68. Graue Maus oder Luder

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"Herr Bischof, darf ich ihnen etwas bringen?" Unterbrach uns mit einem Mal die junge unscheinbare blasse Frau mit der leicht krummen Nase und der Nickelbrille von der Cafétheke.

Irritiert schaute er auf, als er sie bemerkte.

Sah ich hier etwa ein kurzes emotional wütendes Aufblitzen in seinen Augen? 

Innerlich musste ich grinsen.

Aber er wurde wieder professionell und wandte sich ihr, mit einem in meinen Augen aufgesetzten freundlichen Lächeln zu. "Gerne. Ich nehme den grünen Tee, Johanna. Wie geht es ihrer Mutter? Ist sie wieder wohlauf?"

Allglatter Typ. Grusslig. Dabei konnte ich spüren, wie heißblütig er war und wie er versuchte seine Emotionen zu unterdrücken.

Die graue Maus blühte regelrecht bei seiner schleimigen Ansprache auf, streckte ihre Brust ein wenig mehr heraus und richtete sich auf.

Solch ein Luder, dachte ich. Unterbricht uns und ist auch noch scharf auf einen Priester. Sie suchte regelrecht seine Beachtung. Wirklich traurig so etwas und das bei einem Priester. Der durfte doch eigentlich sowieso kein anderes Lebewesen begehren. Immer schön verheiratet mit Gott. Tja, mit seinen Schäfchen hat man es schwer, vor allem, wenn sie auf ihren Knien vor ihm knien wollen und um Vergebung betteln wollen. Innerlich dachte ich an das Gleiche und rutschte ein wenig unruhig auf meinem Platz hin und her, als ich meine, ein wenig zu eng gewordene Hose richten musste. Die Vorstellung, ich würde vor ihm knien und etwas aus seiner Soutane befreien, konnte ich mir schon gut vorstellen.

Mit einem Mal nahm ich emotionale Wellen wahr. Ich schloss kurz meine Augen. Vincenzo war ein wenig angepisst. Ich seufzte innerlich. Er war ein Priester und ich war ausreichend versorgt. Bleiben wir mal wieder beim Thema, dachte ich und beobachtete die beiden. Wobei mir wieder dieses F-Wort einfiel. Wahrscheinlich würde es beiden mal guttun, um ein wenig lockerer zu werden.

Die armselige Brille antwortete ihm freundlich und huschte anschließend eilig davon, um das Bestellte zu bringen. Regelrecht glücklich sah sie dabei aus, stellte ich fest und fragte mich, wie solch eine Wirkung erzielt wurde. Mitgefühl inklusive des Wissens des Interesses an deinem Gegenüber funktionierte immer, dachte ich, als ich ihre Interaktion beobachtete. Ein wenig war ich eifersüchtig, als ich sah, wie diese gerade mal Volljährige einen Priester, besser gesagt, diesen interessanten Mann anhimmelte. Aber eigentlich ging es mich nichts an und dachte kurz wehmütig an Salvatore, der mir wirklich fehlte. Bis mir einfiel, dass das Mädchen 'Bischof' zu ihm gesagt hatte ... mir wurde siedend heiß. Ich war mal wieder am falschen Ort zur falschen Zeit. Er war doch nicht etwa 'der' Bischof dieser Synode? Derjenige, der in der katholischen Kirche über diese Stadt und den Landkreis herrschte? Derjenige, der den Opus Dei hier anführte? Derjenige, der den Befehl zum Angriff gegeben hatte auf den Clubixx?

Schitt, dachte ich. Ich saß in der Falle, wenn er herausfand, wer ich war und vor allem, was ich war. Mir wurde noch heißer und eine Schweißperle lief mir den Rücken herunter. Seufzend atmete ich ein. Konzentration, sagte ich mir. Dein Licht darf nicht erscheinen. Konzentriere dich auf das, was du wolltest. Spiel deine Rolle. Er ist nur ein Mensch, auch wenn er so verführerisch nach Blut roch.

Ich nahm noch einen Schluck von meinem Tee und war dankbar, dass ich zuvor ein wenig Blut hineingegossen hatte und konzentrierte mich auf diesen Geschmack. Der zwar nicht schlecht war, aber nicht so lecker war, wie das verführerisch riechende Blut von diesem Mann, welches frisch aus einer offenen Wunde aus ihm herausquoll.

Ergeben schloss ich meine Augen und leckte mir die Lippen.

"Ich sehe, ihnen schmeckt unser Tee."

Ertappt, öffnete ich sie. Konzentration, dachte ich. Ich nickte. "Er ist lecker ... und eine gute Mischung ... dieser Früchtetee. So frisch, rein und fruchtig. Solch eine Mischung ist einmalig." Beinahe hätte ich mich verraten. Aber mir fiel noch schnell ein, was ich bei der kleinen Brillenschlange bestellt hatte.

Ich bin der Vampirengel (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt