67. Deine Reaktion, ganz eindeutig

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Stiches - Shawn Mendes

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„Was?" fragte ich ungläubig, nach ein paar Momenten Stille. Harry schaute mich monoton und gefühllos an, wie als hätte er schon lange eine Fassade aufgesetzt, die er nicht mehr runter bekam. Eine Mauer die er nicht mehr schaffte einzureißen und wahrscheinlich auch nicht verlieren wollte. Doch in diesem Moment erschien es mir nur so, als wäre ich ihm gleichgültig.

„Du... du hast mich verstanden." bestand er drauf und schaute jetzt an mir vorbei. Ich lachte verbittert auf und schüttelte wütend den Kopf.

„Nein, Harry, hab ich nicht. Sonst hätte ich dich wohl nicht gefragt." gab ich ärgerlich zurück und schnaufte. Wie konnte er jetzt mit dieser scheiße ankommen. Noch vor zwei Wochen, vor Frankreich, war alles gut. Er versprach mir mich zu schützen, hielt mich nachts in den Armen und freute sich am nächsten Morgen, wenn er mich zusammengeknautscht und müde in seinem Bett vorfand. Er selber war dann schon länger wach, stand dann immer frisch gestylt vor mir und lachte auf mich hinab. Dann zog ich ihn zurück ins Bett und ließ ihn nicht wieder gehen.

Aber das war jetzt wohl vorbei. Zumindest schien Harry das so zu wollen. Oder auch nicht. Wer weiß.

„Ich beende hiermit unser Arrangement und werde bis auf weiteres-"

Das hab ich verstanden. Was ich nicht verstehe, ist, wie du auf einmal darauf kommst? Wie du so schnell und ohne das ich überhaupt in der Nähe war entscheiden konntest, das was wir hab- hatten wegzuschmeißen." unterbrach ich ihn nun leicht verzweifelt.

„Und was hatten wir bitte? Hm? Was Louis, hatten wir beide, was nicht sofort von mir beendet werden könnte, ohne dieses ganze Fiasko?" fragte er und wurde dabei lauter. Ich schreckte etwas zurück, aber formte meine Augen kurz danach zu Schlitzen. Traurig hin oder her, so spricht keiner mit mir auch Harry nicht.

„Wer sagt das ich es nicht auch gerade mit dir beenden wollte?"

„Deine Reaktion, ganz eindeutig."

„Du hast doch keine Ahnung was in mir vorgeht. Vielleicht wollte ich dir eben genau das selbe sagen, vielleicht wollte ich dir gerade auch meine Liebe zu dir gestehen. Aber das ist egal, weil du bereits alles beendet hast, was anscheinend nie existiert hatte." warf ich ihm an den Kopf und er verstummte. Seine Augen blitzen kurz traurig auf, bevor sie ihren normalen kalten Ton wieder annahmen und er sich etwas anspannte.

„Es ist mir egal was in dir vorgeht." sagte er und etwas in mir zerbrach erneut. Ihm war es egal? Warum wollte er mich dann vor dem Stalker schützen, wenn es ihm egal war?  Warum hatte er mir in Italien, eines dieser viel zu ungesunden Sandwiches gemacht, wenn es ihm anscheinend vollkommen egal war? Warum hatte er mich verdammt nochmal überhaupt hier her geholt, wenn ihm alles scheißegal war?

„Wenn das so ist..." flüsterte ich, die Tränen noch zurückhaltend und wollte den Raum verlassen. Auf der Hälfte der Strecke blieb ich stehen und seufzte traurig. Wenigstens eine ordentliche Antwort wollte ich noch, bevor ich ihn endgültig den Rücken kehren würde.

„Eines will ich wissen: warum jetzt? Warum nicht schon vor Paris?" Warum nicht vor 6 Wochen, wo mein Herz noch nicht zerbrochen wäre? Wollte ich fragen aber ließ es. Ich drehte mich langsam um und sah das Harry mit seiner Antwort haderte. Ich machte einen Schritt auf ihn zu und wiederholte meine Frage noch einmal.

„Spielt das eine Rolle?" stellte er als Gegenfrage und tat so als wäre er genervt, aber das kaufte ich ihm nicht ab. Sein Blick glitt gen Boden und ich stellte mich ganz vor ihn, nahm seine Kinn in meine Hand und richtete seinen Blick wieder auf mich.

„Harry, was ist in Paris passiert?" fragte ich ruhig und hoffnungsvoll. Kurz sah er mir in die Augen und ich hatte das Gefühl er würde mir wirklich antworten, doch dann entzog er sich meiner Berührung und machte einen Schritt zurück.

„Tsss, nichts ist passiert. Mir wurde einfach nur bewusst das das- ich es beenden muss. Ein Grund weniger das der König erneut mit mir auf ‚Geschäftsreisen' geht." antwortete er abschätzig und ich wurde stutzig.

„Der König war mit in Paris?"

„Ja." bestätigte er und dann konnte ich eins und eins zusammenzählen. Sein Vater schickte ihn für zwei Wochen nach Paris, er begleitete ihn, aber warum? Als Partner? Nein, wohl eher als Aufpasser. Harry sollte dort etwas tun, wobei ich nicht mit dabei sein durfte, was nicht die Idee des Königs sein konnte, da Harry mir das erzählt hätte. Also muss er es selbst entschieden haben, ohne mich diese Reise zu bestreiten. Was heißt das es mich verletzt hätte, was auch immer sie dort gemacht haben. Vor mehreren Wochen hatte der König bekanntgegeben das Harry auf der Suche nach einer Braut war, es musste ihn gewiss ärgern, das sein Sohn noch niemanden passenden gefunden hatte. Und wo gäbe es hübschere, adeligere und manierlichere Frauen, als in Paris?

„Du-Du hast dort jemanden kennengelernt." stellte ich nüchtern fest und diese Erkenntnis traf mich so hart, das mein Herz einen Schlag aussetzte. Harry schaute mich an, widersprach nicht oder tat eine andere Geste die meine Schlussfolgerung widerlegte.

„Ja das hast du. Wie... ist ihr Name?" erkundigte ich mich traurig und konnte nun die Tränen nicht mehr zurück halten. Sie flossen unaufhörlich über meine Wangen und beeinträchtigten meine Sicht.

„S-Sie heißt Camille." gab er dann zu und wirkte dabei so, als wäre es das schlimmste was er je gesagt hatte, so als würde er es selbst bereuen. Ich nickte beklommen und drehte mich wieder um, um zu gehen. Ich hatte alles gesagt, er hatte alles beantwortet und nun konnten wir beide weiter machen. Vielleicht war es gut so, vielleicht würde mein Herz es bald verstehen und ich seine Entscheidung gutheißen. Aber gerade fühlte ich mich so erbärmlich und gebrochen, wie ich es schon lange nicht mehr erlebt hatte. Gerade noch, wollte ich ihm meine Gefühle preisgeben und jetzt überlegte ich, wie ich unbemerkt an alleine vorbeikommen könnte, ohne das sie fragten warum ich denn weinte.

„Louis?" Ich schloss schmerzhaft die Augen, als ich hörte wie er meinen Namen aussprach. Leise, etwas traurig und irgendwie so weit entfernt. Eine grausame Mischung.

Ich blieb nur stehen, drehte mich nicht um, denn einen weiteren Blick in sein gleichgültiges Gesicht zu werfen, was trotzdem unglaublich schön war, würde ich wohl nicht überleben.

„Es ist besser so." sagte er, als er wusste das ich zuhörte. Eine weitere Welle Tränen verließen meine Augen und ich wischte sie mit meinen Ärmel weg.

„Vielleicht." erwiderte ich noch bevor ich sein Zimmer verließ und die Tür heftig hinter mir zu vielen ließ. Ich schaffte es gerade so noch zu der Toilette, bevor ich mich übergeben musste und ich meine Tränen einfach laufen ließ, zusammen mit meinem unaufhörlichen Schluchzen. Und da war ich mir sicher: das zu verarbeiten war mit Sicherheit nicht so einfach, wie ich hoffte.

You could never love me the way you wantWo Geschichten leben. Entdecke jetzt