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Hey ihr Lieben,

auch für dieses Kapitel gilt noch die Triggerwarnung. Ich füge sie wieder am Ende des Kapitels ein.

Viel Spaß beim Lesen.

Eure Bodymindsoul

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Amina ~

Meine Finger krallen sich energisch in die Träger des Rucksacks, während ich mich immer weiter vom Plateau entferne. Die krallenden Finger sind ein verzweifelter Versuch irgendwo Halt zu finden. Es fühlt sich an, als würde ich in Zeitlupe laufen. Wie in Albträumen, in denen man versucht zu rennen, aber letztendlich ist man nicht schneller, als eine kriechende Schnecke. Normalerweise ist Gehen ein Automatismus.
Man tut es einfach.
Doch gerade kostet es mich all meine Kraft und Konzentration einen Fuß vor den anderen zu setzen.

Rechts.
Links.
Rechts.
Links.

Es bringt nichts.
Tränen steigen mir in die Augen.
Alles ist wieder so verflucht durcheinander.
Es war gerade erst alles wieder in Ordnung und jetzt?
Chaos.
Verdammtes Chaos.
So weit das Auge reicht.

Wenigstens habe ich es ihm gesagt.
Das ist das einzige, was mich gerade tröstet.
Wenigstens habe ich ihm gesagt, dass ich ihm für Dortmund alles Glück dieser Welt wünsche. Streng genommen habe ich das nicht für ihn gesagt. Zumindest nicht nur. Sicher war es an ihn gerichtet, aber eigentlich habe ich es für mich gesagt. Ich musste es laut aussprechen, damit ich irgendwann einmal loslassen kann. Es gesagt zu haben, hat etwas beruhigendes. Auch wenn ich davon gerade noch nicht so viel spüre, weil alles andere im Chaos versinkt. Doch das Chaos wird abflauen, denn jedes noch so große Chaos flaut irgendwann wieder ab.
Das ist so sicher, wie das Amen in der Kirche.
Und dann wird es okay sein.
Weil ich diesmal einen Abschied hatte.
Diesmal habe ich 'mach's gut' sagen können.

Diesmal wird es einfacher sein.
Ich muss nur fest daran glauben.
Das einzige was ich wieder brauche, ist räumlicher Abstand.
Nähe ist gefährlich.
Nähe ist Chaos.
Das habe ich nun begriffen.
Und jeden Schritt, den ich gerade gehe, ist ein Schritt weg.
Weg vom Chaos.
Ein Schritt in Richtung Ordnung und Ruhe.

Ich muss nur immer weiter gehen.
Rechts.
Links.
Rechts.
Links.

Ein Hecheln unterbricht meine Gedanken.
Gleich darauf wirbelt ein helles Nala-Fellknäuel an mir vorbei, nur um dann vor mir stehen zu bleiben und mich an zu bellen.
Ich seufze. "Och Nala, du musst doch wieder zurück zu den Jungs.", sage ich und deute in die Richtung, aus der Nala gerannt kam. Sie blickt mich unverändert an und bellt wieder. Dann läuft sie ein paar Schritte zurück, macht kehrt und rennt wieder zu mir. Sitzt dann wieder vor meinen Füße und bellt. "Nala...", setze ich erneut an, werde jedoch von einer Stimme unterbrochen.
Einer menschliche Stimme, wohlgemerkt.

"Amina.", ertönt mein Name ziemlich abgehetzt.

Alisha.
Sie steht vor mir, die Hände in die Hüften gestemmt und versucht zu Atem zu kommen, als wäre sie gerade einen Marathon in Rekordzeit gelaufen. Das Nala mir hinterherläuft, okay. Das kann ich noch nachvollziehen. Aber Alisha? Wir kennen uns nicht einmal richtig.
Verwirrt schaue ich sie an. "Hey, Alisha.", murmele ich in der Zwischenzeit, weil ich keine Ahnung habe, was ich sonst sagen soll.
"Du...musst...bitte... mitkommen.", presst sie noch immer ziemlich außer Atem hervor.
"Ich kann nicht, Alisha.", sage ich gequält.
"Du verstehst nicht. Irgendwas ist mit Julian.", erwidert sie besorgt. Ich runzele die Stirn.
"Was meinst du?", frage ich skeptisch.
"Er zittert am ganzen Körper und reagiert nicht mehr. Auf keinen von uns. Auch nicht auf Jannis.", erklärt Alisha und gestikuliert dabei wild mit ihren Händen.
Mein Hirn verarbeitet noch immer diese Informationen, als Alisha hinterher schiebt: "Amina, ich glaube er hat eine Panikattacke...Glaub mir, ich würde dich nicht darum bitten, wenn wir nicht alle ziemlich große Angst um ihn hätten."

Zwischen zwei Welten // Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt