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Amina ~

Erst als ich wieder alleine in der Küche stehe, begreife ich so richtig das Ausmaß meiner Idee.

Julian. Ich. Sein Bett.

Ein bisschen erinnert mich das ganze an den Abend, als wir im Club waren. Als ich mich zu Julian über Nacht eingeladen habe. Damals in die Wohnung, ein halbes Jahr später also nun in sein Bett. Ich schüttele den Kopf über mich selbst. Seit wann mache ich sowas?

Jannis' Anwesenheit reißt mich aus meinen Gedanken. "Alles gut bei dir?", fragt er mich skeptisch, während er sich aus dem Kühlschrank eine neue Cola nimmt. "Ja, alles gut. War nur kurz in Gedanken.", sage ich lächelnd. "Ich hatte im übrigen recht, dass der Rest der Familie ein Kinderspiel für dich wird.", grinst Jannis. "Ma, liest gerade deinen Liebesbrief an Juli. So wie es aussieht, wirst du wohl einen von uns Dreien heiraten müssen, sonst wird sie nicht wieder froh.", fügt er mit wackelnden Augenbrauen an.

Bei so viel Irrsinn kann ich nur lachen. "Aktuell hat da Jascha die besten Karten.", grinse ich ihn an. Beleidigt sieht mich Jannis an. "Ich hoffe, ich bin wenigstens auf dem zweiten Platz.", sagt er warnend. "Logisch, du bist doch der liebste.", erwidere ich mit einem Augenzwinkern. "Ohje, das wird Juli umbringen. Und das an seinem Geburtstag.", seufzt Jannis theatralisch. "Sag's ihm bitte nicht. Sonst kickt er mich heute Nacht noch hochkant aus seinem Bett.", grinse ich. Mit Humor ist die ganze Vorstellung eigentlich ganz erträglich, gar nicht mehr so emotional aufgeladen. Verdattert schaut Jannis mich an. "Häh, Juli hat vorhin zu mir gesagt, er fährt mich nachher in ein Hotel und er pennt auf der Couch mit Jascha?"
"Achso nee, wir haben drüber geredet. Ich schlafe bei Juli und du mit Jascha auf der Couch.", sage ich locker. Auch wenn es sich vielleicht nicht ganz so locker anfühlt.

"Oh okay. Das wusste ich nicht. Ähm... aber wenn es dir lieber ist, habe ich absolut kein Problem im Hotel zu fahren. Vor allem wenn Juli zahlt. Da gönne ich mir morgen früh erstmal eine Massage auf seine Rechnung.", lächelt mich Jannis an.
"Danke auch dir, Jannis, aber ich habe ungefähr das gleiche Gespräch schon mit deinem Bruder geführt. Ehrlich, ich bin fein damit.", lächele ich zurück. Jannis nickt. Gemeinsam gehen wir daraufhin ins Wohnzimmer.

Eine Stunde später beschließen wir alle gemeinschaftlich die Nachtruhe anzutreten. Während Julian versucht eine große Diskussion darüber zu schlichten, wer von den zwei Jungs auf welcher Seite schläft, gehe ich schon einmal nach oben. Automatisch lande ich in meinem Zimmer. Erst als ich drin stehe, sehe ich Heike, die gerade die Kissen aufschüttelt. "Oh sorry. Macht der Gewohnheit, bin ich wohl hier gelandet.", sage ich verlegen. Heike lacht und sagt dann: "Alles gut, Amina."

"Kann ich mal kurz in den Schrank schauen, was ich noch so an Klamotten hier habe?", frage ich sie zögerlich. "Klar mach ruhig. Irgendwie ist es ja mehr dein Zimmer, als unseres.", sie deutet mit dem Kopf auf Julians Füße an der Wand. Ich nicke bloß lächelnd und gehe an den Schrank. Als ich mit meinem Pyjama das Zimmer verlasse, wünsche ich Heike noch eine gute Nacht.

In der Tür zu Julians Zimmer, pralle ich mit Julian zusammen, der gerade das Zimmer verlassen will. Als er mich ansieht, sieht er erleichtert aus. "Ach da bist du. Hab mich schon gewundert.", sagt er und kratzt sich am Hinterkopf. "Ja, hab mich im Zimmer geirrt. Ich war hier ja noch nicht so oft.", sage ich lachend. Nervosität kann man ganz gut mit Humor überspielen, schätze ich. Der große Meister steht ja vor mir. Womöglich habe ich mir da etwas abgeschaut, nur mit weniger Arroganz. Hoffe ich jedenfalls.

"Willst du zuerst ins Bad?", fragt Julian mich dann. "Nee, geh du ruhig zuerst. Ich muss erst noch meinen Kram sortieren.", antworte ich. Meinen Kram sortieren und mich sortieren, wäre wohl die ganze Wahrheit. Julian nimmt sich aus seinem Kleiderschrank eine Hose und ein Shirt heraus und verschwindet dann im Bad. Ich setze mich auf sein Bett und lass mich mach hinten fallen.

Zwischen zwei Welten // Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt