Zwischen zwei Welten // Julian Brandt

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Julian ~

Der Urlaub ist vorbei.
Die Saisonvorbereitung Gott sei Dank auch.
Inzwischen hat die Saison begonnen.
Bei Arsenal. In London. In England.

Mein Handyalarm klingelt. Reißt mich nicht aus dem Schlaf, denn ich bin bereits wach. Wie eigentlich jeden Morgen, seit ich hier bin. Nicht einmal TONiN hilft.

Es ist alles neu.
Meine Wohnung.
Der Verein.
Die Stadt.
Das Land.
Die Teamkollegen.
Die Trainer.
Die Mentalität.

Ich wusste all das. Habe mich trotzdem dafür entschieden. Doch nun, wo ich hier bin, wo all das plötzlich auf mich einprasselt, spüre ich, was es wirklich bedeutet.

Zu allem Überfluss liebe ich auch noch Amina.

Sicher ist das nicht ganz neu, aber seit mir Kai das bewusst gemacht hat, komme ich damit nicht mehr klar. Es ist, als hätte das Eingestehen eine Schleuse geöffnet. Vorher waren die Gefühle wohl dosiert. Immer Mal kam ein Schiff und damit eine Welle an Gefühlen. Jetzt ist die Schleuse permanent geöffnet und ich werde permanent von den Gefühlen überschwemmt. Den ganzen Tag. Manchmal sogar nachts in meinen Träumen.

Ich schalte den Alarm aus und trotte ins Bad. Spritze mir eiskaltes Wasser ins Gesicht. Putze mir die Zähne und ziehe mich an. Gehe in die Küche und mache mir einen Kaffee. Alles läuft automatisch.

Ping. Eine Nachricht.

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Na, wie hast du geschlafen?
Ich wünsche dir ein gutes Training 😊
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Amina.

Sie weiß, dass ich mich gerade schwer tue. Mit dem Schlafen. Mit all dem Neuen. 

Mit ihr. Nur das, weiß sie nicht.

Ihre Nachrichten bringen mich jedes Mal gleichzeitig zum Lächeln und beinah zum Weinen. Sie sorgt sich um mich. Weiß, was dieser Schritt hier für mich bedeutet. Weiß, wovor ich Angst habe. Das ist ein schönes Gefühl. Nicht allein zu sein. Und doch tut es jedes Mal weh, damit konfrontiert zu werden, dass ich sie nicht haben kann. Nicht so, wie ich mir das wünsche.

Ich schreibe ihr zurück.

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Ging so, schätze ich.
Ich wünsche dir einen ruhigen Arbeitstag 😁
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Tut mir leid, Juli. Gib dir Zeit, du musst dich erst an alles gewöhnen. Das darf etwas dauern. Okay?

Heute Abend, wie immer?
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Das ist genau das, was ich an ihr liebe und mir mittlerweile zugleich Angst macht. Sie kennt mich verdammt gut. Sie weiß, wie sehr ich mich selbst unter Druck setze.

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Ich versuchs...

Jep. 22:00 Uhr, wie immer.
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Nach meinem Kaffee verlasse ich die Wohnung. Fahre auf der linken Straßenseite zum Trainingsgelände. Auch das ist neu. Auf dem Parkplatz sehe ich bereits Kais Auto. Mein einziger Lichtblick. Ich schnappe meine Trainingstasche und gehe in die Kabine. Klatsche zur Begrüßung bei meinen neue Teamkollegen ab. Kai drücke ich kurz an mich, ehe ich mich auf den Platz neben ihn fallen lasse. Prüfend sieht er mich an.

"Nicht gut geschlafen?", fragt er. Ich schüttele bloß den Kopf. "Geht schon.", antworte ich. Kai nickt leicht. Zeigt mir dann ein Video von gestern Abend. Es zeigt Kai und einen seiner Hunde, Balou, beim Kämpfen. Irre witzig, wie sie sich auf dem Fußboden kugeln. Kai verliert natürlich. Das Video bringt mich zum Lachen.

Das Training heute ist nicht ganz so intensiv, wie normalerweise, schließlich ist morgen Spieltag. Das Niveau hier ist unglaublich hoch. Man merkt einfach, dass diese Liga, dieser Klub noch einmal etwas anderes als die Bundesliga und der BVB sind. Ich gebe bei jedem Training mein Bestes, doch mir fehlt gerade wieder die Leichtigkeit, die Spritzigkeit, das Unvorhersehbare. Das was mich eigentlich ausmacht.