Im Zug nach Strausberg

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Auf dem Bild ist Stephans Vater.

Nach ein paar Minuten warten, ertönt auch schon das Signal für die Schranken. Sie gehen runter und wenig später kommt auch schon der Zug angefahren. Ich stehe auf, meine Reisetasche auf den Rücken geschnallt und stelle mich hinter die weiße Linie um in den Zug einzusteigen. Es kommen vorher noch ein paar Leute raus und ich steige dann ein. Der Zug ist um diese Zeit ziemlich leer. Nur vereinzelt sind kleine Gruppen von Menschen zu sehen oder nur einzelne Personen. Ich gehe langsam in das mittlere Abteil, weil dort der Automat für die Fahrkarten steht. Gerade als ich ankomme ist keine Schlange vor dem Automaten und es sieht auch nicht so aus, als wolle jemand ran. Also kann ich mich am Automaten versuchen. Dar ich bis jetzt immer nur mit dem Bus gefahren bin und beim Fahrer auch immer mein Monatsticket bekommen habe, habe ich keine Ahnung wie der Automat funktioniert. Zum Glück ist auch niemand in der Nähe, der sich über mich lustig machen kann, wenn ich wahrscheinlich wie ein Depp vor dem Automaten stehe, weil ich nicht weiß was ich machen soll. Aber dann beginnt auch schon das Problem. Ich stehe vor dem Automaten und starre auf den Bildschirm. Ich sehe haufenweise Schaltflächen, die ich bestimmt per Druck auswählen kann, aber leider kein einziges auf dem Strausberg steht. Was mache ich jetzt? Einfach irgendeines drücken und hoffen, dass es richtig ist? Ich könnte auch warten, bis ein Schaffner kommt. Aber wenn keiner kommt, fahre ich im Prinzip schwarz... Ich verfluche mich gerade, dass ich immer Christian alles habe machen lassen, wenn wir zusammen mal irgendwo hin gefahren sind! Plötzlich legt sich ein Arm um mich und jemand drückt sich neben mich. "Na, Schnucki. Weist du nicht, wie der Automat funktioniert?" Fragt eine männliche Stimme freundlich. Als ich den Kopf zu ihm drehe, sehe ich in ein wunderschönes rehbraunes Auge. Der schwarzhaarige Junge neben mir hat einen langen Pony der über seine rechte Gesichtshälfte fällt und eine lange rosa farbene Strähne über der Schulter. Das hintere Haar ist hoch gegelt und blondiert. Auch im Pony hat er rosa und blonde Strähnen. Und diese Wimpern! Ich wusste gar nicht, dass Jungs so lange Schöne Wimpern haben können! Sie lassen sein rehbraunes Auge richtig hervor stechen. Dann lächelt er mich schelmisch an. "Was denn? Hat dir meine Schönheit die Sprache verschlagen?" Sofort schießt mir die Schamesröte ins Gesicht und ich drehe den Kopf zurück zum Automaten. "A-ach quatsch! Ich habe nur-" "Ah! Wie süß♥ du wirst ja richtig rot!" Quitscht er dann plötzlich auf und drückt seine Wange gegen meine. Gott! Ist das peinlich! Dann löst er sich aber wieder von meiner Wange und deutet auf den Automaten. "Soll ich dir helfen? Der ist ein neues Modell. Mach dir nichts draus, ich musste mich da auch erst mal rein fummeln. Also, wo willst du denn hin?" Fragt er mit seinem bezaubernden Lächeln. Wenn ich ein Mädchen wäre, würde ich jetzt total dahin schmelzen. Aber ich schmelze auch so dahin, obwohl ich ein Junge bin. "Ehm... Nach Strausberg..." Antworte ich ihm. "Okay, dann hier. Hin und zurück? Oder nur hin?" Fragt er weiter, nachdem er bereits auf eine der Schaltflächen gedrückt hat. "Äh... nur hin." Wieder drückt er auf die Schaltflächen und der Endbildschirm blitzt auf. "So. Dann musst du jetzt nur noch bezahlen und dann gehört der Fahrschein dir." Sagt er wieder mit einem Lächeln. Ich nicke nur stumm und krame mein Portmonee raus. Dabei beobachtet der Junge mich interessiert. Gerade als ich den einzigen 5€-Schein in den Schlitz stecke den ich habe, zieht er mich wieder zu sich und flüstert mir uns Ohr; "Ich an deiner Stelle würde nicht mit so viel Geld durch die Gegend laufen! Das kann gefährlich werden, wenn das jemand mit bekommt. Bei welcher Bank bist du?" "Sp sp sp sp sp sp!" Stottere ich, was ihn wieder zum schmunzeln bringt. "Sparkasse?" Mit einem heftigen Nicken bestätige ich ihm die Frage. "Dann hast du ja echt Glück, dass heute Dienstag ist. Da hat die Sparkasse nämlich ihren langen Tag." Ich schaue ihm fragend in die Augen. Oder eher das Auge! "Dann kannst du gleich, wenn du in Strausberg bist, das Geld auf dein Konto buchen lassen, weißt du. Das geht nämlich nur, wenn ein Mitarbeiter das macht. So, Schnucki. Dann nimm mal dein Zeug und mach Platz! Ich muss nämlich auch noch ein Ticket kaufen." Grinst er dann breit. Ich schrecke etwas zusammen, nehme meine Fahrkarte und das Wechselgeld und schnappe meine Reisetasche, die ich auf den Boden gestellt habe. "Ja, natürlich! Entschuldige. Danke übrigens, dass du mir geholfen hast. Das war wirklich sehr nett von dir." Bedanke ich mich und gehe zur Seite. "Kein Problem. Du hast so verloren ausgesehen, dass ich dir einfach helfen musste! Also, mach es gut." Sagt er dann und hebt die Hand zum Abschied. Ich nicke ihm lächelnd zu und gehe dann los um mir einen Platz zu suchen. Erst als ich mich dann hinsetze, bemerke ich das der Zug gar nicht mehr fährt. Er ist ein Stück gefahren und steht jetzt auf den Schienen, um auf den anderen Zug zu warten. Es gibt nämlich nur ein paar Schienen auf denen die Züge fahren können. Deshalb muss einer immer warten, bis der andere auch durch gefahren ist. Das dauert aber immer nur höchstens 5-6 Minuten.

Nun ist der Zug endlich in Strausberg und ich kann aussteigen. Ich schaue mich kurz um und erblicke dann den Jungen von vorhin. Er ist mit einigen anderen Jungen unterwegs. Wohl seine Freunde. Er unterhält sich gerade mit einem, als unsere Blicke sich dann wieder treffen. Er lächelt mir zu und winkt kurz, was mich wieder etwas rot werden lässt. Ich winke zurück und mache mich dann auf den Weg zur Sparkasse. Ich werde den Rat von dem Farbtopf beherzigen und mein Geld auf mein Konto buchen lassen. Und dann kann es losgehen. Mein Leben auf der Straße!

Street Boy; Der Preis für meine Dienste beträgt.... (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt