Tag 701; Auf ins neue Schuljahr

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---Tim POV---

Ich wache durch meinen Wecker auf und schalte ihn gähnend aus. Wir haben den 3. September und das neue Schuljahr fängt an. Ich bin jetzt in der zehnten Klasse der Oberschule und habe vor noch bis zur 12 Klasse zu machen. Meine Chancen stehen gut, dass ich es auch so durchziehen kann und Stephan und Franz unterstützen mich in dieser Entscheidung. Das gibt mir zusätzlich den Mut es auch wirklich durch zu ziehen. Ich gehe ganz gemütlich ins Bad und erledige meine Morgenroutine. Zurück in meinem Zimmer suche ich mir meine Kleidung raus und setze meine Brille auf. Ich gehe mit meiner bereits gepackten Mappe nach unten und stelle sie im Flur ab, bevor ich dann zu Stephan in die Küche gehe. "Guten Morgen." Grüße ich und umarme ihn direkt. "Guten Morgen, Tim." Sagt er lächelnd und erwidert die Umarmung. "Freust du dich schon auf das neue Schuljahr?" Fragt Stephan dann und stellt meine Tasse Kaffee auf meinen Platz. "Ja. Eigentlich schon. Ich bin nur froh, dass es das letzte Schuljahr mit den alten Mitschülern ist. Die meisten werden nach der zehnten abgehen oder für ihr Abi die Schule wechseln." "Wart es ab, Tim. Du wirst die bekannten Gesichter noch vermissen, wenn du neue kennen lernst die genau so bekloppt sind." Lacht Franz und wuschelt mir durch die Haare. "Franz! Mach ihm nicht gleich am ersten Tag die Schule schlecht!" Schimpft Stephan dann mit ihm und boxt ihn gegen die Schulter. "Das war doch nur ein Scherz." Lacht Franz trotzdem weiter. Ich muss auch lachen und fange an mein Brötchen zu schmieren. Für die Schule muss ich ja nur etwas zu trinken mit nehmen, Essen bekomme ich von da. Als wir fertig sind mit Frühstück packe ich noch den Rest in die Mappe und ziehe meine Jacke und Schuhe an. "Ich geh dann schon mal los." Rufe ich, aber Stephan hält mich noch kurz zurück. "Ich wünsche dir einen schönen ersten Schultag, Timmy. Und lass dich nicht unterkriegen, ja." Lächelt er und umarmt mich nochmal. Dann gehe ich los. Ich bin mit einer der ersten in der Klasse und setze mich auf meinen Platz. Auch dieses Jahr werden wir kaum den Klassenraum wechseln, was für unsere selbst ausgesuchte Sitzordnung natürlich von Vorteil ist. Ich sitze wieder auf der mittleren Bank an der Wand. Alleine, versteht sich. Nach und nach kommen immer mehr Schüler in den Raum und setzen sich. Dann kommt auch unsere Klassenlehrerin in Begleitung eines fremden Jungen. Stimmt, es hieß ja das ein neuer Schüler kommt. Die Lehrerin begrüßt uns erstmal und richtet dann das Wort an den neuen. "Stelle dich doch bitte kurz selbst der Klasse vor." Er nickt und macht einen Schritt nach vorne. "Mein Name ist Jan Langer und ich bin 18. Ich bin mit meiner Mutter von Berlin hergezogen. Ich bin außerdem schwul, habe aber kein Interesse daran mit irgendeinem von euch was anzufangen. Also könnt ihr dämliche Sprüche, wie ich würde jemanden anglotzen oder in der Umkleide einen Ständer bekommen, einfach sein lassen. Ich habe auch keine Probleme damit jemandem eine zu knallen wenn er mich nerven sollte, also lasst mich einfach in Ruhe. Habt ihr kapiert?" Beendet er seine recht seltsame Vorstellung und schaut zur Lehrerin. Diese ist ebenfalls recht irritiert und braucht erstmal einen Moment. "Äh... Ja. Hoffen wir mal das es zu keiner Auseinandersetzung kommt und ihr euch trotzdem verstehen werdet... Also... dann... ach, da neben Tim ist noch ein Platz frei." Sagt sie nach kurzer Suche und deutet auf mich. Es ist zwar nicht der einzige freie Platz, aber von mir wird keine Beschwerde kommen, weil ich neben jemandem sitzen muss der schwul ist. Jan kommt dann auch zu mir gelaufen, bleibt aber vor dem Tisch stehen. "Hi Tim. Würde es dir was ausmachen, wenn ich an der Wand Sitze? Ich bin nämlich Linkshänder und habe keine Lust das wir uns beim Schreiben immer ins Gehege kommen." Sagt er mit dem gleichen Desinteresse wie auch schon seine Vorstellung war. Aber wenigstens fragt er höflich. "Ja klar, warte." Ich schiebe meine Sachen zur anderen Seite und wechsle den Platz. Jan geht dann hinter mir durch und setzt sich. Die erste Stunde besteht hauptsächlich aus organisatorischen Dingen. Wir bekommen unseren neuen Stundenplan, den Plan für die Klassenräume in denen wir uns aufhalten werden und auch eine Liste der Lehrer, die wir dieses Jahr haben werden. Es sind einige Neuzugänge dabei die wir zwar an sich schon kennen aber schon lange nicht mehr als Lehrer hatten. Am Ende der Stunde stürmen wie immer alle aus dem Raum. Nur Jan bleibt sitzen, da die Lehrerin noch einiges mit ihm besprechen will. "Tim. Sei so gut und bleib noch einen Moment." Hält sie mich auf als ich aufstehen will. Also setze ich mich wieder und warte. Sie ist nochmal kurz raus gegangen weil sie durch die Lautsprecher gerufen wurde. Also warten Jan und ich brav auf unserem Platz. Er tackert auf seinem Handy herum, während ich noch kurz was in einem Buch nachschlage. "Sag bloß, du bist so ein kleiner Streber?" Fragt Jan unvermittelt und ich schaue kurz auf. "Nö. Ich bin nur neugierig." "Reicht es dir nicht im Unterricht in die Bücher zu schauen? Ich will mich ja nicht einmischen, aber in der Pause die Nase in ein Buch stecken ist schon irgendwie Streber mäßig..." kichert er dann. Ich überlege kurz. "Stimmt schon... Irgendwie ist das wirklich ziemlich Streber mäßig. Aber ich habe nichts dagegen, als Streber betitelt zu werden. Die Brille hab ich ja auch schon." Zwinkere ich dann selbstironisch und widme mich wieder meinem Buch. "Wenigstens scheinst du Spaß zu verstehen. Sag mal, wie viele Schwulenhasser gibt es in dieser Klasse?" "Frag lieber, wie viele nichts gegen schwule haben. Das ist nämlich einfacher zu beantworten." Entgegne ich direkt und Jan hebt eine Augenbraue hoch. "Wie viele haben denn nichts gegen schwule?" Ich tue nachdenklich und schaue ihn wieder an. "Da du ja schwul bist, nehme ich einfach mal an dass du auch nichts gegen sie hast... damit sind es in dieser Klasse genau... zwei." Lächle ich und zeige zwei Finger hoch. "Da du mich nach meiner kleinen Ansprache nicht so angesehen hast, als wäre ich gerade aus der Klappse ausgebrochen... bist du wahrscheinlich die Nummer zwei?" Fragt Jan und ich nicke. "Richtig. Ich hätte mich zwar nicht genau so vorgestellt wie Du, aber im Nachhinein mal darüber nachgedacht ist das sicher eine ziemlich gute Methode um unliebsame Bekanntschaften zu umgehen. Eigentlich ganz cool..." Jan nickt. "Ich habe einfach keinen Bock mehr, ständig liebgewonnene Freunde zu verlieren, nur weil die heraus finden dass ich schwul bin und dann natürlich sofort was gegen mich haben. Obwohl ich ihnen gegenüber nie Annäherungsversuche oder sonst was gestartet habe... sobald sie es wissen, sind immer alle auf und davon..." sagt er dann etwas traurig und schaut starr nach vorne. "Das ist sicher hart, einfach so abgestempelt zu werden... deshalb willst du dich mit diesen Vorstellungen auch selbst schützen, nicht wahr?" Frage ich vorsichtig und reiche Jan einen Kaugummi den ich aus meiner Mappe gekramt habe. Er lächelt dankend und nimmt ihn an. "Du bist wirklich ein kleiner Streber. Ich Frage mich, wann die Lehrerin zurück kommt. Ich hatte eigentlich nicht vor, die ganze Pause hier rum zu sitzen..." bemerkt er dann und ich schaue auf meine Armbanduhr. "Die Pause ist auch gleich wieder um. Na toll. Das heißt ich werde die ganze nächste Stunde mit knurrendem Magen hier rum sitzen weil ich nichts gegessen habe. Suuuper..." stöhne ich und lasse meinen Kopf auf den Tisch fallen. Jan kramt in seiner Tasche und reicht mir dann ein Päckchen Silberfolie. "Ich hoffe du magst Erdnussbutter Marshmallow Stulle. Mit ganz viel Liebe von Hand gemacht von meiner süßen kleinen Stiefschwester. Zumindest hat sie gesagt, dass sie sich angestrengt hat um es zu schmieren." "Das hört sich gut an. Dann werde ich mal die Liebe deiner Stiefschwester genüsslich verspeisen." Lache ich und packe die Stullen aus. Sie sind wirklich lecker aber auch verdammt süß. Gerade als ich die Stullen aufgegessen habe kommt die Lehrerin wieder zurück. "Entschuldigt bitte, ihr zwei. Es hat leider doch etwas länger gedauert. Aber jetzt. Tim, ich möchte dich bitten Jan die Schule zu zeigen. Du kennst dich ja hier aus und kannst ihm in Ruhe alles zeigen und erklären. Würdest du mir diesen Gefallen tun?" Fragt sie. "Das könnte ich schon tun. Aber was ist mit dem Unterricht?" "Ach das sind heute doch sowieso alles nur organisatorische Dinge, dass weißt du doch alles schon. Und Jan kannst du es ja wie gesagt erklären. Da heute auch sowieso nach der Mittagspause Schluss ist, könnt ihr eure Sachen gerne schon mit nehmen. Aber ihr geht erst nach Hause wenn du Jan die komplette Schule gezeigt hast, verstanden." Winkt sie ab und scheucht uns quasi aus dem Klassenzimmer. Wir schauen uns kurz an und zucken dann die Schultern.

"Und hier ist die Turnhalle. Da wird Sport drin gemacht." Beende ich die Tour und Jan lacht. "Hast du dir das alles auch brav aufgeschrieben? Die Lehrerin will Morgen bestimmt deine Notizen sehen." Schmunzle ich. Jan kichert und schaut zur Turnhalle. "Werden wir mit anderen Klassen zusammen Sport haben oder alleine?" "Es kann vorkommen, dass manchmal noch eine Klasse die Turnhalle nutzt. Aber das werden wir kaum mit bekommen, da dann immer in der Mitte eine Trennwand gezogen wird." Erkläre ich und schaue ihn an. Warum er das wohl wissen will? "Tja, damit sind wir am Ende unserer Tour.  Dann können wir jetzt ja nach Hause gehen, wenn du keine weiteren Fragen hast." "Nein, keine Fragen. Lass uns bloß hier verschwinden." Antwortet er prompt. Das lasse ich mir natürlich nicht zweimal sagen. Also gehen wir zusammen vom Hof. Jan muss wohl auch in meine Richtung denn wir laufen eine ganze Weile zusammen die Straße entlang. Dann bleibt Jan aber stehen und dreht sich zu mir. "Hier wohne ich." Sagt er knapp und ich schaue ihn irritiert an. Hier? Aber da wohnt doch...? "Meine Mutter wollte unbedingt zu ihrer neuen Freundin ziehen, weil diese durch ihre blinde Tochter nicht umziehen kann. Das Haus ist echt groß und ich habe zwei Räume für mich alleine. Das ist echt cool. Und Michelle, also meine kleine Stiefschwester, ist echt süß. Sie hat mich auch ziemlich schnell als ihren großen Bruder akzeptiert und mir erzählt, dass sie sich schon richtig auf mich gefreut hat." Erzählt Jan glücklich. "Das ist echt toll. Und ein riesiger Zufall... Ich wohne nämlich mit meinen Adoptivvätern genau nebenan." Grinse ich und zeige auf unser Haus. Das ist wirklich ein ulkiger Zufall. Jan und ich sind jetzt also Nachbarn. Er hat mir auch schon erzählt, dass seine Mutter nun eine Beziehung mit einer anderen Frau hat. Das würde ihn sehr freuen, weil sie in der Ehe mit ihrem Ex-Mann nicht glücklich war. Jan mag seinen Vater nicht besonders, da er wohl immer versucht hat, ihn zu bevormunden und ihm Sachen verboten hat, die eigentlich nicht schlimm waren. Da habe ich natürlich die Gelegenheit genutzt und ein bisschen von mir und meiner neuen Familie erzählt. Wir verabreden uns dann noch für morgen und gehen in unsere Häuser. Zu Hause bin ich jetzt erstmal alleine. Ich freue mich schon, dass ich nachher was gutes erzählen kann, wenn Stephan und Franz nach Hause kommen. Hoffentlich verstehe ich mich auch weiterhin so gut mit Jan, dann hätte ich mal wieder einen Freund an meiner Seite.

Street Boy; Der Preis für meine Dienste beträgt.... (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt