bestimmt noch zwanzig Personen im Saal, soweit ich es beurteilen konnte. Sie versteckten sich vor den Schüssen unter den Tischen oder kauerten in den dunklen Ecken, von der Treppe aus nicht sichtbar. Die Anzahl der Angreifer konnte ich nicht ausmachen, aber meine Sinne waren auf das Äußerste angespannt.
Vorsichtig kroch ich aus der Küche in dieses blutige Inferno in Richtung des Bartresens.
Ich hatte ein Ziel.
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Ich bin der Vampirengel (BoyxBoy)
VampireEs gibt Vampire, aber ein Vampirengel? Ein Widerspruch in sich! Wie kann das sein? Wie kann ich das sein? Warum bin ich schon wieder anders? Kann ich nicht sein wie jeder andere? Was will dieser Mann von mir? Dies ist der fast ausweglose Kampf von J...