Tag 3; Allein!

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"Stephan?!" Ruft eine Stimme nach mir. "Stephan! Du wachen auf!" Könnte mein Vater sein... ist aber so ziemlich unmöglich! Wieso sollte er sich die Mühe machen, mich zu suchen, nachdem er mich raus geschmissen hat? Aber wer ist das dann? "Stephan!" Ruft er wieder und diesmal spüre ich eine kräftige Hand an meiner Schulter, die an mir rüttelt. Ich wache auf und muss erstmal blinzeln. Nach einer kurzen Zeit wird das Bild vor mir klar und ich sehe das entsetzte Gesicht von Alejandro, dem Mitarbeiter aus der Pizzeria. Sofort bin ich hellwach und starre erschrocken zurück. "Stephan... was machen du?" Fragt er, mit seinem gebrochenen deutsch, dass er spricht. Ich schlucke schwer und versuche mich zu fangen. "Alejandro... Ich kann das erklären." Sage ich leise und er kniet sich vor mich. "Ich warte." Ich seufze kurz und fange dann an zu erzählen. "Ich bin vor kurzem von meinem Vater raus geschmissen worden. Da es... bei mir zu Hause absolut keine Alternative gibt, bin ich hier her nach Strausberg. Ich... lebe hier. Hier in der Halle." Er überlegt lange, schaut mich hin und wieder schweigend an und dann wieder weg. "Dein Vater dich verstoßen? Warum?" Fragt er dann unverblümt. "Weil ich ihm gesagt habe, dass ich Schwul bin." Er scheint über diese Antwort erschrocken und nimmt plötzlich etwas Abstand. Ich verdrehe nur schweigend die Augen. Nach weiteren gefühlten Stunden des Schweigens, sagt er endlich wieder etwas. "Ich muss Chef sagen... nicht das du Schwul, sondern das auf Straße leben! Er nicht kann, jemand von Straße in Pizzeria arbeiten lassen. Du verstehen?" Ich nicke nur stumm. Damit hat sich meine letzte Hoffnung in Luft aufgelöst. Nachdem er mich noch einmal kräftig gemustert hat sagt er nur; "Tut mir leid." Und geht zum Zug. Schöne Scheiße!

Ich habe heute irgendwie keine Lust auf einen Spaziergang, also bleibe ich auf dem S-Bahnhof auf einer Bank sitzen. Den ganzen Vormittag sitze ich nun schon hier und hänge meinen Gedanken nach. Den Hunger ignoriere ich komplett und auch die misstrauischen Blicke der anderen Menschen, die an mir vorbei kommen. Mein Handy vibriert wieder und reißt mich so aus meinen Gedanken. Ich schaue nach und auf dem Display ist eine Festnetz Nummer zu sehen. Das wird bestimmt der Chef von der Pizzeria sein. Ich drücke ihn weg und stecke das Handy wieder ein. Was sollte ich schon groß mit ihm bereden? Soll ich mich jetzt von ihm anschreien lassen, dass ich perverser Abschaum bin? Oder, dass ein obdachloser Penner wie ich es eh nicht weit bringen wird? Vielleicht denkt er ja auch, dass ich von Drogen abhängig bin und nur bei ihm arbeiten wollte um mir diese Sucht zu finanzieren? Typen wie ich haben ja eh nichts besseres zu tun, als sich den ganzen Tag mit Drogen voll zu pumpen! Ich muss schmunzeln, bei dem Gedanken.

Mittlerweile ist es dunkel geworden und ich sitze nun völlig alleine auf meiner Bank. Wieder ertönt das klingeln meines Handys und ich drücke den Anruf wieder weg. Wieso versucht er es ständig wieder? Was will er denn? Alejandro hat mir doch schon gesagt, dass er mich so oder so nicht mehr einstellen würde, weil ich ein Obdachloser bin. Ich starre auf mein Handy. Plötzlich erscheint eine Hand vor meinen Augen und nimmt mir das Handy aus der Hand. "Hey!" Entfährt es mir, als ich hoch sehe. "Selber hey, Schnucki. Was bist du denn so traurig?" "Farbtopf..." Sage ich nach einer Weile leise. Er schaut mich fragend an. "Farbtopf?" Ich zucke kurz zusammen und zwinge mich zu einem Lächeln. "Ehm... weil ich ja nicht weiß, wie du heißt... und... Naja, deine bunten Haare..." Dann bricht er plötzlich in schallendes Gelächter aus.

Street Boy; Der Preis für meine Dienste beträgt.... (BoyxBoy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt