Anni und Samu

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Ich musste dringend etwas für unsere Reise klären und saß dafür an meinem Büroschreibtisch. Immerhin ging es in knapp 46 Stunden nach Deutschland. Selbstverständlich, war ich der deutschen Sprache sehr vertraut, dass mich langsam aber sicher der Mut verliess. Ich war stets bereit für Abenteuer, hatte vieles gesehen, gelesen, probiert, dennoch blieben Zweifel sich öffentlich zu blamieren. Obgleich man so vieles wusste, belesen und gesehen hatte, ging alles über die deutsche Sprache. Es gab keinen Dolmetscher, besser gesagt Übersetzer, in dieser Live Show in der ich eingeladen wurde. Wenn sich etwas ergab, das mich komplett aus der Bahn warf, würde der Moderator auf Englisch übersetzen.
Warum ich immer noch daran teilnahm? Es war gute publicity für die letzten Monate der Band und konnte hoffentlich zeigen, dass mehr als nur der Sänger in mir steckte. Denn ohne mich selbst loben zu wollen, hatte ich einiges zu bieten und war verdammt nochmal nicht dumm. Was viele wohl dachten.
Der einzige Antrieb der mich motivierte: Der Gewinn würde an eine Stiftung deiner Wahl gehen. Es tat gut, dort zu helfen, die am wenigsten dafür und ihre gesamte Zukunft noch vor sich hatten .

Ein leises fast schüchternes klopfen drang von der Tür zu mir durch. Ich schlug den gelben Duden zu. Insgeheim wunderte ich mich, das Anni nicht von sich aus rein kam, immerhin war die Tür angelehnt. Es sei denn, ihr Name lautete Thea.
Lächelnd rollte ich mit dem Bürostuhl zur Tür, wo das Klopfen her kam.
Als ich die Tür vorsichtig öffnete, stand der kleine Zwerg davor, niedlich und schüchtern. Sie wirkte ein wenig aufgeregt, wusste aber auch nicht so recht wohin mit sich. Ihre langen Haare fielen ihr weit über die Schultern. In ihrer Hand ein Blatt Papier, so groß wie aus dem Drucker.
"Hey Prinsessa."
Verlegen strich sie sich eine Strähne hinter das Ohr und sprach ganz aufgeregt."Samu, ich, äh, ich habe dir ein... Bild gemalt". Anni, hat mir erzählt das du ICE Hockey magst und gerne singst. Thea präsentierte mir stolz ihr Werk."Schau mal, du hast ein HIFK Trikot an und singst. Anni und ich sitzen hier, hören dir zu."
Ich nahm gerührt das Bild entgegen. Mir war bis gerade nicht mal bewusst, überhaupt Buntstifte zu besitzen, vermutlich hatten meine Nichten ihre hier gelassen.

Meine gerade noch existierenden Gedanken versiegten und obwohl es schon lange dunkel draußen war, ging die Sonne auf. "Wie schön". Ich konnte nicht einschätzen wie viel Nähe gut für sie war, weshalb ich meine Hand zu meinem berühmten High Five anhob. Es dauerte nur wenige Sekunden, aber ihre Reaktion war eindeutig. Sie zuckte zusammen. Jesus! Dachte sie etwa ? Etwas gefrohr in mir. Was zur Hölle tat ihr Bruder ihr eigentlich an ?!. Bevor ich näher drauf eingehen konnte, schlug sie ein.
" Wollen wir nachsehen, wo das Bild am besten hinpasst?" Thea nickte begeistert. Dann komm mal mit. Langsam reiche ich ihr meine Hand, die sie ergriff. Sie schaute in die Runde.
" Was ist das alles Samu?" Deutete sie auf mehrere Knöpfe und Schalter. Lächelnd erklärte ich ihr das es sich hierbei um ein kleines Mischpult handelte, womit ich Musik machen konnte.
" Möchtest du mal singen, oder etwas auf der Gitarre spielen" ? Wer ICH ? Mit großen Augen sah sie mich an. "Ich kann nicht singen, oder Gitarre spielen, deutete sie auf die im Ständer stehende Gitarre.
" Sagt wer? " Aber du musst nicht, wenn du nicht möchtest.

Sie wollte. Ich sah es an ihrer Körpersprache, sie hatte aber Angst angefeindet und verurteilt zu werden. Das sollte sie nicht. " 0k Prinsessa. Setz dich am Besten hier drauf," drehte ich mich suchend um meine Achse und fand meinen Schreibtischstuhl an der Tür.
Es war ein richtiger Chefsessel, perfekt geeignet für das was als nächstes kommen sollte.
Weil der Stuhl zu hoch für Thea war, hob ich sie auf den Stuhl. Ihre Füße schafften es knapp bis zum Sitzende.
" Na Chefin, wie ist die Aussicht?"
Sie kicherte. "Du bist ganz schön groß". Das höre ich öfters. Fluch und Segen zu gleich.
Aufgepasst Chefin. Sitzt du bequem? Thea nickte.
Perfekt.
" Nicht erschrecken", griff ich nach meiner Jumbo, die meine Mutter mir damals als kleiner Junge gekauft hatte, als ich umbedingt eine wollte.
" Linke oder Rechte Hand?"
Die Rechte. Ich gab ihr die Gitarre in korrekter Haltung. Linke Hand an den Hals, rechte auf den Bauch. Sie tat was ich ihr zeigte. Und jetzt, hälst du mit diesen Fingern den Hals fest und bewegst zwei von denen am Bauch. Töne erklangen.
"Samu, hast du das gehört ?" Sagte sie voller stolz.
" Ja Prinsessa, ich habe es gehört ". Grinse ich anerkennend zurück.
Ich zeigte ihr weitere Griffe.
So Chefin. Ich habe dir jetzt, zwei, drei Griffe gezeigt, welche gefielen dir am Besten?
Hm, überlegte sie und legte ihre Finger auf die Gitarre. Der Erste, lautete ihre Antwort.
Ich nickte.
"Spiel den Griff erneut", ermutigte ich sie . Sie tat es. In der Zeit schob ich den Aufnahme Riegel nach oben. Wer sagte jetzt, sie würde das nicht können?

Zufrieden lobte ich Thea. " Wenn du so weiter machst, kannst du bald Songs Spielen" .
Würdest du's mir beibringen ? " Wenn du das möchtest". Sie nickte begeistert. Andernfalls suchte sie eine Person
zu der sie aufschauen konnte. Ich nahm ihr die Gitarre ab und stellte sie wieder in die Halterung.
"Samu, kannst du für mich einen Song spielen?" Innerlich wappnete ich mich schon für " Let it go ' a Iá Demi Lovato. "Natürlich, welchen song soll ich spielen"?
Weißt du, Anni und ich haben da einen Lieblingssong, er läuft immer bei ihr. Besonders wenn sie traurig ist, oder wir Spaß haben. Der Song ist von ED Sheeran. Ich weiß den Titel gerade nicht, aber es geht um Liebe, ganz lange zusammen bleiben, bis wir alt sind und sich dann noch gern hat.
" Thinking out loud" sagte ich leise. Und wieder hatte ich etwas neues über Anni gelernt. Wo war sie überhaupt ? Sie sollte ihn hören, nur von mir. Jedes verdammte Wort würde wahr sein. Ich nahm meine Jumbo in die Hand. Legte sie so, wie ich es Thea wenige Minuten zu vor gezeigt hatte und begann zu Spielen. Wie von selbst setzte meine Stimme ein. Ich war so drin in diesem Song, dass ich gar nichts mehr wahrnahm. Als ich den letzten Ton anschlug.
" And we found love right where we are " sonst a lá Ed Sheeran, heute a lá Samu klatschte Thea begeistert in die Hände und Anni stand weinend im Türrahmen. Mit ihrer Brille auf der Nase und einem Buch in der Hand, ihr Zopf verrutscht. Ich habe sie noch nie so sehr geliebt, wie in diesem Moment. Jetzt wusste sie, wie ernst es mir war. Sie war alles für mich in dieser kurzen Zeit geworden. Mein Leben befand sich endlich auf dem richtigen Weg.

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