Legolas pov.
Zwar war es nicht der Plan gewesen, dennoch hatten Míriel und ich die letzten Wochen in Imladris beinahe ausnahmslos nur zu zweit verbracht.
Somit hatte ich zwar nur nebensächlich Zeit gefunden Aragorn näher kennen zu lernen, doch in den letzten Wochen war es mir all das Wert gewesen. Míriel tat eigentlich nichts... und doch machte sie mich zum glücklichsten Elben der Welt, mit jedem Lächeln, jedem Blick und jedem liebevollen Wort, das für die sonst so taffe Hautwechslerin völlig untypisch war.
Auch als ich an diesem Morgen wach wurde, war sie schon wach.
In einen weißen Morgenmantel aus Seide gehüllt stand sie auf dem Balkon und blickte der Sonne beim Aufgehen zu. Lächelnd trat ich näher, strich die welligen schwarzen Strähne zur Seite und hauchte ihr dann einen sanften Kuss auf das Schlüsselbein. Ihr Lächeln konnte ich dabei beinahe bildlich vor meinem inneren Auge sehen.
„Auch schon wach, ja?" Hinterfragte sie neckend und ich grinste leicht, gleichzeitig schlang ich meine Arme um ihre zierliche Taille. Schwungvoll drehte Míriel sich um, blickte nun grinsend zu mir auf. Ihr gelbes Auge funkelte liebevoll.
„Natürlich wünsche ich dir auch einen Guten Morgen." Erwiderte ich ebenso neckend und verdrehte spielerisch die Augen. Ihr Grinsen wurde nur noch breiter.
„Was machen wir heute?" Wollte sie neugierig wissen, während sie ihren Kopf auf meiner Brust ablegte. Inzwischen war es alltäglich. Trotzdem schlug mein Herz schneller und ich legte liebevoll die Arme enger um sie, zog sie so nah an mich das kein Blatt mehr zwischen uns gepasst hätte. „Worauf habt ihr den Lust Mylady?" Erwiderte ich leise, fing nebenbei an ihr sanft durch die schwarzen Locken zu streichen. Ihr wohliges Seufzen drang an meine Ohren.
„Ich würde jetzt am liebsten sagen, Imladris erkunden. Aber ich kenne inzwischen jeden Stein doppelt und dreifach..." Seufzte sie enttäuscht, dann löste sie sich leicht von mir und blickte nun stattdessen aufmerksam zu mir auf.
„Warum erkunden wir nichts neues?"
„Du meinst..." Ich konnte nicht verhindern das ich die Stirn in Falten zog. „Du willst Imladris verlassen." Schlussfolgerte ich aus ihren Worten. Einige Sekunden geschah auf meine Worte hin gar nichts, dann jedoch nickte Míriel zaghaft. Ein Seufzen kam mir ungewollt über die Lippen und ich hörte auf durch ihre Haare zu streichen, während ich schluckend über ihre Worte nachdachte.
Mein Blick glitt über das wunderschöne Imladris, über das man von unserem Balkon aus eine traumhafte, beinahe magische Aussicht hatte.
Hier war alles so friedlich. Sauron' Dunkelheit hatte sich durch das Land gezogen, hatte meine eigene Heimat vergiftet und viele Stellen des einst so prächtigen Waldes zu einem düsteren Ort gemacht. Doch von Imladris schien all diese Dunkelheit sich fernzuhalten. Es war beruhigend. Es war sicher.
Warum konnte sie nicht einfach genauso fühlen?
„Du bist niemand der gern an einem Ort bleibt, oder?" Wollte ich mit einem erneuten Seufzen wissen. Zaghaft schüttelte Míriel sich. „Nach der Reise mit den Zwergen..." Ich musste mich wirklich anstrengen hierbei nicht das Gesicht zu verziehen. „Dachte ich eigentlich, dass ich genau das will." Sie seufzte frustriert, löste sich nun endgültig von mir und breitete die Arme aus. Deutete auf das wunderschöne Imladris um uns herum.
„Doch jetzt sind wir schon so lange hier. Und... ich merke, es scheint doch nicht das richtige zu sein." Sie biss wild auf ihrer Unterlippe herum. Leicht senkte ich den Blick. „Warum?"
„Weil mir... mir ist das hier zu friedlich, Legolas! Mir fehlt das Abenteuer. Mir ist... langweilig." Sie seufzte schwer. „Ich dachte du bist genauso."
Entrüstet riss ich den Kopf nach oben.
„Ich bin genauso!" Stellte ich schnell klar, vielleicht einen Ton zu barsch. Tief atmete ich durch, das hier sollte nicht im Streit enden. „Aber nach dem Krieg, nach all dieser Grausamkeit, dem Tod... ich sah Elben sterben, die ich kannte, seit ich geboren war. Freunde, Trainer, Bekannte. Sie starben. Viele von ihnen vor meinen Augen!" Rief ich ihr aufgebracht in Erinnerung.
„Ist es so schwer für dich zu verstehen das ich nach all dem eine Auszeit möchte? Ein wenig Ruhe?! Was spricht denn gegen noch ein, zwei Wochen hier, bevor wir wieder durch Mittelerde streifen?" Wollte ich interessiert wissen.
Ich sah, wie sie schluckte, während sie den Blick senkte.
„Wahrscheinlich hast du recht." Sie zuckte die Schultern, dann trat sie plötzlich an mir vorbei.
„Ich bin mit Elladan zum Training verabredet." Hörte ich sie knapp murmeln. Zwar öffnete ich die Lippen, um etwas zu antworten, doch mir blieb die Chance nicht, da war Míriel schon im anliegenden Badezimmer verschwunden. Das leise Klicken verriet mir das sie ausnahmsweise die Tür abgeschlossen hatte.
Frustriert stöhnte ich auf, schloss für einige Momente die Augen und dachte nach.
Vielleicht war es gut, wenn wir heute nicht aneinanderklebten. So wie wir es sonst immer taten...
Vielleicht sollte ich stattdessen den Tag heute nutzen um Aragorn näher kennen zu lernen? Allein wegen ihm war ich hier.
Leise seufzte ich, so schön die letzten Wochen auch waren, es konnte genauso überfordernd sein. Noch nie hatte ich etwas Vergleichbares gefühlt. Nicht mal für Tauriel, auch wenn ich es mir immer eingebildet hatte. Dafür machten meine jetzigen Gefühle mich beinahe wahnsinnig und ich hatte es noch nie, als so furchtbar schwierig empfunden, meine Gedanken richtig einzuordnen. Nein, eigentlich hatte ich damit noch nie Probleme gehabt... doch jetzt gab es plötzlich Míriel.
Und mein Herz das allein, wenn ich an sie dachte, plötzlich schneller schlug und ein angenehmes, warmes Kribbeln durch meinen Körper schickte.
Ungläubig über mich selbst, schüttelte ich den Kopf. Dabei konnte ich nicht verhindern das meine Mundwinkel sachte nach oben zuckten.
Wann war nur alles so kompliziert geworden?
Angefangen hatte es mit einem liebevollen, unschuldigen Kuss, mitten in der dunklen Nacht von Imladris.
Ein kleiner unschuldiger Kuss... der mein ganzes Leben zu verändert haben schien.
I know... Für das Kapitel hasse ich mich auch selbst. 😂😭
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Wolfsmädchen || Legolas
FanfictionDie junge Míriel ist eine der zwei letzten Hautwechsler in ganz Mittelerde. Aus Angst hält sie sich etliche Jahre in Mittelerde versteckt und zieht keine Aufmerksamkeit auf sich, doch als ihr alter Freund Gandalf plötzlich vor ihr steht und sie um e...