59. Fangornwald

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Míriel pov.

Der Scheiterhaufen vor uns stank fürchterlich. Grauer Rauch stieg erbarmungslos in den wolkenlosen Himmel und kennzeichnete diesen Ort als ein Grab. Die gefallenen Ritter waren am Rand des Fangornwaldes begraben wurden, was deutlich durch die frische Erde zu sehen war. Aragorn lief vor diesen Gräbern auf und ab, betete dabei für die gefallenen und suchte nebenbei nach Spuren auf dem zertrampelten gelblichen Gras. Legolas stand noch immer bei den Pferden und Gimli stocherte suchend mit einem Stock durch den Scheiterhaufen. Ich selbst stand versunken in meinen Gedanken einige Meter vom Scheiterhaufen entfernt und sah Gimli bei seiner Suche nach Hinweisen zu.

„Das ist einer Ihrer Gürtel." Verkündete der Zwerg plötzlich von tiefer Trauer erfüllt. Ich schluckte schwer, als ich das verkohlte Stück Leder erblickte, dass Gimli mit Hilfe seines Stockes in die Höhe hielt. Ein feines Rauchrinnsal trat von dem Gürtel aus hoch, vollkommen verbrannt war er jedoch nicht.

Mir wurde das Herz ganz schwer, als ich realisierte, was das bedeutete. Tränen schossen mir in die Augen, als Legolas ein elbisches Gebet murmelte. Aragorn trat von Trauer und Wut erfüllt gegen einen herumliegenden Helm, dann fiel er schreiend auf seine Knie.

Wir alle hatten die beiden tollpatschigen Hobbits ins Herz geschlossen. Nun zu wissen das sie nicht mehr unter uns weilten, versetzte uns alle in tiefe Trauer. Die beiden waren immerhin so unschuldig, hatten sich dennoch mutig auf eine Reise begeben deren Ausmaß sie nicht einmal gekannt hatten und sie vier hatten als ihre Beschützer versagt? Hatten zugelassen das sie von grausamen Orks kaltblütig entführt und dann von diesen ermordet worden waren.

Ich hatte den Blick zu Boden gesenkt, in Schweigen gehüllt. Erst eine ganze Weile später ließ mich plötzlich Aragorns Gemurmel Aufsehen. Verwirrt runzelte ich die Stirn über den Menschen, als ich sah, wie er über den Boden kroch, seinen Blick dabei fest auf das zertrampelte Gras gerichtet, als würde er irgendwas sehen, dass nur er sah. Da ich vermutete er hatte vielleicht doch noch irgendeine Spur gefunden, schärfte ich für wenige Sekunden meine Sinne – ließ es jedoch sofort wieder bleiben. Mein Auge brannte durch den Rauch, der Gestank der verkohlten Leichen war so schlimm, dass mir beinahe schlecht wurde und das unaufhörliche Rascheln der Baumkronen der Fangornwaldbäume ließ mich kaum etwas anderes hören.

„Sie sind hier lang gekrochen und konnten ihre Fesseln lösen!" Sagte Aragorn und richtete sich wieder auf. Schnell tauschten Legolas und ich einen kurzen Blick, dann liefen wir mit großen Schritten auf den von neuer Euphorie ergriffenen Waldläufer zu. Auch Gimlis schwere Schritte folgten uns, bis wir drei schließlich neben Aragorn zum Stehen kamen.

„Hier entlang sind sie weiter gekrochen und dann ..." Aragorn hob langsam seinen Blick und blieb stehen. Beinahe synchron taten wir andere dasselbe und starrten in den dunklen Wald vor uns.

„Der Fangornwald." Kam es mir ehrfürchtig über die Lippen und sofort erinnerte ich mich an all die Legenden, Geschichten und Mythen, die es rund um diesen Wald gab. Bei einem waren sich jedoch alle Geschichten einig – dieser Wald war von Grund auf verflucht. Und tatsächlich musste sogar ich zugeben das ich ihn bisher mein Leben lang gemieden hatte.

„Das ist wahnsinnig!" Stieß Gimli aus. Ausnahmsweise gab ich dem Zwerg recht. Wie sollten ausgerechnet diese beiden Hobbits es schaffen durch den verfluchten Wald zu gelangen? Und vor allem, dabei heil wieder herauszukommen?

„Na los ..." Sagte Aragorn, dann trat er auch schon voller Entschlossenheit auf den dunklen Wald zu. Legolas folgte ihm beinahe sofort, weswegen auch ich keine Sekunde mehr zögerte und den beiden in den Wald folgte. Gimli hinter mir stöhnte genervt, dann joggte auch er uns nach.

~

Wie lange wir uns schon im Wald befanden, wusste ich nicht. Das grüne Blätterdach war hier so dicht, dass kein Lichtstrahl uns verriet, ob es über uns nun Tag oder Nacht war. Die Luft war ein bisschen stickig, doch es duftete angenehm nach Holz, feuchter Erde und frischem Moos. Beunruhigend jedoch fand ich das kein einziger Vogel in diesem Wald sang und ich auch sonst keinerlei Tiere hören, riechen oder sehen konnte. Mir fielen nicht einmal Insekten auf dem Waldboden auf!

Laut knarzten die dicken Äste der uralten Bäume um uns herum, doch während Legolas, Aragorn und ich uns schnell an dieses Geräusch von Mutter Natur gewöhnt hatten, zuckte Gimli jedes Mal erschrocken zusammen und festigte den Griff um seine Axt – woraufhin das Knarzen meiner Meinung mit jedem Mal lauter wurde. Oder aber ich bildete mir das nur ein.

„Das sind die Bäume ..." Sagte jedoch Legolas nun und bestätigte damit indirekt meine Vermutung. Sie reagierten auf das Heben von Gimlis Axt. „Sie unterhalten sich untereinander." Beendete der Elb seinen Satz und in seiner Stimme lang eine unverkennbare Begeisterung.

„Zügle deine Axt Gimli." Zischte Aragorn. Auch der Waldläufer hatte die Bedeutung von Legolas Worten verstanden. Grummelnd tat der Zwerg wie ihm geheißen. Im selben Moment trübte plötzlich ein ekelerregender Gestank den Duft der feuchten Erde unter meinen Füßen. Leicht runzelte ich die Stirn, beschleunigte meine Schritte etwas und lief nun somit vor den drei Männern. Ich konnte ihre wachsamen Blicke in meinem Rücken beinahe brennen spüren, bis ich leicht die Hand hob und ihnen damit verdeutlichte stehen zu bleiben.

„Riecht ihr das?" Wollte ich von ihnen wissen, wobei ich leicht über meine Schulter zu ihnen zurückblickte, doch die drei schüttelten einstimmig den Kopf. Mit gerunzelter Stirn lief ich ein paar Schritte weiter und herum um den nächsten Baum, dabei konnte ich hören, wie sie mir zögerlich alle drei folgten. Mein Auge starr auf den Boden vor mir gerichtet, blieb ich angeekelt stehen kaum entdeckte ich den breiartigen grauen Matsch vor mir auf dem Boden. Ein rotes Auge glotzte halb zerquetscht zu mir auf – ließ mich damit sofort darauf schließen, dass dies hier ein völlig zermatschter Ork war. Sein fürchterlicher Gestank verpestete dabei den Wald.

„Was in der Valar Namen hat die Kraft so etwas zu tun?" Wollte Aragorn erstaunt und ungläubig wissen, der sich vor diesen widerlichen Matsch gekniet hatte und ihn kritisch betrachtete.

„Ich sage doch – verflucht dieser Wald!" Brummte Gimli.

„Spürst du das?" Zog stattdessen das Flüstern von Legolas meine Aufmerksamkeit auf sich. Leicht runzelte ich die Stirn und lauschte in die Stille ... dann spürte auch ich es.

„Was meinst du nín mellon?" Fragte Aragorn leise.

„Der weiße Zauberer, er kommt." Antwortete Legolas ihm besorgt und zückte schon seinen Bogen. Schnell riss ich meine Wurfmesser aus ihren Halterungen, Aragorn zog sein Schwert und Gimli hob entschlossen seine Axt, zog jedoch gleichzeitig eine kleinere Wurfaxt.

„Wir dürfen ihn nicht sprechen lassen, sonst blendet uns sein Zauber." Warnte ich meine Freunde. „Wir müssen rasch sein." Sagte Aragorn.

„Eins ..." Zählte der Mensch. „Zwei ..." Fügte Legolas hinzu, der seine Bogensehne schon gespannt hatte. „Drei." Rief ich, wirbelte herum, warf dann blind von dem strahlenden weißen Licht meine Wurfmesser und kniff mein Auge zu. Legolas Pfeil zerbrach in der Mitte, meine Messer flogen zurück und schlugen dumpf vor mir in den Waldboden ein. Gimlis Wurfaxt zerbrach, seine andere ließ er zeitgleich wie Aragorn sein Schwert zischend fallen. Beide Schwerter glühten rot und ließen damit darauf schließen, dass sie unaussprechlich heiß waren.

„Ihr seid auf der Suche zweier Hobbits ..." Erklang die Stimme des Zauberers und ich kam nicht drum herum das sie mir besorgniserregend vertraut vorkam. Meine Gedanken überschlugen sich, dennoch konnte ich mich nicht daran erinnern Saruman dem weißen jemals zuvor begegnet zu sein ...

„Zeig dich!" Brüllte Aragorn dem weißen Licht auffordernd entgegen, während auch der Mensch noch seine Augen mit dem Arm vor dem blendenden Licht schützte. Langsam erlosch das weiße Strahlen und vor uns kam ein Mann zum Vorschein. Der lange weiße Bart führte direkt hinauf zu dem Gesicht von ...

„Gandalf?!"

Wolfsmädchen || LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt