71. Fremde zu Besuch

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Unglaublich! Dieser arrogante Bastard von Bischof hatte mich so aufgeregt. Ich fragte mich, was er sich eigentlich einbildet? Nur, weil er Mensch war. Ich war auch mal ein Mensch gewesen und ich hatte mir diesen Zustand nicht ausgesucht. Ich war nicht freiwillig ein Vampir geworden. Mir wurde dieses Leben einfach über geholfen.

Alles innerlich schrie in mir wütend auf, wenn ich nur an unser Gespräch zurückdachte. Also ob wir keine Lebewesen wären. Wir existierten. Wir waren da und wir hatten auch ein Recht auf dieser Erde zu leben. Wir waren auch mal Menschen gewesen. Wir sind heute noch menschliche Wesen. Wir haben Emotionen und Gefühle. Wir sind alle Kinder Gottes. Jedes Lebewesen auf dieser Erde wurde von Gott geschaffen. Falls dieser Gott wirklich existierte, dann sind wir gleichfalls von ihm geschaffen worden. Dieser Mann hatte einfach kein Recht uns so zu behandeln, nur weil wir Blut trinken mussten. Die Menschen töteten Tiere, um sie zu essen. Eigentlich waren wir doch die besseren Erdenbewohner. Wir konnten leben, ohne töten zu müssen. Wir tranken nur das Blut. Dafür mussten wir keinen umbringen. Nicht wie diese doch so gläubigen Menschen ... Seufzte ich aufgebracht. Ich musste mich beruhigen. So kam ich nicht weiter. Wenigstens ich hatte ein paar interessante Informationen erhalten bei dem Gespräch mit ihm. Nur leider brachten die mich zwar nicht wirklich weiter, obwohl sie schon sehr aufschlussreich gewesen waren. Ich musste einfach weiter ermitteln, dachte ich. Aber das hatte Zeit, denn es gab andere wichtigere Dinge, welche über mein Vampirnetz hereinkamen.

Voltus hatte doch eine Vergangenheit, besagte eine Mail aus Kanada. Ich wusste, dass ein Vampir nicht einfach so verschwinden konnte. Er musste einen Background gehabt haben und die meisten Blutsauger kannten sich im Laufe der vielen hunderte Jahre, die sie lebten untereinander. Es gab auf der ganzen Welt nicht so viele Vampire, sodass sich immer ein paar wiederbegegneten. Es war doch nur eine Frage der Zeit gewesen, bis ihn jemand wiedererkannt hatte.

Aufgeregt schaute ich ihn an, wie er entspannt auf dem Sofa saß und einer Kinderserie folgte, die ihm die einfachsten Worte vermitteln sollte. Die Sesamstraße war in seinem Fall schon nicht mehr ausreichend. Seine Gehirnleistung erschien mir nicht eingeschränkt. Zwar musst er alles neu lernen, aber er hatte innerhalb von ein paar Wochen ohne Schwierigkeiten die ersten Worte gelernt und war wissbegierig. Ich hatte zwar die Hoffnung, dass mit der Zeit seine Erinnerungen wiederkommen würden, aber das war bisher nicht der Fall gewesen, sodass ich meine Bemühungen über das Vampirnetz nochmal verstärkt hatte und sieh da, es war eine Antwort hereingekommen.

Der Clan aus Vancouver hatte sich gemeldet und höflich nachgefragt, ob sie mich besuchen könnten. Ich hatte natürlich zugesagt und so saßen Voltus, Spencer und ich nun aufgeregt in meinem Wohnzimmer und warteten neugierig auf die zwei Besucher, die sich angekündigt hatten.

"Ich bin mir nicht sicher, ob es wirklich jetzt schon eine gute Idee ist, Voltus auf seinen Clan loszulassen", überlegte Spencer zweifelnd. "Was ist, wenn die ihn einfach so mitnehmen wollen und uns irgendwelche Horrorgeschichten über seinen Lebenslauf erzählen. Das macht mir irgendwie Angst. Bisher ist er eine unbeeinflusste, neutrale Person für mich, ohne irgendwelche grässliche Vorgeschichten und ich kann ihn irgendwie gut leiden. Er erinnert mich im Moment in dem Zustand eher an einen intelligenten neugierigen Hund, anstatt einen ausgereiften autark agierenden Vampir. Dabei ist er ein guter Zuhörer und ich vermute, sein leeres Gehirn nimmt alle Informationen wissbegierig auf. Jedenfalls hat er gestern bereits mehrere einzelne Worte gesprochen, die einen Zusammenhang ergaben."

Ich antwortete abgelenkt, während ich weiter zu dieser Engelssache im Internet recherchierte. "Wir können die Familie von Voltus nicht im Unklaren lassen. Stell dir vor, er hätte eine Frau oder Familie. Sie würden ihn doch vermissen. Oder er wäre ein Clanchef. Dann müsste er sich um seinen Mitglieder kümmern. Hat er Ländereien oder eine Firma? Wir wissen es nicht. Viele würden auf ihn warten und ihn vermissen. Ich kann ihn auch gut leiden, aber könnte ich ihn deshalb hierbehalten? Wahrscheinlich nicht, obwohl ich ihn vermissen würde. Er ist nun mal kein Wachhund, auch wenn er einem dieses Gefühl vermittelt", erwiderte ich, hob meine Hand und strich Voltus gedankenverloren durch das Haar, während dieser sich in meine Bewegung legte und seine Augen genießend schloss.

Ich bin der Vampirengel (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt