73. Er ist hier!

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Míriel pov.

Um dem Trubel der Feier zu entkommen, hatte ich mich zusammen mit Legolas nach draußen begeben. Nach dem Sieg seines Trinkspieles, meinte er, er bräuchte dringend etwas frische Luft. Eingehüllt in unsere Mäntel aus Lorien standen wir vor der goldenen Halle. Mein Kopf ruhte auf der Schulter des Elben, während er liebevoll einen Arm um meine Taille geschlungen hatte. Unsere Aufmerksamkeit galt in diesem Moment einzig und allein einander und den über uns am schwarzen Nachthimmel silbern funkelnden Sternen. Gemeinsam genossen wir die Stille und den Frieden, die in diesem Moment herrschten.

Jedoch wurde die Stille schon bald von hinter uns erklingenden Schritten durchbrochen. Mal abgesehen davon, dass es gereicht hatte ihn beim Einatmen an seinem Duft zu erkennen, verriet mir auch die Sanftheit seiner Schritte wer sich uns da näherte. Den auch wenn Aragorn ebenfalls ein Mensch war, so war er doch unter Elben und Waldläufern aufgewachsen und der rechtmäßige König Gondors setzte seine Schritte mit solcher Bedacht und Ruhe, dass es sogar mir schwer fiel sie zu vernehmen.

„Aragorn", grüßte ich ihn als er, ebenfalls mit der dunklen Kapuze über dem Kopf, neben uns zum Stehen kam. Im Augenwinkel konnte ich sehen, wie sich seine Lippen zu einem Lächeln verzogen. „Ich hoffe ich störe nicht." Meinte der Mensch leise, woraufhin Legolas mit einem Kopfschütteln antwortete. „Auch du solltest die wenigen Augenblicke der Ruhe genießen." Riet Legolas unserem langjährigen Freund, der daraufhin leicht amüsiert auflachte und begann sich eine Pfeife zu stopfen.

Er zündete sie an und zog einmal daran. Noch während der graue Rauch von seinen Lippen perlte und vor seinem Gesicht in den Nachthimmel emporschwebte, reichte er mir die Pfeife weiter. Es war der Moment in dem ich die Hand danach ausstreckte, als sich plötzlich direkt hinter meiner Stirn ein festes Pochen bemerkbar machte. Leicht verzog ich das Gesicht, löste mich für einen Augenblick von Legolas und massierte mir mit den Fingern die pochende Stelle meiner Stirn.

Doch der unangenehme Druck blieb.

„Was ist los?" Wollte Aragorn besorgt wissen, im selben Moment wie auch Legolas plötzlich kritisch die Augenbrauen zusammenzog.

„Er ist hier." Verließ es beinahe synchron Legolas' und meine Lippen, als wir beide es geschafft hatten das Pochen einem Ursprung zuzuteilen. Nun gab es kein Halten mehr. Wir drei stürmten wieder in Theodores Hallen, doch statt zum Fest begaben wir uns auf direktem Weg in die Gänge zu den Schlafsälen. Aufgeregt und mit klopfenden Herzen stürmten wir in unseren Schlafsaal.

Gimli schnarchte laut, Gandalf murmelte im Schlaf leise vor sich hin, Merry wälzte sich unruhig nach links und rechts ... und Pippin hatte Augen und Mund weit aufgerissen, während seine Hände sich an den Palantir klammerten, denn wir in Isengard gefunden hatten. Die Kugel schien in Flammen zu stehen, zumindest schien es im ersten Moment so. Im zweiten erkannte ich das boshafte Auge unseres Feindes. Meine Augen weiteten sich als Aragorn nach vorn stürmte und den Palantir ergriff. Ein Keuchen entwich dem tapferen Menschen, dann ließen seine Kräfte auch schon wieder nach. Klimpernd rollte der zur Dunkelheit erloschene Palantir über den Steinboden. Gestopft wurde er von Gandalfs grauem Mantel, unter dem er nun erneut verschwand.

Legolas neben mir stürzte zu Boden und beeilte sich damit den geschwächten Aragorn zu stützen, während Gimli aufgeweckt durch den Lärm in seinem Bett hochschreckte. Merry saß müde und erschrocken neben dem zitternden und Kreidebleichen Pippin. Auf diesen stürmte nun auch ein erzürnter Gandalf zu, packte den Hobbit am Kragen und fragte barsch: „Was hast du gesehen Pippin?"

Der kleine Hobbit bebte, seine blauen Augen groß wie Kuchenteller konnten, sich nicht einmal mehr für den Bruchteil einer Sekunde von dem wütenden Gandalf lösen.

„Eine Stadt. Eine weiße Stadt, aber sie hat gebrannt. Und da war ein Baum, er war schon tot ... aber er war weiß." Hauchte der Hobbit schließlich voller Furcht. Ich hatte sofort begriffen das die Rede von Minas Thirit war. Gondors Hauptstadt. Aragorns rechtmäßiger Sitz.

Das Pippin die Stadt in Flammen gesehen hatte, konnte jedoch nur bedeuten das Sauron plante Minas Thirit anzugreifen. Verständlicherweise. Würde er die größte und angeblich mächtigste Stadt des Menschlichen Geschlechts auslösen, würde ein Großteil der Bewohner Mittelerdes jegliche Hoffnung verlieren.

„Was hast du ihm gesagt? Pippin was hast du ihm gesagt." Forderte Gandalf zu wissen.

„Nichts!" Erwiderte Pippin und die ernste Tonlage des Hobbits ließ mich tatsächlich nicht mal an der Wahrheit seiner Worte zweifeln. Gandalf ebenfalls nicht, denn der Zauberer wandte sich nun mit einem tiefen Seufzen wieder von Pippin ab und rieb sich für einen Moment unfassbar erschöpft scheinend über die faltige Stirn.

„Gandalf die weiße Stadt darf nicht fallen!" Rief ich ihm ernst in Erinnerung.

Minas Thirit, selbst unter dem Befehl Denethors musste standhalten.

Als Hoffnung.

Für die Menschen.

Und für alle anderen die in diesem Krieg noch für das Richtige kämpften.

„Ich weiß, Míriel ... ich weiß." Gandalf seufzte erneut schwer auf.

„Gib dem König Bescheid, wir treffen uns sofort im Thronsaal. Es ist wichtig und wir müssen so schnell wir können handeln." Bat er mich, keine Sekunde darauf mit fester Stimme. Gehorchend nickte ich, machte auf dem Absatz kehrt und eilte los.

~

Die verbliebende Gemeinschaft stand nun zusammen mit König Theoden, seinem Neffen Eomer und seinem Befehlshaber Hamma im Thronsaal der goldenen Halle. Gerade berichtete Gandalf, was Pippin anscheinend im Palantir gesehen hatte. Die Stimmung war gedrückt und zum Zerreißen angespannt, Pippin dicht neben mir und Legolas zitterte noch immer heftig. Merry an seiner Seite stützte ihn, doch mit jedem weiteren Wort von Gandalf wurden beide Hobbits nur noch bleicher und in mir keimte tatsächlich die Befürchtung auf, einer von ihnen könnte gleich ohnmächtig werden. Immerhin war eine Auseinandersetzung mit dem bösartigsten Herrscher unserer Zeit nicht ohne, sie hinterließ Spuren. Vor allem bei so einer unschuldig, liebevollen Seele wie der eines Hobbits. Hatten wir doch sogar alle beobachten können, wie sehr schon einem kräftigen Menschen und zukünftigen König wie Aragorn wenige Sekunden in Berührung mit dem Palantir geschadet hatten.

„Gondor muss gewarnt werden!" Widersprach in diesem Moment Aragorn König Theoden, der doch allen Ernstes gefragt hatte, was sein Volk Gondor schuldete? Wäre es nicht so furchtbar unangebracht hätte ich mir am liebsten die Hand gegen die Stirn geklatscht. Menschen waren meistens ein unaussprechlich dämliches Volk. Wie konnten sie nach allem, was geschehen war, immer noch nicht verstehen das kein Volk allein diesen Krieg gewinnen könnte? Wir mussten zusammen kämpfen. Wir alle. Das Beste Beispiel dafür bildete doch schon unsere wild zusammengewürfelte Gemeinschaft des Ringes.

„Was schuldeten die Elben Lothloriens die ihr Leben in Helms Klamm ließen, Rohan?" Wollte ich bissig vom König wissen. Das dieser die Lippen fest zusammenpresste und schwieg, war mir Antwort genug.

„Gondor wird gewarnt werden. Ich reite noch heute mit Pippin los."

Alle Blicke richteten sich schlagartig zurück auf Gandalf. Pippin war nun endgültig weiß. Doch Gandalf beachtete gar keinen von uns, seine blauen Augen waren einzig und allein auf König Theoden gerichtet.

„Haltet euch bereit, wenn Gondor um Hilfe ruft!" Warnte er leise, dann drehte er mit wehendem Umhang um, winkte Pippin mit sich und stürmte mit überraschender Schnelligkeit aus der goldenen Halle und zu den Stallungen. Perplex und überrascht stolperten Aragorn, Gimli, Merry, Pippin, Legolas und ich ihm nach. Draußen empfing uns die frische Kühle des Morgens, ging doch gerade erst die Sonne auf und tauchte das Land der Pferdeherren in ein wärmendes Gelb-orange. Eines das Hoffnung und Wärme spendete, während Gandalf sich auf den Rücken des erwartungsvoll schnaubenden Schattenfall schwang. Aragorn hob sofort Pippin vor den Zauberer.

„Ihr müsst euch bereithalten, Aragorn." Warnte er den rechtmäßigen König, der voller Entschlossenheit nickte und dann vorsichtshalber einen Schritt zurückgab.

„Los Schattenfell. Nun ist all deine Schnelligkeit gefasst!" Rief Gandalf und seine faltige Hand umklammerte die Schneeweiße Mähne, bevor Schattenfell mit einem Satz nach vorn sprang und los galoppierte. Staub und Erde wirbelten auf als die Hufe des prächtigen Hengstes Gandalf und Pippin aus Meduseld trugen, wobei sie uns andere verwirrt und mit hunderten Fragen zurückließen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: 6 days ago ⏰

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