Amina ~
Es fühlt sich an, wie vor eine Wand zu laufen.
Es ist keine Glaswand, die ich nicht hab kommen sehen. Ich fühle mich nicht wie ein Vogel, der annahm er könne in das Wohnzimmer fliegen. Ein Vogel, der annahm das Fenster wäre einfach ein Loch in der Wand und nun stattdessen benommen, oder gar mit Genickbruch am Boden liegt.
Nein, eine Glaswand wäre überraschend gewesen.
Das hier war nicht überraschend.Es ist eine Wand aus Stahlbeton, wie ich sie zu Genüge in meiner Wohnung habe. Eine Wand so massiv, dass einem selbst beim Bohren kleinster Löcher Schweißperlen auf der Stirn stehen. Die Wand ist nicht einmal in einem dezenten, unauffälligen Weiß gestrichen, sodass man sie nicht so richtig wahr nimmt.
Nein.
Eigentlich ist sie grell.
Rot.
Unübersehbar.
Warnend.Ich habe sie gesehen.
Mein Kopf hat sie gesehen.
Hat mein verfluchtes Herz sogar davor gewarnt.
Und dennoch hat sich mein verfluchtes Herz entschieden, sehenden Auges in diese Wand hinein zu laufen.
Im Vollsprint.Am Ende des Tages ist es jedoch egal, ob du die Wand gesehen hast, oder ob sie dich kalt überrascht hat.
Am Ende des Tages ist sie hart und sie trifft dich mit voller Wucht.
Schmerzhaft.
So unglaublich schmerzhaft.Ich weiß nicht genau, was ich erwartet habe.
Mir war klar, dass er mir nicht um den Hals fällt.
Mir war klar, dass ich am Ende dieses Abends ein schmerzendes Herz haben würde.
Ich wusste das und musste es ihm trotzdem sagen.
Vielleicht auch gerade deswegen.
Mein Herz musste noch einmal schmerzen, um endlich loszulassen.Nur hiermit habe ich nicht gerechnet.
Ich habe nicht erwartet, dass er mir mein Herz aus der Brust reißt, auf den Boden wirft und darauf herum trampelt.
Ich hielt Julian für jemanden, der mir in die Augen sieht, mir sagt, dass ich ein toller Mensch sei und mir dann erklärt, dass er nicht so für mich empfindet.Ich habe mich offensichtlich in ihm getäuscht.
Auf ganzer Linie.Die Tränen brennen fast schon schmerzhaft unter meinen Augenlidern. Ich fühle mich schwer und dennoch irgendwie leer.
Alles schmerzt.
Ich könnte nicht einmal sagen, wo es am meisten weh tut.Ich kann Julian nicht ansehen. Noch immer dröhnt sein 'ach du Scheiße' in meinen Ohren.
Brennt sich ein.
In meine Gehörgänge.
Auf meiner Haut.
In mein Herz.
In meine Seele.Gibt es überhaupt eine noch verletzendere Antwort auf ein Liebesgeständnis, als 'ach du Scheiße'?
Ich denke nicht.
Wirklich nicht.Zumindest werde ich jetzt loslassen können.
Wahrscheinlich werde ich ihn dafür sogar hassen können.
Wer hätte das gedacht?
So schnell kann sich das Blatt wenden.Ich fühle mich verletzt.
Ich fühle mich dämlich.
Ich fühle mich enttäuscht.
Ich fühle mich unwohl.So unwohl, dass ich nur noch fort möchte.
Ich rappele mich auf, wische die Tränen hastig aus meinen Augen und sehe ihn ein letztes Mal an.
"Ein einfaches 'ich nicht' hätte völlig gereicht, du Idiot.", sage ich ruhig.
Keine Ahnung, warum meine Stimme ruhig ist.
Vielleicht ist sie einfach nur fertig.
Fertig mit ihm.
Fertig mit der Welt.
Und zum ersten Mal meine ich 'Idiot'.
Von ganzem zersplitterten Herzen.Ich warte nicht auf eine Antwort.
Wozu auch?
Zum ersten Mal habe ich das Gefühl es ist alles gesagt.
Wir sind fertig miteinander.Done.
Terminado.
Finito.Ich drehe mich von Julian weg und setze einen Fuß vor den anderen.
Ich will bloß weg.
"Das hab ich so nicht gemeint, Amina...", höre ich Julians Stimme.
"Du verstehst das falsch..."
In seiner Stimme liegt etwas Flehendes.
Vielleicht wäre ich normalerweise beim Klang dieser Stimmlage stehen geblieben.
Doch heute hält es mich nicht auf.
Dafür hat sein 'ach du Scheiße' zu tief geschnitten.
DU LIEST GERADE
Zwischen zwei Welten // Julian Brandt
FanficAmina führt ein ziemlich normales Leben: sie studiert und jobbt nebenbei, um sich über Wasser zu halten. Julian führt kein ziemlich normales Leben. Er ist Fußballprofi beim BVB und lebt den scheinbaren Traum vieler Jungs. Zwei Welten, die sich nie...