Kapitel 9

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POV Izuku

Die Aufzugtüren öffneten sich und entließen Izuku und Katsuki in die unterirdische Parkgarage des Krankenhauses. Nach einer Woche waren Izukus Verletzungen so weit verheilt, dass man ihn entlassen hatte.

Wenn er nicht gerade zu einer Patrouille musste, war Kacchan die ganze Zeit bei ihm im Krankenhaus geblieben. Der Omega verstand immer noch nicht warum. Das Verhalten des blonden Helden hatte sich ihm gegenüber komplett gewandelt. Er war aufmerksam und rücksichtsvoll – zumindest Izuku gegenüber. Zu allen anderen war Katsuki gewohnt kratzbürstig.

»Komm, wir müssen in die Richtung«, sagte Katsuki und ging voran. Sie passierten ein paar dutzend parkende Autos, bevor der Pro Held neben einem schwarz orangenen Sportwagen stehen blieb. Es waren genau dieselben Farbtöne wie bei seinem Heldenkostüm.

Katsuki schmiss die Tasche in den Kofferraum. Dann ging er um den Wagen herum und öffnete die Beifahrertür.

Izuku ging auf ihn zu. Er war noch nicht ganz bei dem Alpha angekommen, als ein Auto mit röhrendem Motor an ihnen vorbeisauste. Ungewollt zuckte er zusammen und sah sich über die Schulter. Durch die getönten Scheiben war nicht zu erkennen, wer in dem anderen Wagen saß. Dann schoss er die Ausfahrt empor und war auch schon außer Sichtweite.

»Vollidioten«, stieß Katsuki knurrend aus.

»S-Stimmt«, erwiderte Izuku.

Überraschung blitzte in den rubinroten Augen auf. Dann schenkte der Alpha ihm ein breites Grinsen, das Izukus Herz unwillkürlich höher schlagen ließ. Er schluckte, ging die letzten Schritte und ließ sich schwerfällig auf den Beifahrersitz fallen.

Leise drücke Katsuki die Tür zu, umrundete den Sportwagen und setzte sich auf den Fahrersitz.

Izuku war aufgeregt. Er war so lange nicht mehr in der Welt da draußen gewesen, dass es ihn nervös machte. Seine Hände zitterten und es gelang ihm einfach nicht, den Sicherheitsgurt herauszuziehen, der immer wieder blockierte.

»Darf ich?«

Der Omega nickte und schloss für einen Moment die Augen. Diese Hilflosigkeit war ihm schrecklich peinlich. Hitze schoss ihm in die Wangen, als Katsuki sich vorbeugte und nach dem Gurt griff. Sein Atem strich über Izukus Haut und er erschauerte. Nur war es bei diesem Alpha keines von der unangenehmen Sorte.

Klickend rastete der Gurt ein und Katsuki ließ sich zurück auf seinen Sitz sinken. »Dann wollen wir dich mal nach Hause bringen«, sagte er, während der Motor zum Leben erwachte.

Geschmeidig glitt der Wagen aus der Parklücke und sie verließen das Parkhaus. Das Krankenhaus, in dem sie Izuku untergebracht hatten, war auf Helden spezialisiert und lag am Stadtrand. Bis zu Izukus Wohnung im Zentrum war es ein ganzes Stück. Es hatte den Omega überrascht, dass seine Agentur sich während seiner Abwesenheit darum gekümmert hatte, wenn er ehrlich war.

Lag wahrscheinlich daran, dass Ochako, Tenya, Tsuyu und er schon seit ihren ersten Tagen an der UA Freunde waren. Es hatte sich einfach richtig angefühlt, damals zusammen mit seinen Schulfreunden eine eigene Agentur zu eröffnen, nachdem sie alle nach dem Abschluss zwei Jahre lang die Sidekicks älterer Helden gewesen waren.

Trotzdem hatte Izuku noch nicht einen von ihnen gesehen, seitdem er wieder frei war. Er wollte es nicht. Nicht, bis er wusste, wie er ihnen unter die Augen treten sollte. Izuku hatte sie im Stich gelassen, ihnen die Wahrheit über sein sekundäres Geschlecht verheimlicht und würde wahrscheinlich den Rest seines Lebens unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden.

Ein schöner Freund und Held war er.

Am Rande bemerkte Izuku wie sich sein Herzschlag und Atem beschleunigten. Mist, das war gar nicht gut ...

Er warf einen unsicheren Blick zu Katsuki. Der Alpha war ganz auf den dichter werdenden Straßenverkehr konzentriert.

Izuku kämpfte gegen den zugeschnürten Hals an, bevor er fragte: »D-Darf ich das F-Fenster runter machen?«

Katsuki warf ihm einen schnellen Blick zu und drückte bereits die entsprechenden Knöpfe in der Fahrertür. »Klar.«

Der Fahrtwind rauschte durch den Wagen und kühlte Izukus erhitztes Gesicht. Allmählich beruhigte er sich und bekam das Gefühl, wieder atmen zu können. »D-Danke.«

»Kein Ding.«

Kaum fünfzehn Minuten später erreichten sie den Stadtkern. Obwohl sie nur noch wenige Blocks von seinem Zuhause entfernt waren, sah alles ungewohnt aus. Izuku musste gegen die Tränen ankämpfen.

Kaum hielt Katsuki an einer roten Ampel, kreischten ein paar Frauen los.

»Sieh mal da!«

»Dynamight!«

»Er ist es wirklich!«

»Guck doch mal zu uns!«

»Dynamight, ich liebe dich!!!«

Katsuki verdrehte die Augen und hob kurz die Hand zum Gruß. Izuku schmunzelte. Kacchan war wirklich beliebt. Vorsichtig beugte Izuku sich vor, um die Frauen ebenfalls zu sehen. Er war neugierig auf Kacchans Fans. Eine Gruppe von Freundinnen stand auf einer Verkehrsinsel und hatte wahrscheinlich längst die Grünphase verpasst. Jede hatte leuchtende Augen und das Handy gezückt, mit dem sie fleißig Fotos schossen und Videos drehten.

Die Erste ließ ihr Handy sinken und schaute stirnrunzelnd über das kleine Gerät hinweg direkt in Izukus Augen. Sie stieß ihre Freundin an und zeigte auf ihn. »Das ist doch ...!« Sie sprach nicht weiter.

»O mein Gott!«, rief die Nächste aus.

»Er ist es wirklich, oder?!«

»Deku!«

»Fuck!«, stieß Katsuki mit zusammengebissenen Zähnen aus, ließ die verspiegelten Fenster hochfahren und trat das Gaspedal durch, sobald die Ampel auf grün schaltete. Katsuki schlug frustriert auf das Lenkrad. »Scheiße, ich habe vergessen, dass diese Hühner meinen Wagen erkennen. Alles okay bei dir?« Kacchan warf ihm einen beunruhigten Blick zu.

Izuku nickte steif und kämpfte gegen die aufkommende Panikattacke an. Man hatte ihn nicht nur gesehen, sondern auch erkannt. Der Omega war noch nicht bereit, so wie früher im Licht der Öffentlichkeit zu stehen, nicht nach allem, was war. Als Izuku noch als reiner Held mit weißer Weste gefeiert wurde, war es ihm egal gewesen, was irgendein Klatschblatt angeblich für einen Skandal über ihn produziert hatte. Es war alles gelogen gewesen und jeder Mensch bei Verstand wusste das. Heute jedoch hatte er etwas zu verbergen. Er war nicht mehr rein, sondern gebrochen und beschmutzt. Sie durften es niemals erfahren.

Die letzten Minuten fuhren sie schweigend zu dem Hochhauskomplex, in dem im zehnten Stock die Wohnung des Omegas lag.Izuku schluckte schwer. Magensäure brannte in seinem Hals und das Gefühl, sich gleich übergeben zu müssen, verstärkte sich von Sekunde zu Sekunde.

Katsuki steuerte den Sportwagen in die Tiefgarage des Hochhauses. Kaum hatte er geparkt, schenkte er Izuku die volle Aufmerksamkeit. Dieser hielt es nicht mehr aus, löste den Sicherheitsgurt, riss die Beifahrertür auf und erbrach sich lautstark auf den Betonboden.

Hijacked Hero - Verschleppter Held (abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt