27. Nichts zu verzeihen...

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Míriel pov.

„Balin!" Rief ich erfreut aus, stoppte abrupt und verhinderte, so dass ich den mit Blut bespritzen Zwerg über den Haufen rannte. „Du bist hier!" Rief dieser ungläubig aus, schwang seine Axt und spaltete einen der Orks vom Kopf bis zum Bauchnabel. Dann weiteten sich seine liebevollen Augen entsetzt als er mein Gesicht erblickte, von dessen Schnitt noch immer das Blut meinen Körper besudelte.

„Passt schon, es wird verheilen." Sagte ich, winkte ab, während ich einen Ork von hinten erstach, einem anderen meine Klinge durch die Schulter trieb und ihm meinen zweiten Dolch schließlich unter dem Kinn in den Kopf jagte – als er sich mit erhobener Waffe zu mir umdrehte. Eilig schob ich seine Leiche von meiner Klinge, dann tötete ich den nächsten. „Hör zu ich werde zu Thorin und den anderen gehen, versprecht ihr mir nur das ihr auf euch aufpasst." Sagte ich ehrlich und musterte den Zwerg noch einmal schnell. Wusste nicht sicher, ob es nicht vielleicht das letzte Mal war das ich ihn lebend sah, doch Balin warf mir auch trotz all dieser Grausamkeit eines seiner liebevollsten Lächeln zu und munterte mich dadurch unbewusst tatsächlich etwas auf.

Gerade als ich weiter wollte fiel mein Blick auf einen stämmigen Zwerg, der brüllend auf einem Schwein ritt und einen Ork nach dem anderen zu Fall brachte. Verwirrt runzelte ich die Stirn, entdeckte jetzt erst das nicht nur Elben, Menschen und Orks hier kämpfen, sondern auch ein Heer von Zwergen hier zu sein schien. Anscheinend hatte Thorin Unterstützung gefordert. Außerdem entdeckte ich in der Ferne Beorn, der brüllend in seiner Bärengestalt durch die Reihen der Orks rannte, ich sah die Adler, die immer wieder im Sturzflug auf das Feld herunterschossen und die Orks mit ihren scharfen Krallen in die Luft rissen und töteten und ich konnte Radagast erkennen, der mit seinem Hasenschlitten vor einem Troll flüchtete.

Die Völker von Mittelerde standen vereint gegen den Feind.

Zufrieden atmete ich aus und rannte los, tötete auf meinem Weg immer wieder weitere Orks, bevor ich mich schließlich verwandelte und so schnell wie noch nie in meinem Leben auf meinen vier Pfoten rannte, den Berg hoch und auf der Suche nach Bilbo und den Zwergen.

Kaum oben angekommen vernahm ich schon die schweren Schritte meiner Feinde, die sich hier oben befanden, außerdem hörte ich in der Ferne dumpf Tauriel die laut nach Kili schrie. Mit dem Gedanken den beiden zuerst zu helfen, legte ich den Kopf in den Nacken und versuchte die Fährte der beiden zu erschnüffeln, doch ein ganz anderer Geruch hielt mich davon ab. Entsetzt weiteten sich meine Augen, wobei ich zugeben musste, dass ich mir nur bei meinem ein Auge noch sicher war, dass es das tat, denn auf dem anderen sah ich seit meiner Verletzung nicht wirklich etwas. Ich merkte, wie mein Herz schneller gegen meinen Brustkorb schlug, denn je weiter ich lief, desto stärker wurde der Geruch des Blutes. Nicht etwa das stinkende Orkblut, nein...

Entsetzt verwandelte ich mich zurück, tapste durch die rote Blutlache auf den toten Zwerg zu und ließ mich zitternd neben Fili auf den eisigen Boden fallen. Ich wusste es war sinnlos, denn ein riesiges Loch klaffte mitten in der Brust des toten Zwerges, dennoch ergriff ich sein Handgelenk und fühlte, ob der Zwerg noch einen Puls hatte.

Ich war von mir selbst überrascht, als ich auf einmal aufschluchzen musste, während ich merkte das der Zwerg keinen Puls mehr hatte.

„Es tut mir so leid." Wisperte ich leise, versuchte die etlichen Tränen von meinen Wangen zu wischen und aufzuhören zu weinen, denn mein verletztes Auge schien mich mit dem Schmerz durch das Weinen noch mehr umbringen zu wollen, wie mein schmerzendes Herz. Ich wusste nicht, wofür ich mich entschuldigte, doch es tat mir leid nicht da gewesen zu sein. Wahrscheinlich war Fili hier oben allein gestorben, in der Kälte. Ohne Familie, ohne Freunde. Getötet von einem stinkenden Ork.

Tief atmete ich durch, beugte mich nach vorn und schloss mit zitternden Fingern Filis Augen, dann erhob ich mich langsam aus der Blutlache des Zwerges, wandte den Blick von seiner Leiche ab und zwang mich weiter zu laufen. Ich musste verhindern das, dasselbe mit Thorin, Kili, Dwalin oder Bilbo passierte.

Denn Freunde beschützte man und die Zwerge... schienen ungläubiger Weise seit Jahrzehnten meine einzigen Freunde zu sein.

Ich rannte schnell weiter, sah mich immer wieder suchend um, doch Bilbo entdeckte ich nirgends. Dafür hörte ich ein Brüllen und die verhasste Stimme von Thorin, der wohl mit Azog zu kämpfen schien. Da ich mich ziemlich nutzlos fühlte, wie ich hier nur suchend entlanglief, fing ich nun vorsichtig an den rauen Stein hochzuklettern, immer neben dem zugefrorenen Wasserfall entlang und nach oben wo Thorin und Azog kämpften.

Ich kam gerade oben an, da bohrte sich Azogs Klinge in Thorins Schulter. Entsetzt riss ich mein gesundes Auge auf, zückte meine beiden Dolche und stürzte ohne Plan nach vorne, auf Azog zu dem ich mit einem Kampfschrei meine beiden Klingen in den Rücken rammte. Brüllend warf der kräftige, einhändige, bleiche Ork seinen Kopf in den Nacken und wirbelte herum, wobei ich den Halt um den Griff meiner beiden Klingen verlor und nun erschrocken unbewaffnet vor ihm stand. Und noch dazu sah ich rechts kaum etwas!

Wütend knurrte ich ihn an, versuchte ihm damit irgendwie zu drohen und dass, obwohl mir von Anfang an klar war, dass dies bei Azog dem Schänder nichts brachte.

Gelangweilt holte der Ork aus, einmal schaffte ich es seiner Klinge auszuweichen, die irgendwie an seinem Handgelenk befestigt war, dort wo ihm die Hand fehlte, die der berühmte Thorin Eichenschild ihm vor Jahren abgeschlagen hatte. Beim zweiten Mal jedoch bohrte sich die silberne Klinge tief in das Fleisch meines Oberschenkels, zwang mich mit einem Schrei in die Knie. Der Ork vor mir lachte, zog die Klinge aus meinem Körper und hob erneut den Arm, bereit dazu mich zu töten – womit auch ich mich in dieser Sekunde abfand und fest die Augen zusammenpresste. Wenigstens hinsehen wollte ich nicht.

Doch als der alles erlösende Schmerz nicht kam, blinzelte ich zögerlich, sah das Thorin sich auf den Ork gestürzt hatte, mir das Leben gerettet hatte, während er das elbische Schwert – das Legolas ihm eigentlich im Wald abgenommen hatte, tief in Azogs Hinterkopf bohrte.

Weit riss ich die Augen auf, starrte ungläubig auf die umkippende Leiche Azogs, aus dessen Kopf Thorin nun die Klinge zog und mit einem zornigen Brüllen wieder und wieder auf den Ork einstach.

„Thorin." Rief ich, nach dem ich einige Sekunden lang wie erstarrt dabei zugesehen hatte, wie Thorin die Klinge immer wieder in den toten Körper des Orks gestochen hatte. Wie in einer Trance hob der Zwerg den Kopf, blickte mich an, als realisierte er erst jetzt das ich hier war und ließ mit einem Mal die Klinge fallen. Keuchend und sich die blutende Schulter halten, wich er von Azogs Leichnam zurück – konnte anscheinend selbst nicht glauben das es vorbei war. Das Azog tot war.

Der Zwerg zog eine dunkelrote Blutspur über das Eis und erst jetzt fiel mehr auf das er ebenfalls eine tiefe Wunde am Oberschenkel hatte. Ein Schweißfilm lag auf der Stirn des Zwerges, ebenso wie auf meiner, während mein Herz noch immer in einem gefährlich hohen Tempo gegen meine Brust donnerte.

„Wir haben es geschafft." Wisperte ich atemlos, lehnte mich kraftlos zurück auf das harte Eis und starrte hoch in den Himmel, sah dabei zu wie die Adler wieder weiterzogen. Etwas das mir zeigte das nicht nur Thorin und ich den Tanz des Todes beendet hatten, der Kampf schien gewonnen zu sein.

„Míriel?" Fragte Thorin und ich hörte wie er langsam über das Eis auf mich zukroch, fragend öffnete ich mein gesundes Auge und starrte hoch in die dunklen des Zwerges, während ich mich langsam wieder aufsetzte.

„Verzeih mir meine Worte, meine Taten, verzeih mir das Misstrauen, das ich gegen dich gehegt habe..." Sagte der Zwergenkönig auf einmal ehrlich. Leicht lächelte ich ihn an, sah eindringlich in seine Augen und legte ihm eine Hand auf die unverletzte Schulter.

„Es gibt nichts zu verzeihen, Thorin."

Sagte ich ehrlich, meinte es genauso wie ich es sagte und blickte Thorin aufrichtig an.

Und dann war es der sture Zwergenkönig höchstpersönlich, der vorsichtig seine Arme um mich legte und mich umarmte. Gerührt erwiderte ich die Umarmung.

„Du warst ein wichtiger Teil dieser Gemeinschaft." Flüsterte er und räusperte sich dann. „Nein, du bist ein wichtiger Teil dieser Gemeinschaft."

Wolfsmädchen || LegolasWo Geschichten leben. Entdecke jetzt