Zwischen zwei Welten // Julian Brandt

8

Julian ~

"Ring ... Ring ... Ring"

Ich stöhne und taste verschlafen nach meinem Handy, um den Wecker auszustellen. Automatisch tippen sich meine Finger durch mein Handy bis in den Facebook Messenger und aktualisieren meine Nachrichten.

Noch. Immer. Nix.

Es ist nun schon eine Woche vergangen, seitdem ich Amina die Nachricht geschrieben habe. Eine Woche im digitalen Zeitalter ist schon fast ein halbes Jahrhundert. So fühlt es sich jedenfalls an.

Ich bin ja schon nicht besonders aktiv was Social Media angeht, aber Amina ist scheinbar ein ganz anderes Level. Ich hab ja wenigstens als Ausrede, dass ich jeden Tag zig Nachrichten bekomme. Und zwar ein ganz breites Spektrum: von Hochzeitsanfragen bis Todeswünschen. Letztere sind zwar wirklich selten aber eben auch unglaublich intensiv. Mit den Jahren habe ich gelernt das alles so gut es geht auszublenden.

In den letzten Tagen frage ich mich häufiger, warum ich eigentlich so besessen auf eine Nachricht von ihr warte. Warum ich es nicht locker sehr. Warum es mir nicht egal ist. Was will ich eigentlich von ihr?

Mir wird langsam klar, dass ich ziemlich viele, komplizierte Gefühle habe. Ich kann mir eigentlich nicht vorstellen gerade mit jemanden eine Beziehung anzufangen. Das mit Lu und mir ist ja nun auch nicht besonders lang her. Es ist nicht so, dass ich noch Gefühle für sie habe. Gott bewahre, es war wirklich gut als es dann vorbei war. Es ist nur soviel zwischen uns passiert, dass ich ziemliche Zweifel habe, ob ich nochmal eine Beziehung möchte.

Dann ist da aber auch noch die Seite in mir, die einfach ziemlich großes Interesse an Amina als Mensch hat. Das lässt sich echt schwer beschreiben. Es geht nicht um die Dinge, die sie gesagt hat, gut vielleicht geht es auch darum, vielmehr aber ist es ein Gefühl, eine Stimmung, die ich gespürt habe. Irgendwie so warm, so vertraut, so verständnisvoll. Als würden wir einander schon ewig kennen.

Vielleicht waren aber all diese Gefühle nur auf meiner Seite. Vielleicht hat sie mich in dem Moment schon vergessen, in dem ich aus dem Zug gestiegen bin.

Vielleicht dauert es aber auch nur noch, bis sie die Nachricht findet.

Ich weiß, die Hoffnung stirbt zuletzt.