55. Tiefe Trauer

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Legolas pov.

Bei all der Trauer um Gandalf und gleichzeitigen Glück darüber Míriel wieder zu sehen, war mir etwas völlig entfallen. Etwas von dem ich gewusst hatte wie viel es Míriel bedeutete. In meiner eigenen Trauer und Verzweiflung war ich gefangen gewesen, während wir uns durch Moria gekämpft hatten. Da hatte ich den Tod Balins gar nicht richtig realisiert. Und das obwohl ich zugeben musste der alte Zwerg mit dem Schneeweißen Bart war immer noch einer der erträglichsten seiner Sorte gewesen. Ich hatte ihn genauer kennen gelernt als wir am Anfang unserer Beziehung zusammen mit Aragorn den kleinen Hobbit Bilbo besucht hatten, Balin und sein Bruder Dwalin hatten plötzlich vor uns in der kleinen Hobbithöhle gesessen und es war zu einer Unterhaltung über ihre Reise nach Moria gekommen ... Das Míriel ausgerechnet jetzt von Gimli, der mit uns im Boot saß, erfuhr das Balin und ein weiterer von Míriels Zwergenfreunden, der Nori gehießen hatte, tot waren, war das letzte was ich gewollt hatte.

Die dunkelhaarige Hautwechslerin konnte nur schwer ihr Schluchzen unterdrücken, der tiefe Schmerz stand ihr ins Gesicht geschrieben während sie versuchte Gimlis Worte irgendwie zu realisieren. Ich wusste sie war unaussprechlich wütend darüber das ich nichts gesagt hatte, doch bisher hinderte sie ihre tiefe Trauer daran ihrer Wut auf mich freien Lauf zu lassen.

Nur zögernd griff ich nach ihren zitternden Händen und drückte diese einmal aufmunternd, doch sie sah mich deswegen trotzdem nicht an.

„Was ist mit Dwalin?" Wollte sie schniefend von Gimli wissen. Der Sohn Gloins sah sie ehrlich überrascht an. Er wusste zwar um die Geschichten über Míriel und ihre Reise mit dem berühmten Thorin Eichenschild und seinen Männern, unter denen auch Gimlis Vater gereist war, doch er hatte wohl nicht erwartet das der Verlust der Zwerge Míriel in so tiefe Trauer versetzten würde. Er hatte nicht erwartet das Zwerge einer Elbe und Hautwechslerin so viel bedeuteten. Sonst hätte er es niemals so nebenbei erwähnt, da war ich mir überraschenderweise ziemlich sicher. Doch Míriel hatte es hart getroffen, ich wusste es. Diese Zwerge waren für sie immerhin Familie. Die erste richtige die sie in ihrem langen Leben jemals gehabt hatte.

„Ich gehe davon aus er fiel mit seinem Bruder." Nuschelte Gimli bedrückt. Míriels Schluchzen ließ mein Herz bluten.

„Mögen sie in Frieden ruhen. Mit Fili. Und Kili." Weinte sie unverständlich, ihr gelbes Auge dabei hoch in den wolkenlosen Himmel gerichtet, während ihr noch immer breite, im Sonnenlicht unschuldig funkelnde Tränen über die Wangen liefen.

Mit klopfendem Herzen überwand ich mich schließlich und zog sie in meine Arme.

„Es tut mir so leid." Flüsterte ich leise, während ich beruhigend ihr dunkles Haar streichelte und ihr auf eben jenes einen Kuss hauchte. Schniefend klammerte Míriel sich an mir fest.

~

Überraschend ruhig hatten wir den ersten Tag unserer Reise über den Fluss hinter uns gebracht. Aragorn hatte, wegen einer mir unbekannten Warnung Galadriels, entschieden nur eine kurze Rast zu machen. Kaum waren die ersten Sonnenstrahlen erschienen, waren wir weitergereist.

Nun gegen Mittag stand die Sonne hoch am Himmel. Unnachgiebig wurden wir beim Paddeln geblendet, genossen dennoch die wunderschöne Aussicht die sich uns links und rechts bot. Besonders die eben passierten, riesigen Staturen von Aragorns Vorfahren, die Argonath genannt hatten die gesamte Gemeinschaft in Staunen versetzt, mal abgesehen von Míriel. Denn erstens beteuerte diese die Staturen schon hundert Mal gesehen zu haben, zweitens trauerte sie noch immer um die verstorbenen Zwerge Morias.

So sehr das Wissen auch schmerzte, ich wusste das auch ich ihr in diesem Moment, diesen Schmerz über den Verlust wahrer Familienmitglieder nicht nehmen konnte. Denn Míriel hatte all diese dreizehn Zwerge geliebt. Geliebt wie eine Familie und ich wusste aus eigener Erfahrung das sie ihr wohl ein Leben lang fehlen würden, es nur mit der Zeit einfacher werden würde mit dem Schmerz ihres Verlustes umzugehen ...

„Hey Elb!" Wurde ich grob von Gimli aus meinen Gedanken gerissen. Mit zusammengezogenen Augenbrauen sah ich auf. „Aragorn hat einer Pause zugestimmt." Brummte der Zwerg. Verwirrt sah ich mich um, musste jedoch feststellen das Aragorn und Boromir ihre Boote tatsächlich schon Richtung Ufer steuerten, ich es nur nicht bemerkt hatte, weil ich so tief in meinen Gedanken versunken gewesen war.

Jetzt jedoch tat ich es den beiden Menschen Kommentarlos gleich. Nah genug am Kiess Ufer angekommen, sprang ich aus dem Boot in das etwa Knöcheltiefe seichte Wasser und zog mit Gimlis Hilfe das Boot weit genug an Land. Wortlos stieg auch Míriel aus dem Boot. Die dunkelhaarige Hautwechslerin machte schon Anstalten einige Schritte weit im Wald zu verschwinden, da bat Aragorn sie plötzlich zu sich. Neugierig runzelte ich die Stirn und sah ihr nach, entschied mich jedoch letztendlich dazu dem Gespräch der beiden nicht zu lauschen. Wohlwissend das Míriel mir sowieso erzählen würde, was Aragorn sagen würde.

Geheimnisse gab es in unserer Beziehung eben nicht.

Ich stand neben Sam, der gerade versuchte ein Feuer zum Kochen zu entzünden, als Míriel sich wieder von Aragorn entfernte. Fragend blickte ich zu ihr, was die Halbelbe zu spüren schien und mir mit einem kleinen Nicken bedeutete ihr zu folgen. Schnell war ich bei ihr und begleitete sie einige weitere Schritte weg vom Rest der Gemeinschaft.

„Aragorn will das ich den Wald ein wenig auskundschafte, er fürchtet eine nahende Bedrohung." Sagte sie leise, so leise, dass ich sie ohne meine guten Elbenohren sicher nicht verstanden hätte. Aber wir waren uns wohl beide einig das es besser so war, denn den Res der Gemeinschaft jetzt noch zu verunsichern wäre absolut unbrauchbar. Vor allem, bei den eigentlich Kampf unerfahrenen Hobbits, die ihren Mut in Moria schon mehr als einmal hatten beweisen müssen.

„Sei vorsichtig." Flüsterte ich der dunkelhaarigen widerwillig zu, die mir ein liebevolles Lächeln schenkte und mir einen kurzen Kuss auf die Lippen hauchte. Seufzend erwiderte ich diesen, die Sorge in mir blieb. Wenn diese Gefahr denn für Aragorn wirklich so präsent war, wieso dann Míriel alleine in den Wald schicken? Der Gefahr entgegen? Doch ich wusste, Míriel nun von meiner Sorge zu berichten würde nichts bringen, die Elbe würde es verstehen und dennoch für unnötig erachten – wo sie doch so gern bewies das sie selbstständig war. Sie konnte sich allein verteidigen. Und das wusste ich eigentlich auch ...

Dennoch schluckte ich, als ich sah, wie sie die Augen schloss. Das Geräusch in ihrem Körper brechender Knochen ertönte und ehe ich mich versah, stand die zierliche schwarze Wölfin vor mir. Ihr verbliebenes Auge strahlte umso mehr und sie wedelte fröhlich mit dem Schwanz, als sie mit trabenden Schritten im Wald verschwand.

Natürlich hatte ihr, ihr zweiter Körper gefehlt. Wie sollte es auch anders sein?

„Wie funktioniert diese ganze Verwandlungssache eigentlich?" Fragte Merry hinter mir interessiert. „Ich meine, ist es ein Fluch oder so?" Fügte er hinzu. Kopfschüttelnd drehte ich mich um, wobei ich wartete bis Míriel vollkommen aus meinem Blickfeld in dem dichten Gestrüpp des Waldes verschwunden war.

„Es ist ein Teil von ihr. Ein zweiter Körper. Hautwechsler werden schon so geboren." Erklärte ich es den vier neugierigen Hobbits, wobei mir auch der verachtende Blick Boromirs nicht entging. Doch zu seinem eigenen Glück schwieg der Mann Gondors, während Sam fröhlich trällerte seine Suppe sei fertig und uns alle aufforderte essen zu kommen.



Wolfsmädchen || LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt