58. Rohan

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Míriel pov.

„Was treiben ein Mensch, ein Zwerg und zwei Elben hier in der Riddermark?" Fragte uns einer der Reiter, mit einem hörbar drohenden Unterton.

„Sprecht rasch!" Fügte er hinzu, als im ersten Moment keiner von uns eine Antwort gab. Gimli neben mir blickte auf, dann war er schließlich der erste der die Stimme erhob: „Nennt mir Euren Namen Pferdeherr, dann werde ich euch meinen nennen." Forderte der Zwerg. Aragorn hörte ich leise aufseufzen. Der sogenannte Pferdeherr jedoch stieg mit wütender Miene von seinem dunkelgrauen Hengst ab und trat auf uns zu. Sein Gesichtsausdruck spiegelte deutlich wider, wie wütend er war.

„Ich würde euch den Kopf abschlagen, Zwerg! Wenn er nur etwas höher über dem Erdboden ragen würde." Spuckte er Gimli zornig ins Gesicht. Der Zwerg warf ihm einen definitiv unzufriedenen Blick zu, Aragorn jedoch reagierte schnell genug und legte dem Zwerg beruhigend eine Hand auf die Schulter. Legolas neben mir jedoch, hatte Pfeil und Bogen so schnell gezogen, dass ich es in dieser Zeit nicht einmal geschafft hätte zu blinzeln. Erschrocken starrte ich den Elben an, der mit drohendem Blick den Pferdeherrn fixiert hatte.

„Ihr würdet sterben, ehe ihr zum Streich ausholtet!" Versprach er dem Pferdeherrn. Die Erkenntnis das Legolas und Gimli sich nun doch noch gut leiden gelernt hatten, ließ mich einen Moment schmunzeln. Dann konzentrierte ich mich wieder auf das wichtige, denn nun hatte jeder der Reiter um uns herum seine Speerspitze auf Legolas' Gesicht gerichtet. Ohne nachzudenken, riss auch ich meine Waffen in die Höhe – einen kurzen Augenblick überlegte ich sogar mich zu verwandeln, um Legolas verteidigen zu können. Doch Aragorns mahnender Blick hielt mich für den Moment noch davon ab.

Kräftig pochte mir das Herz von innen gegen den Brustkorb, denn sie waren deutlich in der Überzahl und die Angst sie würden Legolas etwas antun, wuchs mit jedem weiteren Atemzug immer mehr und schnürte mir beinahe die Luft ab – oder zumindest fühlte es sich so an.

Aragorn war es schließlich der die Lage entschärfte, in dem er gleichzeitig Legolas' und meine Arme nach unten drückte. Somit richtete der Streicher unsere Waffen Wirkungslos gegen den Boden.

„Ich bin Aragorn. Arathorns Sohn." Stellte er sich schließlich doch vor. „Das ist Gimli, Gloins Sohn." Stellte er auch den Zwerg vor. Dann fiel sein Blick auf mich und Legolas, noch immer hielten wir beide unsere Waffen zum Kampf bereit in den Händen, jedoch gen Boden gerichtet.

„Und das ist Legolas aus dem Waldlandreich und seine Gefährtin Lady Míriel." Sagte er.

„Wir sind Freunde Rohans und Theodens, Eures Königs." Fügte Aragorn noch hinzu. „Theoden vermag nicht länger Freund von Feind zu unterscheiden." War die Antwort, die uns der Pferdeherr gab, Bedauern schwang nun in seiner Stimme mit. In demselben Augenblick, in dem er sich den Helm vom Kopf zog, verschwanden auch die Speerspitzen alle und wir wurden nicht mehr bedroht.

„Selbst seine Sippe erkennt er nicht." Sagte der Pferdeherr. Dessen Namen wir wohlgemerkt noch immer nicht wussten!

„Saruman hat den Geist des Königs vergiftet und fordert die Herrschaft über dieses Land." Erzählte er uns, seine braunen Augen spiegelten deutlich sein Bedauern über diesen Zustand wider. Doch auch Wut konnte ich deutlich in ihnen erkennen. Verständlicherweise, denn mit seinem Wechsel zur bösen Seite brachte Saruman unendliche Schrecken über dieses Land und wie es sich anhörte, war gerade Rohan bisher besonders von diesen betroffen. Aragorn, Legolas und ich wechselten für einen Moment fassungslose Blicke, dann redete der Pferdeherr weiter und unsere Aufmerksamkeit galt erneut ihm.

„Meine Scharr besteht aus jenen die treu zu Rohan stehen. Und dafür ..." Er senkte einen Atemzug lang den Blick. „... wurden wir verbannt!" Beendete er grimmig.

„Der weiße Zauberer ist listenreich, er erscheint hier und dort. Heißt es. Als alter Mann in Kapuze und Mantel. Und überall schlüpfen seine Spitzel durch unsere Netze."

Das er bei seinen Worten vor allem Legolas und mich zornig anstarrte, entging keinem von uns. Der Körper des Elben spannte sich schon wieder merklich neben mir an, als es wieder Aragorn war, der mit seinen Worten versuchte die Lage entschärfen zu können.

„Wir sind keine Spitzel!" Versicherte er eindringlicher als eben noch. „Wir verfolgen eine Gruppe Uruk-hai westwärts über die Ebene. Sie haben zwei unserer Freunde gefangen genommen." Weite er den Pferdeherr in unseren Plan ein. „Die Uruks sind vernichtet. Wir erschlugen alle in der Nacht." War die Antwort darauf. Ich merkte, wie mein Herz einen Schlag aussetzte. Waren Mery und Pippin vielleicht doch? Nein, oder? Warum sollten die Uruks sie jetzt doch schon getötet haben? Und wann war Aragorn eigentlich auf die Idee gekommen diese übergroßen Orks Uruks zu nennen?

„Aber da waren zwei Hobbits! Habt Ihr unter Ihnen zwei Hobbits gesehen?" Fragte Gimli aufgebracht. „Sie wären klein gewesen! Nur Kinder in Euren Augen." Mischte sich auch Aragorn aufgebracht ein. Währenddessen blickte ich besorgt in die Richtung, aus der die Reiter gekommen waren. Jetzt war die dunkle Rauchwolke, die am Horizont aufstieg, nicht mehr zu übersehen. Aber das konnte doch nicht wirklich bedeuten das diese chaotischen, humorvollen kleinen Hobbits tot waren? Es durfte einfach nicht wahr sein!

„Wir ließen keinen am Leben." Sagte der Pferdeherr und ich merkte, wie sich mein Herz schmerzvoll zusammenzog. Legolas Hand schloss sich liebevoll um meine, doch in diesem Moment konnte mir nicht einmal das Trost spenden. Wir alle hatten unaussprechlich versagt! Die Gemeinschaft hatte versagt!

Vier Mitglieder waren tot. Vier weitere standen mitten im Nirgendwo Rohans und ausgerechnet der Ringträger und sein Gärtner liefen alleine nach Mordor!

„Die Kadaver legten wir alle auf einen Haufen und verbrannten sie." Sagte der Pferdeherr und auch die Blicke von Gimli, Aragorn und Legolas richteten sich nun auf die Rauchwolke am Himmel.

„Sie sind tot." Gimli. Der rothaarige Zwerg klang wie in einer Trance, als konnte auch er es einfach nicht glauben.

„Es tut mir leid." Sagte der Pferdeherr. Dann pfiff er plötzlich einmal.

„Hasufel, Arod." Rief er und aus den Reihen seiner Männer schritten ein prächtiger Fuchswallach und ein schnaubender Schimmelhengst auf uns zu. Legolas strich dem hübschen Schimmel begrüßend über die weichen Nüstern, als er vor uns beiden zum Stehen kam. „Mögen diese beiden Euch mehr Glück bringen als Ihre letzten Herren." Sagte der Pferdeherr an Aragorn gewandt.

„Nehmt Sie im Namen Eomers als Geschenk an." Sagte er noch, womit er uns nun auch endlich seinen Namen verriet. „Lebt wohl." Sprach er keine Sekunde später aus, dann setzte er seinen Helm wieder auf und schwang sich in den braunen Ledersattel seines grauen Hengstes.

„Sucht nach Euren Freunden. Aber macht Euch keine zu große Hoffnung." Waren seine letzten Worte an uns, dann trieb er seinem stattlichen Pferd die Hacken in die Flanken und ließ diesen im wilden Galopp los reiten. Seine Männer folgten ihm augenblicklich.

Zwischen uns verbliebenden vier herrschte noch einen langen Moment Stille, dann drehte Aragorn sich plötzlich mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck um.

„Na los. Wir suchen sie." Entschied er mit überraschend fester Stimme. Ehe ich mich versah, hatte der dunkelhaarige sich auf den Fuchs geschwungen, der auf den Namen Hasufel hörte. Dann zog er auch schon Gimli hinter sich, was der Zwerg mit einem Unverständlichen grummeln kommentierte. Legolas reagierte ebenfalls sofort und schwang sich in den Sattel des Schimmels. Auffordernd hielt der Elb mir seine Hand entgegen, dabei hatten seine Füße noch nicht einmal Platz in den Steigbügeln gefunden.

„Na toll ..." Murmelte ich leise und ergriff seine Hand. Schon wieder zu reiten war nicht mein Plan gewesen, aber so würden wir am schnellsten vorankommen. Denn wer wusste schon welches der beiden Pferde komplett ruhig blieb, wenn ich auf einmal als schwarzer Wolf neben ihnen herrannte? Nein, diese Strategie war einfach zu risikoreich. Und so schlang ich nun meine Arme um Legolas Taille und lehnte meinen pochenden Kopf gegen den Rücken des Elben.

Diese ganzen neuen Informationen bescherten mir unbarmherzige Kopfschmerzen. Die Sorge um die Hobbits ließ mein Herz beinahe stillstehen, aber Aragorn hatte recht das wusste ich. Wir mussten sie suchen, vielleicht bestand ja wirklich noch Hoffnung. Ich hatte immerhin schon oft genug selbst erfahren müssen, wie taff diese kleinen unscheinbaren, friedvollen Hobbits aus dem Auenland waren.

Als Bilbo mir wieder in den Sinn kam – musste ich sogar leicht lächeln.

Wolfsmädchen || LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt