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Amina ~

Eigentlich sollte ich bereits meine Sachen für unsere "Wanderung" und das Picknick zusammensuchen. Stattdessen sitze ich noch immer auf dem Sofa und schreibe mit Julian. Ein bisschen kommt es mir so vor als wäre ich wieder ein Teenager.

Streng genommen habe ich in meinem ganzen langen Leben zwar erst zwei Beziehungen gehabt und nur bei einer gab es am Anfang dieses Gefühl der Anziehung. Aber gut, dafür hab ich mich bereits x-Mal in unglaublich unglücklich in Klassenkameraden, Mistpieler etc. verguckt. Nie, wirklich nie, beruhte das auf Gegenseitigkeit.

Deswegen bin ich jetzt geneigt nicht zu übereifrig zu werden. Zumindest schreibt Julian mir (bisher) zurück und stellt Fragen. Das heißt ich mach mich zumindest nicht komplett lächerlich.

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Du hast Fußball gespielt? Warum hast du aufgehört?
Bei mir ist es eigentlich immer so, dass ich sobald wir im Stadion sind, ziemlich ruhig bin. Alles drum herum macht mich da öfter nervös. Also abseits des eigentlichen Fußballs.
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Ich beneide Menschen, die sich so fokussieren können. Ich habe nie in einem Stadion vor zig tausend Zuschauern gespielt, mir hat schon immer die Aufmerksamkeit meiner Mitspieler und Trainer gereicht, ganz zu Schweigen von Zuschauern. Ich liebe den Fußball aber ich habe Angst davor. Ich war vor jedem Spiel, vor jedem Training aufgeregt, hatte immer Angst vor Fehlern. Tja, Perfektionismus und Leistungsdruck sind richtige Plagegeister.

Wir schreiben noch eine Weile weiter, bis ich wirklich los muss und Julian sich auch auf den Weg macht.

Der Tag mit meinen beiden Freundinnen verläuft wie im Flug, es gibt immer etwas zu schwatzen. Ich habe mich tatsächlich gegen meine Wanderschuhe entschieden, was sich als sinnvoll herausstellt. Unsere Wanderung gleicht mehr einem Spaziergang, aber das ist okay, ich habe es ja bereits geahnt.

Irgendwann schaue ich dann doch einmal auf die Uhr. Es ist kurz nach drei, also eine halbe Stunde vor Anpfiff des Spiels. Die Spieler sind sicher schon beim Aufwärmen im Stadion. Ich beschließe Julian eine Nachricht zu schreiben und ihm viel Erfolg für das Spiel zu wünschen. Vielleicht liest er sie ja noch.

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Ich drücke dir ganz doll die Daumen für das Spiel, dass du dein Bestes auf den Platz bekommst und hoffe, dass der Fußballgott nett zu euch ist.
P.S. ich habe es nicht bereut die Wanderschuhe daheim gelassen zu haben 🤭
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Während wir noch auf der Picknickdecke im Wald sitzen, checke ich hin und wieder den Spielstand. Es kribbelt mir mehr als sonst in den Fingerspitzen. Ich fiebere ja immer mit dem BVB mit, aber jetzt wo ich Julian kenne, fühle ich mich noch deutlich mehr emotional involviert.

Als ich wieder Zuhause ankomme, ist das Spiel bereits beendet. Der BVB gewinnt mit 3:0. Ich freue mich ungemein darüber. Da ich kein Abo für Dazn, Sky oder Prime Video habe, kann ich kaum Spiele wirklich live verfolgen. Mir bleibt also nichts anderes übrig, als Zusammenfassungen irgendwann bei YouTube zu schauen oder Artikel zu lesen. Manchmal höre ich auch Spiele im Audiostream. Das ist aber schon echt anstrengend.

Ich lese gerade in einem Artikel der Sportschau über den Spielverlauf. Julian scheint ein super Spiel gemacht zu haben, zwei Tore vorbereitet und an etlichen weiteren Torchancen beteiligt gewesen zu sein. Während ich lese, muss ich lächeln.

Auf einmal fängt mein Handy in meiner Hand an zu vibrieren und zu klingeln. Ich zucke erschrocken zusammen und lass mein Handy vor Schreck fallen. Als ich es aufhebe, sehe ich den Videoanruf auf dem Display und mein Herz hüpft.

Skipbrndt

Mal wieder erstarre ich. Warum muss ich eigentlich immer erstarren? Das ist in den meisten Situationen sehr unpraktisch. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass das evolutionstechnisch wirklich einen Sinn hat.
Nachdem ich mich aus meiner Starre wieder befreit habe, nehme ich den Anruf entgegen.

Zwischen zwei Welten // Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt