73. Nur, weil ich ein Engel war?

138 19 1
                                    

Ich musste unbedingt Sal anrufen, dachte ich, während Arron mal wieder an mich gekuschelt auf der Couch saß und sich von mir die Haare streicheln ließ. Manchmal hatte ich das Gefühl, dass er lieber eine Katze sein wollte, statt ein Vampir. Aber es störte mich nicht, ihm seine geliebten Streicheleinheiten zu schenken. Wir waren beide einsam und er war immer so still. So völlig ohne Worte, so verdamt leer. 

Sein Haar war so schön flauschig, dachte ich, während ich ihn sanft krauelte. Ich genoss es einfach. Es zeigte unser Vertrauen zueinander, so wie wir miteinander umgingen. Ich konnte nicht anders und so schlief er in der Nacht wieder auf der Matratze neben meinem Bett. Salvatore musste ja nicht alles wissen und schon gar nicht, dass ich einsam war. 

Ich seufzte, während mich Arron mit seinen schönen Augen fragend anschaute. 

Aber ich war in meinen Gedanken versunken und nahm ihn nicht wahr. So konnte es nicht weitergehen. Ich musste wissen, ob es Sal gut ging. Also schloss ich kurz meine Augen und horchte in mich hinein ... Aber ich spürte nichts. Nur das es in unserem emotionales Netz unangenehm brodelte. Meine emotionale Verbindung zu ihm war eindeutig unterbrochen. Das war bisher von seiner Seite aus noch nie geschehen... Dieses negative brodeln Gefühle so vieler Vampire war ein grässliches Gefühl, welches mir eine unangenehme, kalte Gänsehaut verursachte. Wahrscheinlich hatten schon einige von dem Überfall gehört und waren wütend und aufgeregt. Für mich fühlte es sich unheilbringend verwirrend an.

Genervt sprang ich auf und schüttelte meinen Kopf, um meine Gedanken wieder zu ordnen. Diese Kirche war wirklich nervig. Als wenn sie es bisher geschafft hätten, die Vampire auszurotten! Überlegte ich aufgebracht. Wir Vampire hatten auch eine Berechtigung, auf dieser Welt zu leben. Es gab nun mal mehr auf der Erde, als bisher bekannt war und die Kirche wusste dies seit mehr als tausend Jahren. Nicht umsonst hatte sie die Inquisition ins Leben gerufen, als der Einfluss und die Bluttaten der Vampire in der Welt zu groß wurden und hatten dies mit den Kreuzzügen verdeckt und einigen anderen grusligen blutrünstigen Kriegen.

"Übrigens James, warum warst du alleine in dieser Bibliothek, da hätte doch auch sonst etwas passieren können", riss mich Spencer aus meinen Gedanken. "Du weißt, ich hätte dich begleitet. Gerade, wenn ich höre, dass sogar Salvatore auf offener Straße überfallen wird. Dann kannst du dich doch nicht einfach so frei bewegen und als Engel so einfach herumlaufen. Das ist viel zu gefährlich."

Angepisst verzog ich mein Gesicht zu einer Grimasse und tigerte dabei immer noch aufgebracht durch in meinem Wohnzimmer. Spencer wusste nicht, was in der Bibliothek abgelaufen war und jetzt auch noch dieser üble Überfall auf Salvatore. Wenn er wüsste, wen ich getroffen hatte und mein dortiges unangemessenes Verhalten - beide würden ausflippen und mich wahrscheinlich irgendwo einsperren, bis sich alles beruhigt hätte. Super Gedanke! Kein Wunder, dass ich so angepisst war. Ich konnte mich sehr gut selbst verteidigen. Ich brauchte keine Vampire, die mir sagten was ich zu tun hatte.

"Mach dir keine Sorgen. Harry und Sally waren vor Ort. Mir konnte nichts passieren."

Die Kirche wurde immer dreister, dachte ich. Dabei war es in den Wochen zuvor ein wenig ruhiger geworden. Und nun ein direkter Angriff. Das war in meinen Augen eine Verzweiflungstat. Wahrscheinlich kamen sie mit ihren Nachforschungen nicht weiter. Hatte ich Schuld daran? Höchstwahrscheinlich. Aber ich konnte mich wohl kaum selbst auf einem goldenen Tablett servieren. Ich war nun mal, wie ich war. Das konnte ich nicht ändern. Wahrscheinlich jedoch mehr Vampir als Engel. Was sollte das der Kirche helfen, wenn ich zu ihnen gehen würde? Glaubten die wirklich, die Vampire hätten einen Engel gefangen genommen? Aber wer auch an Vampire in dieser Kirche glaubte, der glaubt auf jeden Fall an Engel. Das macht ja schon der Grundsatz dieser Kirche aus.

Weiter unruhig hin- und herlaufend machte ich mir Vorwürfe.

Also waren diese Verrückten immer noch hinter mir her, überlegte ich. Was wollten sie nur von mir? Hatten sie wirklich Angst, dass dem Engel etwas geschehen konnte? Vermutlich. War auch irgendwie naheliegend. Ein Vampir war einfach ein natürlicher Feind gegenüber einem Himmelswesen. Licht und Dunkelheit. Himmel und Hölle. Wahrscheinlich war das eine Folge davon, weil ich diesem verrückten Bischof begegnet war. ... Und alles war meine Schuld. Nie hätte ich mich von Salvatore zu dieser verdamten Veranstaltungsvorführung verführen lassen dürfen. Erst dadurch sind alle völlig verrückt geworden.

Ich bin der Vampirengel (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt