27. Freund oder Feind

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Eines Abends saß ich wie immer vor meinem Computer und arbeitete versessen, besser gesagt, ich genoss mein Nerd-Leben, als ich im Flur verschiedene Stimmen hörte.

Von Natur aus war ich neugierig. Deshalb musste ich wissen, was sich vor meinem Zimmer gerade abspielte. Ich ließ meine Finger auf meiner Tastatur ruhen und schloss meine Augen. Konzentriert spitzte ich meine Ohren und konnte Salvatores tiefen Bass herausfiltern. Insgesamt waren es sieben Personen. Sie lachten und scherzten miteinander. Es waren nur belanglose Floskeln und Themen aus ihrem Clandasein. Die Stimmen wurden wieder leiser und sie verzogen sich ins Wohnzimmer.

Ich überlegte, ob ich zu ihnen gehen sollte. Aber es ging mich nichts an, wen Vincenzo zu sich nach Hause einlud oder was er den Tag über tat. Wahrscheinlich wollte ich auch nicht wissen, was dieser finstere Clan so trieb, um seine Geschäfte am Laufen zu halten, in Zusammenarbeit mit der italienischen Mafia hier in New York oder wem auch immer. Im Vampirforum kursierten die wildesten Gerüchte zu seinem Club und dem Clan der Sektion Nord. Das ging vom Menschenhandel, über den Schwarzmarkt bis zum Drogenhandel. Angeblich konnte man sogar einen Mord bei ihm bestellen, den dann seine grusligen Jungs wohl ausführten, ohne Spuren zu hinterlassen. Alleine der Gedanke, dass sie einen verschwinden lassen konnten ohne Folgen, verursachte mir einen Brechreiz, da ich mit dem Obermafiosi zusammenwohnte.

Bisher konnte ich jedoch davon nichts bestätigen. Aber ich hatte auch keinerlei Einblick in die Geschäfte von Salvatores Clan. Meist ging es immer nur um den Club selbst oder verschiedenste Themen, die Mitglieder des Clans betrafen.

Ich wohnte hier nur freundlicherweise durch Goodwill des Hausherrn. Gut, er mochte mich, aber ich gab ihm nichts zurück und ich war nicht sein anerkannter Partner. Also hatte ich auch kein Anrecht, mich bei solch einer Truppe einfach blicken zu lassen, ohne explizite Einladung. Mir war auch nicht klar, ob er es überhaupt wollte und ich kannte die Männer auch nicht. So zuckte ich mit den Schultern und wandte mich wieder meiner Aufgabe zu, die aufgrund der Problematik eines Programmfehlers meine ganze Aufmerksamkeit erforderte.

Mit einem Mal klopfte es durchdringend an meine Tür.

Perplex hob ich den Kopf, als diese mit Schwung aufgerissen wurde und der Vampirarzt grinsend hereinschaute. „Hi, James. Ich wollte mal vorbeischauen ... Alles so weit in Ordnung? Was macht das Zusammenleben mit Sal?", fragte er interessiert.

Wortlos zuckte ich unsicher mit den Schultern.

„Los, komm mit ins Wohnzimmer. Sal hat ein paar Freunde eingeladen ... Ich denke, alle würden sich freuen dich kennenzulernen. Schließlich hat Vincenzo bisher noch nie jemanden in seine Suite über längere Zeit beherbergt. Wenn du willst, stelle ich dich vor und bleibe bei dir."

Sein Angebot konnte ich schlecht ablehnen, das wäre wohl unhöflich gewesen. Also nickte ich verschüchtert und folgte ihm mit hängendem Kopf unsicher, da ich nicht wusste, was mich erwarten würde. Bei den Typen aus dem Club konnte ich mir viel vorstellen und das machte mir ziemliche Angst.

Zögernd blieb ich in der Tür zum Wohnzimmer stehen und ließ meinen Blick besorgt durch den Raum schweifen. Die anwesenden Vampire waren beeindruckende Persönlichkeiten. Zwei von ihnen hatte ich bereits im Club gesehen, aber keine Ahnung wer sie waren. Sie unterhielten sich angeregt und lachten.

Gio stand vergnügt in der Küche und mixte Drinks mit Blut.

Alle waren groß gewachsen und gut gebaut. Sie strahlten langjährig erworbenes Selbstbewusstsein, Führungsstärke und umfangreiches Wissen aus und waren in eleganter exklusiver Abendgarderobe gekleidet. Man sah ihnen an, dass sie schon lange als Vampire lebten und wussten, wer sie waren und dass sie unbeschränkte Macht hatten.

Ich bin der Vampirengel (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt