Legolas:
Das mein Vater mir unmissverständlich, die Aufgabe gegeben hatte den Babysitter für die Hautwechslerin zu spielen, nervte mich tierisch. Ich hätte so viel Sinnvolleres machen können, jedoch war es als Prinz auch irgendwie meine Aufgabe mich um Gäste zu kümmern. Vor allem wenn es mächtige Gäste waren, aus einem alten, fast ausgestorbenen Volk. Sie hieß Míriel, der elbische Name für Juwel-Mädchen, jedoch war mir noch unklar wieso eine Gestaltwandlerin einen elbischen Namen trug. Andererseits waren unsere beiden Völker in früheren Zeiten enge Verbündete gewesen, vielleicht deswegen?
„Wollt ihr Löcher in die Luft starren oder können wir gehen?" Wollte ihre freche Stimme wissen, mit dieser sie mich aus den Gedanken riss. „Ich lasse das Kleid auf eure Gemächer bringen." Rief ihr die Schneiderin, Hillira aufgeregt nach. Dann richteten sich die braunen Augen der älteren Halbelbe auf mich und sie grinste leicht.
„He ea íd bân..." Sagte sie schmunzelnd. Irritiert runzelte ich die Stirn und blickte zu Míriel, das Grinsen auf ihren vollen Lippen verriet mir sofort, dass sie elbisch sprach und jedes Wort von Hillira verstanden hatte. „Yo ya íd raen." Sprach sie Hillira an, die verdutzt schaute und dann verlegen kichernd wieder bei ihren Stoffen verschwand. Perplex schüttelte ich den Kopf, dann blickte ich zu der Hautwechslerin.
Ihre stechend gelben Augen lagen schon wartend auf mir. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Diese Augenfarbe war so unnatürlich. Außerdem schienen ihre Augen beinahe zu leuchten und bildeten damit einen sehr starken Kontrast zu ihrem Rabenschwarzen Haar und der ziemlich blassen, aber dennoch reinen Haut. Ein wenig erinnerte sie schon an eine Elbe. Wenn man unbeachtet ließ das sie spitzte Eckzähne und dafür keine spitzzulaufenden Ohren hatte.
„Gehen wir jetzt oder nicht?" Wollte sie erneut wissen. Knapp nickte ich so verließ ich neben ihr die Schneiderei. Beschweren konnte sie sich nun wirklich nicht, denn das Leben einer Gefangenen lebte sie keinesfalls – ließ man außer Acht das es ihr nicht erlaubt war den Palast zu verlassen. Aber so war es wahrscheinlich wirklich sicherer für sie, mein Vater fällte diese Entscheidung ja nicht leichtfertig.
„Sperrt ihr mich jetzt wieder in meine Gemächer?" Wollte sie grimmig wissen, als ihr aufzufallen schien, dass wir denselben Weg wie vorhin schon entlangliefen. Kalt nickte ich ihr zu. Um so schneller ich sie los war, umso besser. Heute Nacht müsste ich schon genügend Babysitten.
„Habt ihr eigentlich eure Zunge verschluckt, oder warum könnt ihr nicht mehr sprechen?" Erkundigte sie sich frech, woraufhin ich genervt aufseufzte. „Natürlich nicht. Wo möchte Mylady denn gerne hin?" Ironisch lächelte ich ihr zu, woraufhin sich ihre vollen Lippen zu einem Lächeln verzogen. Sie war circa einen Kopf kleiner als ich, doch das schien sie wenig zu stören. Das Rabenschwarze Haar wellte sich sanft bis hinunter zu ihrer schmalen Taille, um die vorhin noch der schwere Waffengürtel gehangen war, den ich ihr abgenommen hatte. Sie war ziemlich zierlich für eine Kriegerin. Beinahe wirkte sie abgemagert und die Klamotten, die sie trug, waren alt und hatten definitiv schon bessere Zeiten gesehen. Ranzig und voller Löcher, sowie einiger Dreckflecken. Der üble Geruch von schwarzem Orkblut haftete an ihr und vor allem ihrer Kleidung.
„Zu den Zwergen." Sagte sie knapp, was ich mit einem Augen rollen quittierte. War sie so dumm? Oder tat sie nur so?
„Das hat der König verboten." Gab ich ihr meine knappe Antwort dazu, genervt seufzte sie auf. „War ja klar." Grummelte sie wütend, während sie die Arme vor der Brust verschränkte und mir einen eisigen Blick zu warf. Die gelben Augen leuchteten zornig.
Ungewollt wurde es mir wieder klar.
Das war eine Hautwechslerin. Eines der mächtigsten Lebewesen in Mittelerde. Vielleicht sollte ich aufhören sie die ganze Zeit zu provozieren, wer wusste schon wann sie sich verwandelte? Und in was?
Nachdenklich musterte ich ihr Antlitz erneut. Man erzählte sich Beorn verwandelte sich in einen riesigen schwarzen Bären, doch was war ihr zweiter Körper?
„Na los, mir ist sowieso langweilig, spuckt eure Fragen aus." Meinte sie gelassen, während wir weiter durch die vielen Gänge liefen. Leicht zog ich die Brauen zusammen. „Welche Fragen?" Versuchte ich mich auf dumm zu stellen, doch sie wirkte nur noch amüsierter. „Ich sehe das Fragezeichen über eurem Kopf schweben. Also, fragt schon. Ob ich antworte, ist ja immer noch etwas anderes." Erklärte sie gelassen und zuckte die Schultern. Einen kurzen Moment zögerte ich noch.
Doch wann hatte ich mal wieder die Chance zu einem Gespräch mit einer Hautwechslerin? Wahrscheinlich nie. Denn ich zweifelte daran das mein Vater die Zwerge frei ließ. Und dann war ich der festen Überzeugung würde sie jeden Tag etliche Fluchtversuche starten.
„In was verwandelt ihr euch?" Stellte ich meine erste Frage und bemühte mich meine Stimme so monoton wie möglich klingen zu lassen. Sie musste ja nicht wissen, dass ich unfassbar neugierig darauf war alles zu erfahren.
„Soll ich es euch zeigen?" Amüsiert hob sie eine Augenbraue, woraufhin ich sofort den Kopf schüttelte. Augenrollend seufzte sie. „Langweilig." Hörte ich sie leise murmeln. „In einen Wolf." Antwortete sie dann dennoch und ich nickte verstehend.
„Könnt ihr selbst entscheiden, wann ihr euch verwandelt?" Fragte ich meine nächste Frage. Leicht neigte sie den Kopf nach links und rechts. „Wenn wir noch jung sind, können wir es nicht. Dann ist das Verwandeln aber auch mit sehr großen Schmerzen verbunden. Aber mit der Zeit bekommt man das in den Griff." Antwortete sie ehrlich.
„Habt ihr es im Griff?" Hinterfragte ich skeptisch, woraufhin sie einmal überzeugend nickte. Leicht atmete ich auf. Wenigstens das.
„Wie alt seid ihr?"
Gespielt empört sah sie mich an, aber ich konnte den Schalk in ihren gelben Augen sehen. „So etwas fragt man eine Lady doch nicht! Weiß das Prinzlein das nicht?" Hinterfragte sie neckend, dann blieb sie stehend und griff nach der silbernen Klinke ihrer Tür.
„Also wenn ihr mich nicht begleitet, endet die Fragerunde hier." Meinte sie. Neutral trat ich einen Schritt zurück. Natürlich, ich war neugierig. Aber so neugierig nun auch wieder nicht.
„Schade, naja. Man sieht sich heute Nacht." Gelassen zuckte sie die Schultern, dann verschwand sie hinter der dunklen Holztür in ihren Gemächern. Einige Momente starrte ich noch schweigend auf die Stelle, an der sie eben gestanden hatte, dann schüttelte ich perplex – über mich selbst – den Kopf, machte auf dem Absatz kehrt und lief davon. Den Wachen, die den Gang bewachten nickte, ich nur knapp zu bevor ich mich auf zu meinen Gemächern machte.
Ich musste mich für ein Fest vorbereiten. Ein Fest auf dem ich Babysitten durfte.
„He ea íd bân – Sie ist sehr hübsch" „Yo ya íd raen – Und ihr sehr freundlich"
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Wolfsmädchen || Legolas
FanfictionDie junge Míriel ist eine der zwei letzten Hautwechsler in ganz Mittelerde. Aus Angst hält sie sich etliche Jahre in Mittelerde versteckt und zieht keine Aufmerksamkeit auf sich, doch als ihr alter Freund Gandalf plötzlich vor ihr steht und sie um e...