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Julian ~

Gerade sitzen wir im Mannschaftsbus, auf dem Weg nach Leverkusen. Ich lehne mich im schwarz-gelben Sitz zurück, während ich meine Kopfhörer in den Ohren habe und zu den Beats von PNL rhythmisch den Kopf wippe. Ich schaue aus dem Fenster auf die volle Autobahn. Zum Glück stehen wir nicht im Stau, aber dennoch reiht sich Auto and Auto, an LKW, an Bus, an Auto. Naja ihr versteht, worauf ich hinaus will.

Der Verkehr rollt, aber er rollt langsam. Dadurch kann ich die Menschen in den Autos gut erkennen. Es ist süß, wie manche plötzlich ganz aufgeregt auf unseren Bus zeigen, wenn sie ihn sehen. Als würden hier drin keine Menschen sitzen, sondern Götter. Und das sind wir nun wirklich nicht. Eigentlich sind wir bloß eine Truppe von Vollidioten, die ein bisschen Gefühl im Fuß haben.

Fußball ist ja auch nicht das wahre Talent von manchen, sondern Arroganz mit ganz viel Humor zu kaschieren. Der Gedanke lässt mich schmunzeln. In dem Moment sehe ich das Display meines Handys aufleuchten, was mir eine neue Nachricht mitteilt. Ich entsperre es und tippe auf die Nachricht.

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Naaa Julilein, bist du schon nervös?
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Amina. Wieder schmunzele ich und tippe eine Antwort ein.

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Ich bitte dich. Als ob ich das heute zum ersten Mal mache. Tiefenentspannt bin ich 🥱
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Naja tiefenentspannt ist sicher ein starkes Wort, aber so richtig nervös bin ich wirklich nicht. Eher gut aufgeregt. Motiviert. Die Füße jucken. In Leverkusen zu spielen ist immer irgendwie etwas besonderes. Ich verbinde so viel mit der Stadt, mit dem Verein, mit dem Stadion. Auch wenn ich mit den meisten der Spieler nicht mehr zusammengespielt habe, hängen dort so viele Emotionen dran. Ich habe mich hier entwickelt. Sowohl fußballerisch als auch persönlich. Fantastische Jahre, habe ich dort verbracht. Hab die ersten Schritte auf der großen Fußballbühne gemacht. Kai habe ich dort kennengelernt.

Nach Leverkusen zu kommen, fühlt sich ein bisschen so an, wie wenn man in sein Elternhaus zu zu Besuch kommt. So vertraut, so viele Erinnerungen, so viel Geschichte.

Leverkusen ist mein Elternhaus.
Dortmund mein Zuhause.

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Und ich dachte immer, Leverkusen wäre besonders für dich 😉
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Sie kennt mich so verdammt gut, dass ich manchmal nicht weiß, ob ich das hasse oder liebe. Vielleicht kann man auch beides gleichzeitig?

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Ist es auch, aber nicht negativ-besonders. Gut-besonders. Machst du dir etwa Sorgen um mich? 🧐
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Dann ist gut. Wobei auch gut-besonders nervös machen könnte. Das wäre völlig okay 😉 Und nein ich mache mir keine Sorgen um dich, sondern um den BVB. Wenn du nervös bist, wirkt sich das nicht besonders positiv auf dein Spiel aus, was sich wiederum auf die Mannschaft auswirkt. Es dreht sich nicht immer alles bloß um dich, Julilein. 😜
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Schon klar. 😜
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Ohhhh bist du beleidigt? 🤨
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Niemals. Hast du eigentlich nichts besseres zu tun, als mich zu nerven?
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Schon, aber das hier ist deutlich lustiger. 😜
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Wunderbar. Ich freue mich, dass ich dir den Tag versüßen kann. 😂
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Versüßen? Ich glaube da weiß wohl jemand nicht, was das Wort bedeutet. 😂
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😠
Du bist fies. 😮‍💨
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Und du eine Dramaqueen 😂
Wie dem auch sei, ich muss jetzt doch mal weiter arbeiten. Ich drücke die Daumen fürs Spiel, sei locker, aber übertreibe es nicht. 😬
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Na Gott sei Dank. Endlich bin ich dich los. Wenn ich heute ein Tor schieße, widme ich es sicher nicht dir. 😜
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Falls, Brandt. Nicht wenn. Falls. 😜😂
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Grinsend lege ich das Handy wieder beiseite. Es ist schon bitter, was ich mir immer alles von ihr anhören muss. Mein Ego leidet tierisch.

Doch eigentlich bin ich einfach froh. Froh, dass ich wieder solchen Quatsch schreiben kann. Froh, dass es sich einfach wieder irgendwie normaler anfühlt. Denn das war in den letzten Wochen absolut keine Selbstverständlichkeit.

Die Verabschiedung nach meinem Geburtstagswochenende war hart. Und das ist wahrscheinlich eine Untertreibung. Ein bisschen hat es sich so angefühlt, als würde ein Teil von mir weggehen. Mit ihr gehen. Ein Teil, der mir fehlt.
Und Amina? Ich weiß nicht. Ehrlich nicht. Ich hatte das Gefühl, sie hat sich zurückgezogen. Irgendwo tief in ihr, hat sie sich vor mir versteckt. Das ist ein beschissenes Gefühl, weil du denkst, du bist eine Gefahr. Du denkst, du tust jemandem weh. 

Ich habe mich dann irgendwie erstmal ziemlich zurückgehalten. Aus Angst, ich tue ihr wirklich weh. Dann war erstmal ein paar Tage Funkstille. Auch das war ziemlich beschissen. Ständig habe ich mir Gedanken gemacht, ob's das nun gewesen ist. Ob ich sie komplett aus meinem Leben verjagt habe. 

Doch dann hat sie mich eines Abends, angerufen. Dann haben wir drei Stunden geredet, als wäre nichts gewesen. Es war wieder normal. Zumindest deutlich normaler, als wenn sie hier ist. Seit dem geht es irgendwie.

Ich komme mit meinen Gefühlen für sie besser klar, wenn sie nicht in der Nähe ist. Wenn ich nicht ständig das Verlangen habe, sie an mich zu ziehen. Wenn ich nicht ständig unter den Stromstößen leiden muss.
Ich werde nicht ständig an das erinnert, was ich nicht haben kann.

Wenn wir telefonieren oder schreiben, dann fühle ich das, was ich immer gefühlt habe. Das Gefühl, das ich kenne. Das Gefühl, das schon immer da war.

Das Gefühl auf einer Wellenlänge zu sein. Warum auch immer.

Die Antwort auf die Frage, wie zur Hölle, ich bloß noch mit Amina befreundet sein soll, ist daher überraschend einfach: Räumlicher Abstand. 

Wenn gleich, es mich alle Beherrschung kostet, sie nicht zu fragen, wann sie wieder nach Dortmund kommt.

Das Herz schreit nach Aminas Nähe. Der Kopf hält mich davon fern, weil er weiß, dass alles andere auf kurz oder lang, mir mein Herz bricht.

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Hallo ihr Lieben,

Amina und Julian können also dank der räumlichen Distanz wieder so miteinander reden, wie vor dem Wochenende. Ob das gut oder schlecht ist? Vielleicht kann es auch beides gleichzeitig sein.

Ich habe das Kapitel dreimal anfangen müssen. So richtig in den Flow bin ich trotzdem nicht gekommen. Daher ist es wohl auch ziemlich kurz geworden. Es sollte aber ohnehin eine Art Übergang sein. Ich hoffe, das ist okay für euch. :)

Eure Bodymindsoul

Zwischen zwei Welten // Julian BrandtWo Geschichten leben. Entdecke jetzt