Amina ~
Es ist die Wahrheit. Das Trikot ist irgendwie das beste Geschenk, das ich je bekommen habe. Vielleicht, weil ich nicht wirklich wusste, dass ich es brauche. Vielleicht, weil Julian sich solche Mühe gemacht hat. Und vielleicht auch ein bisschen, wegen 'Vergiss nicht, wer's dir geschenkt hat.' Sowas hat eben wirklich nur Julian drauf. Das macht das Trikot eigentlich erst so richtig einzigartig.
Ich fühle mich ein bisschen erschlagen, von all meinen Emotionen. Es ist ziemlich anstrengend ständig so viel zu fühlen. Ständig von einer Welle überrollt zu werden. Doch dieses Gefühl des Erschlagen Seins, ist eigentlich ganz schön. Es führt mir vor Augen, was für tolle Menschen ich in meinem Leben habe. Jedes Geschenk, das ich heute bekommen habe, hat mich berührt. Alle auf verschiedene Art und Weise.
Ich sehe mich in meinem Kreis von lieben Menschen um. Lasse meinen Blick von einem zum anderen schweifen. Sie unterhalten sich und lachen miteinander. Ich bin so unglaublich dankbar für diesen Moment, denn ich erkenne, dass sie alle wegen mir hier sind. Ich bedeute ihnen etwas. Sie haben mich als Freundin ausgesucht. Mit all meinen Macken und Marotten. Mit allem, was mich ausmacht. Ich bin okay.
Mittlerweile sind wir zum Teil der Nahrungsaufnahme übergegangen. Julian beschäftigt sich mit dem Grill und wir Mädels stellen die mitgebrachten Salate, Dips, Muffins, Obst etc. auf der großen Decke zurecht und verteilen Teller und Besteck.
Während wir essen, sagt Julian lächelnd zu mir: "Wenn du mal wieder zu mir kommst, sollten wir auch ein Picknick machen. Das ist eigentlich ganz nett." Verwundert schaue ich ihn mit einer gehobenen Augenbraue an.
"Du stehst also nicht nur auf Kerzenschein sondern auch auf Picknick, ja?", sage ich frech. "Ey, was soll denn das?! Ich sag was Nettes und dann bekomme ich sowas zum Dank.", entgegnet Julian entrüstet. "Das gibt gelb und wir gehen nächstes Mal nicht Picknicken.", fügt er bockig hinzu. "Bitte versprich mir, dass du niemals Schiedsrichter wirst. Deine Kartenvergabe ist extrem willkürlich. Ich sehe keinerlei klare Linie. Man könnte meinen es sei persönlich.", sage ich kopfschüttelnd."Los, lass uns dein Spikeball einweihen. Sonst eskaliert das hier wieder und dann sitzt du nachher in dem Fluss.", drängelt Julian. "Ach, als ob ich da allein drin sitzen würde...", grinse ich ihn an, während ich aufstehe. Nachdem wir das Set aufgebaut haben, spielen wir alle gemeinsam ein bisschen. Die Mädels setzen sich jedoch bald schon wieder auf die Decke. Dann wird es erst richtig wild. Julian und ich kämpfen um jeden Ball, hechten über die Wiese und schmettern uns den Ball um die Ohren.
Ich rette gerade noch so einen Ball, bevor er auf der Wiese aufkommt. Dadurch gerate ich ins Straucheln und mache einen Satz über das Trampolin, um nicht drauf zu treten. Dabei verliere ich jedoch die Kontrolle. Julian versucht noch mich aufzufangen, was aber dazu führt, dass er auch ins Straucheln gerät. Dann fallen wir beide. Im Gegensatz zu mir, fällt Julian relativ hart. Er landet nämlich auf der verdörrten Wiese, während ich auf ihm lande.
Für einen Moment liegen wir einfach so da. Mein Kopf auf seiner Brust, mein Bauch auf seinem, meine Beine irgendwo zwischen seinen. Seine Arme auf meinem Rücken, als wöllte er nicht, dass ich gehe. Unsere Herzen und unser Atem rasen. Kein Wunder, wir haben ja gerade auch Sport gemacht.
Als Julian gequält aufstöhnt, schiebe ich mich von ihm herunter. Sein gequälter Gesichtsausdruck bringt mich zum Lachen. Julian reibt sich seine Hüfte und knurrt beleidigt,"Danke hätte es auch getan." Ich wuschele ihm durch die Haare und ziehe ein paar Grashalme hervor. Dann sage ich schmunzelnd: "Danke für die Rettung." Julian setzt sich auf und bringt seine Haare, die ich ja gerade unordentlich gemacht habe, wieder in Ordnung. "Immer wieder gerne. Auch wenn es mich irgendwann mal umbringen wird.", seufzt er dann.
Was für ein Schauspieler. Als , ob er auf dem Spielfeld nicht schon schlimmeres erlitten hat. Wenn da jemand auf ihn fällt, sind es nicht bloß 55 kg sondern 70 kg und mehr. "Ich glaube das war das Zeichen aufzuhören. Ich habe nämlich keine Lust übermorgen beim Training zu erklären, wie ich mir irgendwelche Verletzungen an meinen freien Tagen zugezogen habe.", fügt er hinzu und sieht mich an, als wäre ich schuld. Ich nicke bloß grinsend. Julian rappelt sich auf und erkundigt sich nach einer Toilette. Ich zeige mit einem Arm in eine Richtung, ehe auch ich mich aufrappel und zur Decke gehe.
Ich sitze noch gar nicht auf der Decke, da starren mich bereits drei paar Augen ungläubig an. Innerlich seufze ich schon. Zwar habe ich keine Ahnung, was nun auf mich zukommt, aber es wird etwas auf mich zukommen. So viel steht fest. Nelly ist die erste, aus der es herausplatzt. "Nochmal so für mich... da läuft nichts zwischen euch beiden?", fragt sie skeptisch. Ich lache kurz auf. "Nein. Wir sind Freunde. Punkt." Nelly bleibt beharrlich. "Das eine schließt ja das andere nicht aus, weißt du." Ich weiß überhaupt nicht, was ich sagen soll. "Mag sein, aber da läuft nichts als platonische Freundschaft." Nelly schüttelt nur ungläubig den Kopf. "Ich habe keine Ahnung, wie du das machst. Wie du ihm nicht das T-Shirt vom Leib reißen kannst.", entfährt es Carla. Nun bin ich völlig verdattert. Carla ist eigentlich immer eher die Ruhige und sowas hab ich sie, außer bei Harry Styles, noch nie sagen hören. Ich glaube sie merkt das auch, denn sie wird rot. "Ich meine hast du ihn dir Mal angesehen? Er ist heiß. Hat krass blaue Augen. Hat ein ansteckendes Lachen. Hat Humor. Und als wäre das nicht schon genug, ist er manchmal richtig süß zu dir.", Carla wedelt aufgeregt mit ihren Armen in der Luft. "Betonung liegt auf manchmal. Meistens ist er einfach eine richtige Nervensäge.", sage ich bloß. Irgendwie ist mir das ganze ziemlich unangenehm. "Flo, sag du doch mal, was du denkst.", bittet Nelly sie.
Flo, die bisher nur zugehört hat, schaltet sich nun auch in die Diskussion ein. "Ich glaube, dass das nur ihr beiden wissen könnt und wissen müsst. Ich verstehe aber jetzt zun ersten Mal die Sache mit dem Chamäleon.", Flo schaut mich lächelnd an.
Die Sache mit dem Chamäleon. Eine meiner ganz großen Lebensfragen. Wer bin ich eigentlich? Jahrzehnte lang habe ich mich angepasst, habe versucht nicht aufzufallen, habe versucht immer eine perfekte Rolle zu spielen. Perfekte Tochter, perfekte Freundin, perfekte Partnerin, perfekte Schülerin, perfekte Studentin, perfekte Arbeitnehmerin, perfekter Mitmensch. So sehr, dass ich mich seit nunmehr zwei Jahren gefragt habe, wer ich eigentlich bin. Unabhängig von all den Kontexten. Ich habe mich gefühlt wie ein Chamäleon, dass sich farblich immer an seinen Untergrund anpasst, um nicht aufzufallen.
Das Problem ist, wenn man es zu lange macht, dann verschwimmen die Linien zwischen dem Untergrund und dem Chamäleon selbst. Wo hört der Untergrund auf und wo fängt das Chamäleon an? Ich wusste irgendwann einfach nicht mehr, was meine eigene Farbe ist. Die Farbe, die mir gehört und nicht abhängig vom Untergrund ist. Und dann kam Julian in mein Leben. Plötzlich sehe ich neue Farben an mir. Farben, die ich noch nie getragen habe. Farben, von denen ich nicht wusste, dass ich sie tragen kann. Farben, die ich vergessen hatte. Und irgendwie, bekomme ich immer mehr ein Gefühl, für die Farbe, die mir gehört.
"Die Farbe, die du trägst, wenn du mit Julian bist, ist unheimlich ungewohnt. Ich hab dich so noch nie gesehen. Aber es ist eine verdammt schöne Farbe und sie steht dir richtig gut. Ich wünsche dir einfach, egal was kommt, dass du diese Farbe niemals vergisst." Flo lächelt mich an.
________________________
Hey ihr Lieben,
ich danke euch für all eure Unterstützung. Mittlerweile habt ihr der Geschichte bereits über 1000 Votes gegeben. Für mich ist das echt unglaublich. Niemals hätte ich gedacht, dass sich so viele Menschen dafür interessieren könnten.
Daher bedanke ich mich an dieser Stelle von ganzem Herzen ...
... bei allen, die so fleißig jedes Kapitel lesen. Es berührt mich jedesmal, wenn ich ein Kapitel hochlade und innerhalb weniger Minuten bereits die ersten Reads sehe.
... bei allen, die in den Kapiteln so viele Votes verteilen. Es ist richtig schön, dass manche von euch bereits seit den allerersten Kapiteln mit dabei sind.
... bei allen, die der Geschichte durch ihre Kommentare noch mehr Leben einhauchen. Ich freue mich immer total auf eure Gedanken und eure Wertschätzung. Das ist Balsam für meine Seele. Ganz besonders, danke ich euch, Niall_love16 und SamyM89, für euer beständiges Mitfiebern und Unterstützen.
Noch ein kleiner Teaser zum Ende...
...Wir kommen so langsam in eine entscheidende Phase der Geschichte.Bleibt gespannt ☺️
Eure Bodymindsoul

DU LIEST GERADE
Zwischen zwei Welten // Julian Brandt
FanfictionAmina führt ein ziemlich normales Leben: sie studiert und jobbt nebenbei, um sich über Wasser zu halten. Julian führt kein ziemlich normales Leben. Er ist Fußballprofi beim BVB und lebt den scheinbaren Traum vieler Jungs. Zwei Welten, die sich nie...