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Amina ~

Ich will es mir gerade auf dem Sofa gemütlich machen, da klingelt mein Handy. Ein Videoanruf. Beim Blick auf den Namen des Anrufers runzele ich verwirrt die Stirn und nehme ab.

"Jannis???", frage ich skeptisch. Er ruft mich sonst nie an. Außer zu meinem Geburtstag, offensichtlich, oder wenn wir uns im Stadion gegenseitig suchen.
"Ich hoffe mal, dass du meinen Bruder euphorischer begrüßt.", lacht er mir entgegen.
"Sorry, bin bloß verwirrt, weil wir eigentlich nie telefonieren.", sage ich schmunzelnd und nehme ein Schluck Wasser aus meinem Glas.
"Ich rufe tatsächlich auch nicht grundlos an... Kurze Frage zum Einstieg: Bist du heute Abend noch mit meinem Bruder zum Telefonsex verabredet?"

Bei der Frage verschlucke ich mich direkt erstmal. Jannis fängt an zu lachen. "Der Ausdruck kommt übrigens nicht von mir. Nur, dass das klar ist."
"Boah, ich bringe ihn um.", knurre ich. Unglaublich. Da kann der Vogel nicht einfach zugeben, dass wir viel am Telefon quatschen. Nein, Telefonsex nennt er das. Wie reizend.

Seufzend sage ich: "Nee, morgen ist erst wieder Zeit für Telefonsex."
"Sehr gut, dann können wir uns ja jetzt Zeit lassen.", sagt Jannis grinsend und wackelt mit den Augenbrauen.
"Sag bloß, du willst jetzt auch Telefonsex.", grinse ich ihn an. Jannis lacht und schüttelt gleichzeitig den Kopf.
"Danke, aber nein Danke."
"Was verschafft mir dann die Ehre dieses Anrufs?", frage ich ihn.

"Also, in knapp zwei Wochen hat Juli ja Geburtstag, ge?"
"Jaa, Jannis, ich weiß.", keine Ahnung worauf er hinaus will.
"Und Julian hat dich Sonntag zu seiner Party eingeladen, ge?"
"Jaa, Jannis, das ist richtig.", noch immer keinen Schimmer, was er von mir will.
"Und Julians eigentlicher Geburtstag ist ja schon am Donnerstag, ge?"
"Ey, Jannis jetzt komm doch einfach auf den Punkt. Aus der ganzen Konversation ist bisher noch nicht wirklich viel Inhalt entsprungen." , sage ich genervt.
"Sorry, aber ich muss das langsam aufbauen. Ich versuche sensibel zu sein." Jannis schaut nun nachdenklich in die Kamera, als würde er seine nächsten Worte mit der Waage wiegen müssen. In meinem Kopf gibt es nur Verwirrung.

"Hat Julian dich darauf angesetzt irgendwas in Erfahrung zu bringen?", frage ich ihn.
"Neee.", sagt Jannis empört, ehe er anfügt: "der würde mich dafür mit Sicherheit umbringen."
"Dann sag es mir doch bitte einfach. Ich werde dir schon nicht den Hals umdrehen. Das macht Julian ja dann.", grinse ich ihn an. Jannis sieht nervös aus, vielleicht sogar ängstlich. Noch scheint er nach Worten zu suchen. "Jannis, es wird okay sein. Frag einfach. Mach dir nicht so viele Gedanken." Er schaut mich an und nickt dann vorsichtig.

"Also... äh... Wir feiern seinen Geburtstag immer zusammen als Familie. Also unsere Eltern, Jascha, Juli und ich. Ganz entspannt, bei Juli kochen, zusammen essen und vielleicht noch irgendein Spiel spielen. Ich hab vor ein paar Tagen mit ihm darüber geredet und äh... eigentlich würde er... dich gerne auch einladen." Jannis stoppt an der Stelle und sieht mich prüfend an, als würde er aus meinem Gesichtsausdruck etwas lesen wollen. Dann aber fährt er fort: "Er will dich nicht fragen, weil er befürchtet, dass es dir unangenehm sein könnte. So mit der Familie. Den Eltern. Äh... Er hat mir erzählt, wie du dich gefreut hast, als er zu deinem Geburtstag aufgekreuzt ist. Das Ding ist, ihr seid euch in gewissen Dingen einfach mega, mega ähnlich und ich mach mir Sorgen, dass das zu diesen Dingen gehört. Dass er am Ende furchtbar unglücklich ist, weil er dich nicht eingeladen hat. Und äh... da wollte ich dich fragen, wie du das fändest, so rein hypothetisch, mit der Familie Julians Geburtstag zu feiern? Also gar kein Druck, wenn du nein sagen magst, ist das auch voll in Ordnung. Echt."

Jannis schaut mich unsicher an. Ich bin maßlos verwirrt, weil ich nicht verstehe, warum er dafür jetzt so ewig gebraucht hat.
"Ähm...ich würde mich voll freuen und es bedeutet mir total viel, dass Juli mich gerne dabei hätte. Ich meine es ist schließlich eure Familie. Das ist irgendwie wie eine Ehre.", sage ich zögerlich, da ich noch immer unsicher bin, warum Jannis da so eine riesige Sache daraus gemacht hat und warum Julian mich nicht einfach gefragt hat.

Übersehe ich etwas? Ist es wirklich so eine riesige Sache? Ich meine, klar, die Eltern kennenzulernen ist schon irgendwie groß. Wir sind ja aber kein Paar, also hat es doch nicht dieselbe Bedeutung. Es ist nicht so groß. Ich lerne bloß Julians liebste Menschen kennen. Und gleichzeitig gehöre ich irgendwie dazu. Das ist doch eine total schöne Geste ... Oder nicht?

"Mir fällt ein Stein vom Herzen, das glaubst du gar nicht", sagt Jannis erleichtert und lächelt nun wieder.
"Magst du mir mal erklären, warum du dich jetzt so schwer damit getan hast? Warum Julian mich nicht selbst gefragt hat?"
"Julian hat etwas gesagt von deine Grenzen respektieren. Von Menschen, die das nicht getan haben. Dass es dir zu schnell ging und du am Ende krass darunter gelitten hast. Das klang so mega ernst und es war ihm mega wichtig, dass du dich nicht unter Druck gesetzt fühlst. Dass er dich nicht verletzt. Da habe ich irgendwie dann auch Angst gehabt, dich zu fragen, weil ich dich ja auch nicht verletzen will. Deswegen war das gerade so schwierig.", erklärt mir Jannis vorsichtig.

Ein warmes Gefühl breitet sich um mein Herz herum aus. Julian hat sich ernsthafte Gedanken gemacht. Hatte Angst, dass es mir zu viel sein könnte. So sehr, dass er dafür in Kauf nimmt, dass ich zu seinem Geburtstag nicht da bin.
"Dein Bruder ist schon irgendwie ein Phänomen. Manchmal ist er so eine überhebliche Nervensäge und manchmal ist er einfach so unfassbar lieb und süß.", lächelnd schüttele ich meinen Kopf.

"Tja Amina, wem sagst du das... Aber ich muss mich trotzdem nochmal versichern. Das ist für dich wirklich okay? Du willst kommen?"
"Ja, ich komme sehr gerne. Wirklich. Indianerehrenwort."
"Er wird vor Freude an die Decke springen, wenn du plötzlich im Wohnzimmer stehst.",  Jannis grinst.
"Das hoffe ich für ihn.", grinse ich zurück.

"Ach Jannis, du hast doch bestimmt Marius' Nummer, ge?", augenblicklich verschwindet sein Grinsen. Nervös kratzt er sich am Hinterkopf.
"Äh ja..."
"Schickst du mir die? bitte?"

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Hey ihr Lieben,

Dieses Kapitel und das davor sind eher so Übergangskapitel, daher auch etwas kürzer und weniger intensiv. Etwas Ruhe vor dem Sturm, möglicherweise? Naja, das könnt ihr dann besser einschätzen, glaube ich. ☺️

Aber wozu will Amina bloß Marius Nummer? 😱

Eure Bodymindsoul

Zwischen zwei Welten // Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt