20. Hilfe

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In den nächsten Wochen verkroch ich mich immer mehr in meiner Wohnung. Ich wollte nicht mehr ausgehen. Wer weiß, was mich da draußen sonst noch erwarten würde. Diese Erlebnisse in diesem Gay Club reichten mir für die nächste tausend Jahre und ich lebte gut mit meinem Computer und dem Internet. Die Außenwelt war für mich einfach zu riskant und zu unsicher. Ich konnte nicht mit diesen Menschen umgehen, die so gut nach frischem Blut rochen, und die anderen Vampire verwirrten mich nur, so wie dieser – ich schloss träumend meine Augen – schöne Vampir.

In meiner Wohnung, an meinem Computer, war ich sicher! Damit konnte ich umgehen. Das war meine Welt. Ich brauchte keine Kontakte außerhalb. Ich war früher schon ein Einzelgänger gewesen. Das war völlig in Ordnung für mich. Was hatten mir meine Kontakte bisher gebracht? Immer nur Ärger und viel zu viel Aufregung. Sogar meinen Tod und diesen unsäglichen Zustand ein Vampir zu sein. Also war das da draußen nichts für mich.

Enttäuscht wandte ich mich lieber wieder meinem Rechner zu.

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Missmutig schüttelte ich die Duschgel Flasche.

Leer.

Eigentlich hatte ich mir doch einen Vorrat angelegt und schaute in den Badschrank.

Auch leer.

Ich seufzte. Leider konnte ich nicht immer daheimbleiben. Ich musste jedoch nur kurz in die Drogerie auf der anderen Straßenseite.

Also kein Problem, das bekam ich hin, dachte ich verdrießlich.

Unzufrieden stand ich in meiner Haustür und schaute überrascht auf die vielen Menschen davor. Ich Trottel hatte natürlich nicht daran gedacht, dass heute Markttag war und dass die ganze Straße davon belegt wurde. Jeden Freitag wurden in meiner ruhigen Anwohnerstraße über zwanzig Marktstände aufgebaut und die ganze Nachbarschaft ging für das Wochenende hier einkaufen.

Früher mochte ich den Markt. Er bot mir Abwechslung zur Supermarktnahrung und das frisch gebackene Brot der alten Frau an der Ecke schmeckte wirklich lecker. Aber nun war der Markt für mich völlig nutzlos. Meine Nahrung bestand nur noch aus Tütenblut und diese vielen Menschen waren mir einfach ein Gräuel.

Was soll's, dachte ich und trat zielgerichtet aus der Tür und ging über den gepflasterten Vorplatz meines Wohnblockes in Richtung der Drogerie.

Augenblicklich schlug mir eine Kakofonie von ekelhaftem Gestank und unangenehmen Lärm entgegen.

Betroffen schaute ich auf die vielen Menschen.

Das waren eindeutig zu Viele! Viel zu Viele! Und dieser Lärm!

Diese ganzen unerträglichen drastischen Gerüche und lautstarken, aufdringlichen Geräusche machten mich wahnsinnig. Ich roch ekliges faulendes Fischblut, stinkendes altes Pommes Fett und die üblen schweißigen Ausdünstungen der Menschen. Unerträglich biss es in meine überempfindliche Nase. Und schlimmer Weise wurden diese üblen und ekligen Gerüche von diesem süßen und perfekten Wohlgeruch des Blutes dieser Menschen überlagert.

Schitt, das halte ich nicht aus! Wurde mir schlagartig klar und ich wurde unvermittelt fassungslos kreidebleich.

Damit hatte ich nicht gerechnet!

Meine unermessliche, schwer zu beherrschende Gier nach diesem herrlich attraktiven Blut stieg brodelnd, wie überkochende Milch zischend in mir auf. Meine spitzen Eckzähne folgten unerbittlich diesem himmlischen Verlangen und fuhren schmerzhaft aus.

Verzweifelt schlug ich mir die Hand vor den Mund.

Fieberhaft suchte ich ein Ausweg von diesem überlaufenden Platz. Gehetzt schaute ich mich um. So viele Menschen! Ein Ausweg musste her! Die Luft um mich herum war schwer von den Gerüchen erfüllt, wirbelte auf und ich sah mich schon auf die Menschen zustürzen.

Ich bin der Vampirengel (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt