9. Abscheulichkeit. Gnadenlosigkeit. Grausamkeit!

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Míriel pov.

Mit den Fingern kämmte ich durch meine nassen schwarzen Strähnen, während ich meine nackten Füße durch den weichen Sand gleiten ließ. Kili hatte eine geräumige Höhle in den Bergen hier gefunden, der Boden voll mit weichem Sand und sie hatten sogar ein Feuer angemacht damit wir alle schneller trockneten. Ich hatte also kurzentschlossen meine Schuhe ausgezogen um sie näher an das Feuer zu stellen, dann hatte ich mich freiwillig für die erste Wache gemeldet und mich ziemlich an den Rand der Höhle gesetzt. Die meisten Zwerge schliefen. Nur Bilbo war noch wach, schon eine ganze Weile wälzte er sich hin und her, doch ich hatte entschieden ihn lieber nicht anzusprechen. Wenn er etwas sagen wollte, würde er das schon tun. Jetzt zum Beispiel setzte er sich gerade auf, seufzte einmal leise und packte dann seinen Rucksack.

Mit erstaunlich leisen Schritten tapste er auf den Ausgang zu, somit kam er auch mir immer näher.

„Wo willst du hin?" Wollte ich leise von dem Hobbit wissen, dieser erschreckte so sehr, dass er einige Schritte zurückwich, über seine eigenen Füße stolperte und auf den Po fiel. Leicht grinste ich. „Ich dachte ihr schlaft." Seufzte er leise, rappelte sich wieder auf und wischte sich den Sand von der Hose. „Während einer Wache? Ich bitte dich. Sehe ich aus wie ein Zwerg?" Wollte ich mit leiser, amüsierter Stimme wissen. Auch Bilbo musste schmunzeln.

„Nein, tut ihr nicht." Er schüttelte leicht den Kopf. Ich saß zwar und er stand, dennoch führten wir ein Gespräch auf Augenhöhe. „Gut, dann wieder zu meiner anderen Frage. Wo willst du hin?" Ich hob erneut fragend meine Augenbraue und auch mein Grinsen verschwand, Bilbo schien etwas zu bedrücken. Ich merkte es dem Hobbit an.

„Nachhause." Erklärte dieser knapp. Verwirrt runzelte ich die Stirn. „Wieso das?" „Sieh mich doch an!" Rief er aus, biss sich jedoch schnell auf die Lippe, als er merkte, wie laut er war. Einer der Zwerge schnarchte laut auf, das war aber auch alles. Bilbo atmete erleichtert aus, während ich schweigend wartete das er weiterredete.

„Ich passe hier nicht her. Meisterdieb! Abenteurer! So etwas bin ich doch gar nicht. Ich bin ein Hobbit, ein Beutlin... Ich... ich gehöre ins Auenland!" Versuchte er verzweifelt zu erklären und fuchtelte mit den Armen durch die Luft. Leicht lachte ich auf, dann legte ich den Kopf schief und musterte Bilbo einmal von oben nach unten. Auffordernd klopfte ich neben mich in den Sand. Bilbo seufzte erneut leise auf, dann ließ er sich jedoch neben mich sinken und blickte mich abwartend von der Seite her an.

„Findest du etwa ich passe hier her?" Wollte ich neugierig von dem kleinen Hobbit wissen. Kräftig nickte dieser. „Nicht unbedingt zu den Zwergen... aber du passt zu so einem Abenteuer. Du bist eine Kämpferin. Eine Hautwechslerin. Du weißt was du zu tun hast und du kennst dich aus... Thorin würde es niemals zugeben, aber ich denke sogar er weiß, dass du ihnen schon einige male das Leben gerettet hast." Sagte Bilbo völlig überzeugt und ich nickte ihm verstehend zu.

„Das mag ja sein. Aber weißt du wegen wem ich wirklich hier bin? Abenteuer könnte ich immerhin auch ohne einen Haufen Zwerge erleben..." Sagte ich. „Gandalf. Du bist wegen Gandalf hier." Murmelte er leise und ich nickte zustimmend. „Genau wie du." Rief ich ihm in Erinnerung.

„Weißt du, ich kenne Gandalf schon mein ganzes Leben lang." Fing ich ehrlich an, dann musste ich leicht grinsen. „Und mein Leben ist schon sehr lang." Bilbo schmunzelte. „Wenn du wirklich so falsch hier wärst, wie du denkst, hätte Gandalf dich nicht hierhergebracht. Er hätte dich nicht als Meisterdieb ausgewählt und er hätte dich nicht dazu überreden können hier zu sein. Unser Schicksal wählt manchmal merkwürdige Wege für uns. Aber ich habe eines gelernt, wir sind immer genau da, wo wir gerade sein sollen." Erzählte ich Bilbo ehrlich.

„Wenn du jetzt auf dein Herz hörst und nicht auf deinen Kopf, willst du dann immer noch zurück?" Fragte ich neugierig. Bilbo schwieg einige Sekunden nachdenklich, doch gerade als er den Mund öffnete, um zu antworten, bebte auf einmal unter uns die Erde.

„Was ist das?" Hinterfragte Bilbo mit gerunzelter Stirn, erneut bebte es und die ersten Zwerge schreckten aus ihrem Schlaf. „Was geschieht hier?" Wollte Gloin wissen. „Wir müssen hier raus!" Entschied Balin, doch da war es schon zu spät. Bis zu den Knien war der weißbärtige Zwerg schon im Sand verschwunden. „Los lauft! Raus hier! Raus! Balin nimm meine Hand!" Schrie Thorin aufgebracht doch auch er versank langsam im Sand und mit ihm alle anderen Zwerge. Gerade als ich aufspringen wollte rutschte auch unter mir der Boden weg und dann verschwand ich langsam unter einer Schicht aus Sand. Verzweifelt versuchte ich mich frei zu treten oder mit meinen Händen halt zu finden, aber vergebens. Einer der Zwerge atmete schwer aus als ich auf ihn drauffiel, aber immerhin landete ich dafür weich. Jedoch rappelte ich mich trotzdem schnell wieder auf und half Oin, auf den ich drauf gefallen war, auf. Erst danach ließ ich meinen Blick durch die Höhle schweifen, in die wir gefallen waren. Rauer, scharfkantiger Stein ragte über uns auf, es war sehr dunkel und nur einige Fackeln spendeten Licht, aber viel schlimmer war der Gestank um uns herum. Es müffelte nach Tod. Angeekelt verzog ich die Nase, dann jedoch drehte ich mich um und mein Blick fiel auf die unzähligen Höhlenorks die uns umzingelten.

„Verdammt." Entkam es mir leise und ich wirbelte herum, jedoch umzingelten die Orks uns schon von allen Seiten. Die Zwerge wollten noch ihre Waffen zücken, doch beim Sturz hatten einige ihre Waffen verloren, andere wurden von den Orks überrumpelt und ebenso wie ich, sahen auch einige Zwerge ein das es absolut unsinnig wäre gegen diese übermacht von Orks kämpfen zu wollen. Es mussten mindestens ein, oder zweitausend sein. Wahrscheinlich sogar eher mehr aber durch das wenige Licht sah ich auch nicht allzu viel.

Wir wurden unter großem Protest und einigen Fluchtversuchen, bei dem Dwalin einem Ork das Genick brach, gefesselt und über schmale Steinpfade und wackelige Holzbrücken zu ihrem König gebracht. Vor uns befand sich ein übergroßer Höhlenork, der fetter als ein Elefant war. Sein Bauch hing in dicken Schichten aus Fett, schwabbelnd an seinem Körper herunter. Er hatte ein paar filzige, weiße Strähnen Haar auf dem Kopf und eine schiefe Krone aus Holz, wenn ich das richtig erkannte. Außerdem hing eine dicke Kette um seinen fetten Hals und er hatte einen Holzstock in der Hand, auf dem der Kopf eines toten Tieres steckte.

„Könnt ihr euch nicht verwandeln?" Wollte Fili flüsternd von mir wissen. Leicht schüttelte ich den Kopf. Als ob ich daran nicht gedacht hatte... Aber selbst, wenn, es wären einfach zu viele Orks für einen Wolf und noch dazu hatten diese Orks Waffen. Höhlenorks waren zwar schwach und von dünner Statur, trotzdem waren hier genügend, um mich zu besiegen.

Ich wollte nicht sagen das es beeindruckend war, aber diese Stadt der Orks geschaffen aus Planken, Holz und Stein, war schon irgendwie beeindruckend. Erstaunlich zu was Viecher wie Orks fähig sein konnten.

„Wie man sich versieht..." Rief der fette König aus, stand auf und zerquetschte dabei fünf seiner eigenen Untertanen. „Sing ich ein Lied." Beendete er seinen Satz.

„Pack, hack, zwick und zwack. Gripp, grapp, Ohren ab. Prügel und Schlag bis ihr jammert und klagt! Ab, ab ins dunkle Loch. Unten in der Stadt der Orks, unten in der Stadt der Orks. Mit der Peitsche ein Hieb bis ihr schreit, bis ihr fiept wenn ihr festgeschnallt auf der Streckbank liegt. Ab, ab ins dunkle Loch. Unten in der Stadt der Orks, unten in der Stadt der Orks. Hammer und Axt und die Knochen zerknackst, mit einem Zack hab ich euch gleich gepackt! Klatsch, ratsch und zermatscht. Peng, beul, zitter und heul. Ihr könnt betteln und flehen, niemand lässt euch gehen. Ab, ab ins dunkle Loch. Unten in der Stadt der Orks, unten in der Stadt der Orks." Dröhnte die hässliche Stimme des Orkkönigs durch den Keller. Die Zwerge und ich starrten ihn angeekelt an, jedoch sprach keiner bis der letzte Ton der lauten Glocke erstickte, die in der Ferne einige Orks geschlagen hatten. Als dieser Ton endlich verschwand, breitete sich ein stolzes Grinsen auf dem Gesicht des Königs aus.

„Geht ins Ohr, nicht wahr? Eine meiner eigenen Kompositionen!" Sagte er stolz. Balin neben mir schnaubte. „Das ist kein Lied, sondern eine Abscheulichkeit!" Rief er aus und ich biss mir fest auf die Lippe, um mir ein Grinsen zu verkneifen. Er hatte es auf den Punkt gebracht und der König sah darüber gar nicht glücklich aus.

„Abscheulichkeit. Gnadenlosigkeit. Grausamkeit. Das ist alles, was ihr hier unten findet!" Spuckte er Balin vor die Füße, der die Augen zu Schlitzen verengte.


Wolfsmädchen || LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt