42. Die Erkenntnis

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Überfordert und unglücklich lag ich zusammengerollt im zerwühlten Bett und weinte in mich hinein. Während Vincenzo völlig entspannt, befriedigend nackt im Dunklen neben mir lag und mir beruhigend sacht durchs Haar strich. Zerfledert, lag das ehemals wunderschöne weiße Federkleid leicht zerrupft neben uns auf dem Boden, wie ein gestorbener Schwann mit ausgebreiteten Flügeln. dabei lagen einige lose Federn auf dem Bett und dem dunkelgrauen Teppich verteilt.

Trotz Vincenzos liebevoller Zuwendung konnte mich nicht beruhigen und kam mir mehr wie ein gerupfter Gänserich vor, als ein wunderschöner stolzer Schwan.

Worauf hatte ich mich da nur eingelassen? Fragte ich mich traurig. Wie konnte ich Idiot mich nur so vorführen lassen und dann auch noch dieser anschließende unglaubliche Sex?
Gio und Salvatore hatten mich überredet über meinen Schatten zu springen, den ich mir mühselig erarbeitet hatte. Und ich Volltrottel hatte wirklich freiwillig bei dieser Show mitgemacht und sie hatten mich wie einen Hund an der Kette vorgeführt. Ich war so ein Hornochse gewesen. Warum hatte ich mich nur so manipulieren lassen? Eine weitere Träne verließ mein Auge und ich schniefte leise frustriert, über meine Schwäche, vor mich hin.

Dabei war ich mit meiner Rolle zuvor völlig zufrieden gewesen. Einfach nur bei Vincenzo wohnen und ihm im Club auszuhelfen. Das hatte mir eigentlich vollkommen ausgereicht.

Und nun das! Verfluchte ich mich selbst in Gedanken.

Dabei waren die Monate davor schon schwierig genug und von unglaublichen starken Veränderungen geprägt gewesen. Erst diese dramatische Veränderung zum Vampir, dann dieses blutige vampirische Leben, welches mir gar nicht lag und dann diese neuen Erfahrungen in deren völlig verschrobenen Welt. Das alles war schon schwierig genug gewesen.

Und nun?
Verzweiflung machte sich in mir breit. Was war ich eigentlich? War ich wirklich ein Engel?

Ein Engel, der sich vom Teufel verführen ließ. Verbittert lachte ich in mich hinein. Salvatore war ein Teufel. Er wusste genau, was er wollte und ich hatte mich benutzen lassen für seinen eigenen Erfolg und für seine Macht.

Welch eine beschissene Idee war das nur gewesen, bei dieser Show mitzumachen? Zumal mich keiner gezwungen hatte. Ich hätte lieber mal mein eigenes Gehirn einschalten sollen, seufzte ich vor mich hin.

Nun... die ganze Vampirwelt kannte mich durch diese Vorstellung. Jeder würde darüber sprechen. Das Internetforum würde überquellen an Nachrichten und Gerüchten. Ich war DER Gesprächsstoff in der vampirischen Welt. - Debütieren hatte er es genannt. - Das ich nicht lache... Jeder wusste jetzt wozu ich wahrscheinlich fähig war.

Nur ich wusste es nicht. Sie wussten ja nicht, dass ich dies nicht beherrschen konnte und ich keine Ahnung hatte, wie ich damit umgehen sollte.

War ich so eine Gefahr für alle? Würde ich im Notfall Vampire angreifen, wenn ich nicht mehr weiterwusste? Würde ich Salvatore angreifen? Was sollte ich tun? Wie konnte ich mit dieser Gefahr leben?

Ich rutschte näher an Sal heran und kuschelte mich eng an seine Seite, während ich weiter verdrieslich schluchzte.
Neben mir lag dieser unglaublich schöne und starke Mann mit seiner langen Lebenserfahrung und ich konnte ihm nichts bieten, außer meinem Körper.
War ich für diesen unbeschreiblichen Vampir wirklich der Richtige? Ja, ich hatte unglaublichen Sex gehabt, aber würde dies auf Dauer für ihn ausreichen?

Eine Sexbeziehung? Aber Ich konnte unser Beisammensein, so traumhaft es auch sein mochte, nicht nur darauf reduzieren.

Gio und Salvatore waren schuld daran, dass sich für mich jetzt alles ändern würde. Wer war ich den, dass ich dies konnte? Welche Rolle soll ich hierbei künftig spielen? War ich ein Spielball für diese Vampire? Wollte ich das? Wo blieb ich selbst dabei?

Ich bin der Vampirengel (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt