TW: Vor Gewalt, Blut und Mord in den folgenden Kapiteln!
Míriel pov.
Es tat gut, endlich wieder frei zu rennen. Die feuchte Erde unter meinen Pfoten zu spüren und die Düfte der Natur in der Nase zu haben, die Vögel laut zwitschern zu hören, Seen plätschern und den Wind pfeifen. Es tat gut wieder ein Wolf zu sein. Gerade erst war die Sonne wieder aufgegangen, über Nacht hatte ich mir ein sicheres Plätzchen am Ufer des großen Sees gesucht, weit genug weg von den Ruinen Thals, wo nun die Menschen unter gekommen waren zu denen schließlich auch noch mindestens zweitausend Elben aus Thranduils Reich gekommen war. Allen voran der König selbst auf einem majestätischen Hirsch, hinter ihm Pferdekutschen voller Gemüse und Gebäck, mit dem er den Menschen helfen wollte.
Wer es glaubte, das konnte ich mir bei dem eiskalten König einfach nicht vorstellen. Sicher hatte er irgendwas geplant. Aber nun waren dies nicht mehr meine Angelegenheiten. Ich war frei. Frei von Verpflichtungen gegenüber meiner Gemeinschaft, frei dorthin zu gehen, wo ich es wollte. Gandalf hatte mich gebeten die Zwerge bei der Zurückeroberung ihres Berges zu unterstützen. Sie hatten ihren Berg, das alles war nun nicht mehr mein Problem. Und dennoch hatte ich ein furchtbar beklemmendes Gefühl in meiner Brust. So viele Monate hatte ich nun mit diesen tapferen, humorvollen und liebevollen Zwergen verbracht – ich hatte sie wirklich gern gewonnen. Hatte immer wieder darüber hinweggesehen, dass sie mich zurückgelassen hatte, hatte es ihnen nie übelgenommen. Nach all dem war das gestern einfach kein gebührender Abschied. Kein gebührender Abschied von dem aufregendsten Abenteuer meines Lebens.
Bedauern blickte ich zurück zu dem riesigen Berg, allzu weit war ich noch nicht davon weg durch meine ausgiebige Schlafpause – die ich nach all der Zeit dringend gebraucht hatte. Und noch dazu hatte ich mir jetzt lieber mal wieder ein Reh gejagt, anstatt gleich weiter zu laufen, denn das Knurren meines Magens, das schon beinahe schmerzhaft gewesen war, hatte ich nicht länger ignorieren können.
Leicht schüttelte ich meinen großen Wolfskopf. Trauerte ich nun etwa schon den Zwergen nach? Was war nur in den letzten Monaten aus mir geworden? Der einzige, um den ich sonst immer bei einem Abschied trauerte, war Beorn. Und Beorn war die einzige Familie, die ich besaß, er war nicht mit diesen Zwergen zu vergleichen.
Erneut schüttelte ich den Kopf, dann konzentrierte ich mich wieder auf meine erlegte Beute und füllte meinen Magen. Ich sah erst wieder auf, als über mir plötzlich ein Kreischen ertönte. Verwirrt betrachtete ich den Schwarm von Adlern, der durch den Himmel zog, strikt gerade ausflog in Richtung Erebor. Was mich jedoch am meisten verwirrte, war die eine Person die, die Adler in ihren Krallen hielten. Auch wenn sie sehr hoch oben waren, Beorn würde ich überall wieder erkennen. Und saß auf dem anderen Adler Radagast der Braune?
Neugierig richtete ich meine gelben Augen gen Berg, ein ungutes Gefühl überkam mich und ohne meiner erlegten Beute noch einen Blick zuzuwerfen, sprintete ich los. Wieder in die Richtung des Berges, der nun über monatelang mein Ziel gewesen war.
~
Entsetzt blieb ich stehen als die Kampfschreie an mein Ohr drangen. Ich hörte deutlich Klingen aufeinander klirren, ich hörte vor Angst laut schlagende Herzen, schwere Atemzüge, lautes Keuchen, wildes herum stampfen. Der beißende Geruch von Tod und Blut breitete sich in meiner Nase aus, doch da war auch noch etwas anderes.
Orks... schoss es mir durch den Kopf und ich konnte nicht verhindern das ich knurren musste, bevor ich wieder los sprintete und über die brüchige alte Steinbrücke herein in die alten Ruinen von Thal.
Dem ersten Ork biss ich die Kehle auf, einem zweiten kratzte ich quer über das Gesicht bevor ich ihn tötete, dann verwandelte ich mich eilig zurück, zückte meine Waffen und fing an den Tanz des Todes mit ihnen zu tanzen.
„Míriel?" Erklang plötzlich Gandalfs ungläubige Stimme hinter mir und ich drehte mich schwungvoll zu dem grauen Zauberer herum, während ich einem Ork die Kehle aufschlitze und einem zweiten meine Klinge tief ins Herz trieb. „Gandalf!" Stieß ich übertrieben erfreut aus und setzte ein Lächeln auf, während ich dem Schlag eines Orks auswich, seinen zweiten parierte und ihn dann gekonnt tötete. „Was machst du hier?" Wollte er mit gerunzelter Stirn wissen. „Thorin ist besessen und hat mich in seiner Wut raus geschmissen... nach dem ich ihn vielleicht noch ein bisschen provoziert habe." Gestand ich dem Zauber Schulterzuckend, der leicht die Augen verdrehte. „Das er besessen ist habe ich schon mitbekommen." Sagte der alte Zauberer und durchstach einen Ork mit der langen Klinge seines von Elbenhand geschmiedeten Schwertes.
Blut spritze als ich einen weiteren Ork erstach, haftete sich auf meiner Stirn und meiner Wange fest und ließ mich nun fast genauso übel riechen wie die stinkenden Viecher selbst.
„Oder besser gesagt, hatte ich es gemerkt. Jetzt ist er wieder bei Sinnen." Rief Gandalf mir angestrengt über den Kampfeslärm hinweg zu. „Wirklich?" Wollte ich ungläubig wissen, schluckte schwer als ich über etwas stolperte und beim Hinuntersehen sah, das es der Kopf eines Elbes war. Beinahe wurde mir schlecht von dem Anblick der leblosen blauen Augen, des eigentlich unsterblichen Lebewesens.
„Wirklich." Stimmte Gandalf zu und tötete einen weiteren Ork, doch aus den Gassen links und rechts von uns schienen für jeden toten Ork mindestens zehn lebende aufzutauchen. Ich schrie vor Schmerz auf, als einer von ihnen mich mit seiner Klinge erwischte, mir diese einmal quer über die Wange zog. Heißes Blut lief keine Sekunde später aus der frischen Wunde, besudelte mein Gesicht, bevor es kitzelnd über meinen Hals herunterlief und sich in meinen Klamotten verlor. Keuchend taumelte ich zurück, hob blind meine Klinge und parierte den Schlag des Orks, dann sah ich verschwommen wie Gandalf ihn töte.
„Hör mir jetzt genau zu. Er ist mit Kili, Fili und Dwalin zum Berg. Azog ist dort! Aber von Norden aus kommt über diesen Berg ein weiteres Heer, Bilbo ist los, um sie zu warnen." Erzählte Gandalf mir und ich zwang mich trotz der mörderischen Schmerzen aufmerksam zuzuhören, das würde schon wieder heilen. So wie es immer all meine Wunden taten. Doch noch nie davon hatte sich eine davon quer über mein Gesicht gezogen – noch nie waren die Schmerzen vergleichbar mit diesen gewesen.
„Geh ihm nach. Hilf ihm und beschütze ihn so gut du es kannst." Redete Gandalf weiter. „Ich weiß ich verlange dir viel ab, meine Liebe. Aber ich glaube deinen Schutz kann er sehr gut gebrauchen."
„Ich finde ihn, Gandalf. Und wenn das hier vorbei ist, bringe ich ihn zurück in seinen kleinen Garten, mit der runden Höhle." Sagte ich entschlossen, stach einem Ork neben uns meine Klinge mitten ins Gesicht, woraufhin mit einem ekelerregenden Geräusch seine Knochen brachen, dann zog ich diese wieder aus seinem schwarzen Fleisch und rannte los.
Ich hatte Bilbo so sehr ins Herz geschlossen, diesen unschuldigen, kleinen, liebevollen, ordentlichen, vornehmen Hobbit das ich mir schwor ihn lebend aus dieser Schlacht heraus zu bringen.
Und wenn es das letzte war das ich tat.
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Wolfsmädchen || Legolas
FanfictionDie junge Míriel ist eine der zwei letzten Hautwechsler in ganz Mittelerde. Aus Angst hält sie sich etliche Jahre in Mittelerde versteckt und zieht keine Aufmerksamkeit auf sich, doch als ihr alter Freund Gandalf plötzlich vor ihr steht und sie um e...