Samu und Anni

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»Oh verdammt schon halb 12-
Ich habe  Thea versprochen sie von der Schule abzuholen.« Stammelte Anni hektisch.
»Kaunis bist du sicher, dass du in diesem Zustand fahren kannst ?« Sprach ich besorgt und strich Anni die verschmierte Wimperntusche von der Wange.
»Geht schon, nickte sie euphorisch. Ich hole nur schnell meine Tasche«.

Innerlich war mir bewusst, dass sie so schnell wie möglich aus dieser Situation flüchten wollte. Verständlich, immerhin war sie wegen mir in dieser absurden Situation.
Diese Erkenntnis erdrückte mich. Meine Nerven waren bis aufs äußerste gereizt und angespannt, Panik kroch in mir hoch, staute sich in meiner Brust an, sodass schwarze kleine Punkte vor meinen Augen tanzten. Es reichte. Wie viele Beweise brauchten die Beamten noch, um aktiv zu werden. Fingerabdrücke, Schmauchspuren und was sie sonst in den Krimis für Proben nahmen. Hoffentlich führte dieser Weg endlich zu Johanna.

In ihrer Bewegung hielt Anni inne.
»Karhu?« Kam es leise von ihr. Ich sah sie besorgt an.
»Wenn ich dich nicht gefragt hätte, ob alles in Ordnung ist, du hättest mir von dem Brief erzählt, oder?
Entsetzt sah ich sie an.
So schnell ich konnte stand ich auf und schloss zu ihr auf.
»Kaunis- Hey! Murmelte ich leise. Vorsichtig nahm ich ihr Gesicht in meine Hände und streichelte mit den Daumen über ihre Wange. »Es tut mir leid, dass ich nicht sofort zu dir gekommen bin, aber ich musste zunächst für mich sein. Ich bin wirklich geschockt, dass ich nicht in der Lage war zu sprechen.

Als ich vorhin vom Training kam, habe ich alle Briefe aus dem Postkasten, von unten, in die Küche gebracht und mich schon beim durchsehen über den Brief gewundert. Es stand nicht mal ein Absender auf dem Umschlag. - Kein Wunder bei dem Inhalt."
Selbstverständlich hätte ich dir von dem Brief erzählt, aber ich wusste nicht wie.
Ich wusste einfach nicht wie, sagte ich verzweifelt. Die Situation überforderte mich.
In meinem Kopf wiederholte sich in Dauerschleife Wortzeilen von let me go aus unserem letzten Sunrise Avenue Album.
"How hard can it be to leave what's killing you?
With distance it seems as if everything could be good (oh, no no no)
And it rings, yeah, it rings
Don't forget there is a beast
Keep biting and hating and soon you'll be free...".

Anni, du weißt, dass ich dich niemals einer Gefahr aussetzen würde, ganz im Gegenteil. »Ich hasse es dich so leiden zu sehen! Weißt du wie dumm ich mir vorkomme dich nicht ausreichend schützen zu können«?
Ich will nicht dabei zusehen wie dein Leben, wegen mir, immer eingeschränkter wird. Das will ich einfach nicht! Alles ist wegen meiner  Entscheidung durcheinander geraten und das tut mir leid. Aus diesem Grund werde ich erneut Anzeige erstatten und einen bestimmten Namen ins Spiel bringen. Zunächst gegen Unbekannt, sobald sich die Anzeichen und Beweise  verdichten werde ich demjenigen das Leben zur Hölle machen.
Ein Warnschuss, dass derjenige weiß, dass mehr bei uns läuft, als nur der Unfall.
Ich habe Angst dich zu verlieren, Anni. Irgendwann wird es zwischen uns stehen und ich kann nichts dagegen tun.

»Karhu- Du wirst mich nicht verlieren. Ich lasse mir nicht mehr mein Leben durch fremde Personen kaputt machen. Das habe ich lange genug ertragen. Solchen Leuten muss man Patrouille bieten! Aber das schaffe ich nicht alleine.
Wenn morgen Abend der Hifk verliert ( Gott bewahre), bist du dann auch Schuld, wenn du nicht auf deinem Stammplatz im Stadion sitzt?
Versteh doch- Du bist mein Karma. Ich habe keine Angst bei dir, hatte ich nie und werde ich nicht, weil du ein guter Mensch bist, auch mit deinen Fehlern und Entscheidungen. Außerdem wärst du nicht in meinem Leben, würden sich andere Menschen finden, die mir ziemlich sicher mein Leben zur Hölle machen würden.
Es war nie deine Schuld Karhu, sagte Anni sanft. Nie.
Diese Menschen leiden unter einer Krankheit, schlimm, wenn sie nicht medikamentös eingestellt sind, teilweise unberechenbar sind. Trotzdem hat es weder mit deinem Ego, Männlichkeit, oder uns zu tun.
Ich weiß es ist einfach eine belastende Ausnahmesituation, weil wir nichts kontrollieren können und jeder seine Vergangenheit hat.

Ich bin nicht doof, ich sehe doch, dass du Angst um mich hast, genauso wie ich Angst um dich habe.
Auch wenn es verrückt klingen mag, die Angst darf nicht unser Leben bestimmen. Ich weiß, dass du mich liebst und ich liebe dich auch, sehr.
Mann Babyboy, vor knapp 2 Tagen waren wir in Köln und haben unsere Zukunft beschlossen. Warum sollten wir uns wegwerfen? Die Probleme stammen allesamt von außen, zusammen sind wir doch stärker als alleine.
Außerdem bist du einen Beruf nachgegangen, den du gekündigt hast. Und? Millionen andere Menschen auch. Wir haben alle nur ein Leben. Das Leben ist zu kurz, um sich festzufahren und davon ernsthaft krank zu werden.
Wir reden später weiter, ja. Ich hole schnell die Kleine.«
»Pass auf dich auf Kaunis«. »Mach ich«, gab sie mir einen Kuss und verschwand durch die Terrassentür.

Monday-KnockoutWo Geschichten leben. Entdecke jetzt