Kapitel 6

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POV Izuku

»An jedem verdammten Tag«, brummte Katsuki.

Izuku wurde warm ums Herz bei dem Gedanken.

»Bakugou-san, das verstehe ich alles, wirklich, aber es ist wichtig, dass Midoriya-san jetzt erst mal wieder zur Ruhe kommt. Er darf sich nicht aufregen. Das könnte seinen mentalen Zustand verschlechtern«, erklärte die Frau.

Katsukis Mund war verkniffen, dann seufzte er und schenkte Izuku ein schwaches Lächeln. »Wenn es besser für ihn ist, werde ich mich fügen und geh-«

»N-Nein!«, stieß Izuku aus. »Kacchan d-darf bleiben. E-Es tut mir l-leid, was p-passiert ist. I-Ich wusste nicht, d-dass er es ist, als i-ich aufgewacht bin. I-Ich dachte, er w-wäre ...« Der Omega verstummte. Er wollte niemandem erzählen, welche Panik beim Aufwachen Besitz von ihm ergriffen hatte.

Bei Izukus Worten grinste Katsuki selbstgefällig, hob den Stuhl auf, der in der Nähe des Einschlags auf dem Boden lag, kam damit zurück ans Bett und setzte sich darauf. »Da hören Sie es, Frau Doktor.«

Die Ärztin brummte zur Antwort. »Na, von mir aus. Dann bleiben Sie eben weiter auf diesem Stuhl sitzen, Bakugou-san. Trotzdem muss ich mit Midoriya-san ein paar medizinische Details besprechen, die vielleicht besser zwischen Patient und Ärztin bleiben.«

Beim Gedanken daran, Katsuki könnte erfahren, was ihm alles widerfahren war, drehte sich Izuku der Magen um und ihm wurde schlecht. Er durfte es nicht wissen, dann würde Kacchan ihn bestimmt nie wieder so anlächeln, wie er es gerade getan hatte, sondern ihn so abstoßend finden, wie Izuku sich selbst fühlte.

Sein Herz raste und sein Atem ging immer schneller. Kacchan durfte nichts davon erfahren! Die Übelkeit wurde schlimmer. Izukus Magen krampfte und er drehte sich zur Seite. Vors Bett erbrach er bittere Galle. Er krümmte sich zusammen, als er eine Hand auf seinem Rücken spürte und würgte erneut.

»T-Tut mir leid«, keuchte Izuku, als der Krampf nachließ.

Die Ärztin winkte ab. »Das passiert öfter, als Sie denken. Darum kümmern wir uns gleich. Doch jetzt muss ich Sie, Bakugou-san, dringend bitten, für eine Weile vor der Tür zu warten. Geben Sie Ihrem Freund den Raum, den er während der Untersuchung braucht. Danach können Sie gern wieder reinkommen.«

Katsuki seufzte. »Na schön, dann warte ich eben«, brummte er in Richtung der Ärztin. An Izuku gewandt sagte er: »Wenn du mich brauchst, ruf mich und ich komme zurück.«

Der Omega nickte schwach. In diesem Augenblick traute er sich nicht, den anderen Mann anzusehen.

»Hach ja, Dynamights berühmt berüchtigtes Temperament – immer wieder erfrischend«, sagte die Ärztin, sobald die Zimmertür ins Schloss gefallen war.

Izuku lächelte schwach.

»Nun zu Ihnen.«

Er zuckte unwillkürlich zusammen.

»Ich heiße Akari Yaguchi und bin seit Ihrer Aufnahme für Sie zuständig. Als man Sie zu uns brachte, waren Sie in keinem guten Zustand. Sie sind fürchterlich unterernährt. Wann haben Sie zuletzt gegessen?«

»I-Ich ich weiß nicht s-so genau. Irgendw-wann vor meiner H-Hitze.« Am liebsten wäre Izuku im Boden versunken. Er wollte nicht darüber sprechen, was seitdem passiert war.

»Also über eine Woche«, murmelte Dr. Yaguchi und kritzelte etwas auf den Zettel, der auf ihr Klemmbrett geheftet war.

»Die Hämatome und Bisswunden haben wir je nach Bedarf versorgt. Das verheilt alles wieder. Allerdings hatten Sie leichte innere Blutungen im Rektalbereich, sowie dortige Risswunden. Die Blutung hat inzwischen aufgehört und somit mussten wir nicht operieren. Das kommt also auch wieder in Ordnung mit der Zeit.«

Izuku biss sich auf die Unterlippe und nickte schwach. Es half, dass die Ärztin so sachlich blieb und ihn nicht mit übermäßigem Mitleid überschüttete.

Dr. Yaguchi fuhr fort: »Da man Ihnen während der Hitze offensichtlich Gewalt angetan hat, haben wir Ihnen bei der Aufnahme ein Medikament verabreicht, das eine ungewollte Schwangerschaft verhindert. Diesbezüglich müssen Sie sich also keine Sorgen machen.«

Er wusste nicht, was er dazu sagen sollte. Natürlich war Izuku dankbar, dass man ihn gefunden und medizinisch versorgt hatte, trotzdem schämte er sich in Grund und Boden. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte die Öffentlichkeit nie erfahren, dass er ein Omega und kein Beta ist. Schon gar nicht auf diese Weise. Zum Glück musste seine Mutter das nicht mehr erleben. Sie war ein halbes Jahr vor seiner Entführung an Darmkrebs gestorben. Jetzt in diesem Moment vermisste er sie schrecklich.

Dr. Yaguchi schaute ihn erwartungsvoll an. Hatte sie ihn etwas gefragt?

»W-Wie bitte?«, fragte er unbeholfen.

»Ich wollte wissen, ob Sie noch Fragen haben?«, wiederholte sie.

Izuku schüttelte den Kopf.

»Gut, dann sollten Sie sich jetzt noch etwas ausruhen. Wir müssen Sie langsam wieder an geregelte Mahlzeiten gewöhnen und ihren allgemeinen Gesundheitsstatus verbessern. Dann sehen wir weiter.«

»O-Okay.«

»Soll ich Bakugou-san wieder herein lassen oder ihn nach Hause schicken?«, fragte Dr. Yaguchi. »Keine Sorge, ich mache das, wenn es Ihr Wunsch ist. Mir egal, wie sehr er dabei rumtobt.«

»Kacchan d-darf bleiben«, antwortete Izuku, so fest er konnte. Dann fiel ihm noch etwas ein, doch die Ärztin hatte sich bereits abgewandt, und ging zur Tür. »D-Dr. Yaguchi?«

»Ja?« Sie hielt inne und blickte sich lächelnd über die Schulter.

»W-Wie lange i-ist Kacchan schon h-hier?« Izuku hasste diese Stotterei, doch er kam nicht dagegen an. Dafür war er zu nervös und unsicher. Während der vergangenen zwei Jahre war etwas in ihm zerbrochen. Offenbar zeigte sich das auch an seinen Worten.

Das Lächeln der Ärztin wurde breiter. »Dynamight war es, der Sie aus diesem Untergrund-Club rausgeholt hat. Seitdem ist er nicht von Ihrer Seite gewichen und hat jedem mit dem Tode gedroht, der versuchen wollte, ihn zum Gehen zu bewegen.«

»T-Tatsächlich?« Verwundert weiteten sich Izukus Augen.

Dr. Yaguchi nickte bekräftigend. »Sie scheinen Ihrem Freund wirklich am Herzen zu liegen. Das ist etwas Gutes. Die nächste Zeit wird hart für Sie, Midoriya-san. Sie werden jede Unterstützung brauchen, die Sie kriegen können.«

Der Omega schluckte schwer. Allmählich begann er zu verstehen, dass er dieser Hölle entkommen war. Durfte er darauf hoffen, eines Tages wieder zu seinem alten Leben zurückkehren zu können?

Dr. Yaguchi räusperte sich. »Jetzt sollten Sie die trüben Gedanken beiseiteschieben und sich auf das Gute konzentrieren. Sie sind frei. Um alles andere kümmern wir uns in den nächsten Tagen. Für morgen buche ich Ihnen einen Termin mit einer Psychologin. Sie ist auf Traumapatienten spezialisiert und wird Ihnen bei der Genesung zur Seite stehen.«

»D-Danke«, erwiderte Izuku leise.

Mit einem aufmunternden Lächeln verließ Dr. Yaguchi sein Zimmer. Als sie die Tür öffnete, konnte Izuku einen kurzen Blick auf Katsuki werfen. Der Alpha war immer noch da.

Hijacked Hero - Verschleppter Held (abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt