69. Mit mir rechnet keiner schon nach 5 Tagen

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Perfect - Ed Sheeran

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Müde, gestresst und verquollen verließ ich an diesem Abend den Palast. Wie ein Zombie zielte ich ferngesteuert die U-Bahn Station an und schaltete dabei sämtliche Gedanken und Gefühle aus. Denn falls ich diese weiter über mich hereinbrechen lassen würde, würde mir vielleicht auffallen, wie betrogen und verletzt ich mich fühlte. Wie sehr er mich gebrochen hatte und das das alleine meine Schuld gewesen war. Ich war derjenige der sich mehr von etwas total zwanglosen erhofft hatte und mir damit mein eigenes Grab schaufelte.

Ich wusste nicht wie ich es zurück zu Zayn geschafft hatte, ganz zu schweigen davon, das ich nicht wusste was zwischenzeitlich passiert war. Ich war so müde und ausgelaugt, das ich die nächsten 10 Jahre durchschlafen könnte. Das beste daran wäre auch Harry 10 Jahre nie wieder zu sehen, aber das glich dann doch eher einem Koma.

„Hallo?" fragte Zayns Stimme und die Freisprechanlage die neben der Hausklingel seines Wohnblocks angebracht war. Er rechnete nicht mit mir. Er war schon weg, als ich von Harry wieder zurückgekommen war und das ich jetzt wieder zu ihm kam, hielten wir beide vor 5 Stunden noch für unwahrscheinlich.

„Hi... Ähm k-kann ich rauf kommen?" stotterte ich und schluchzte dabei heftig. Mit der einen Hand stützte ich mich an der Hauswand ab, um nicht zusammenzurechen und ließ meinen Kopf hängen. Ich probierte die Welle neuer Emotionen schnell wieder runterzuschlucken, aber sie war wirklich stark und glich einen Tsunami.

„Oh Gott Louis. Klar komm hoch." haspelte er besorgt und im selben Moment ertönte das Summen der Tür. Ich schleppte mich ins Treppenhaus, wo Zayn in der Hälfte auf mich wartete. Vielleicht lag es an dem Blick den er mir zuwarf, voller Mitgefühl und Sorge, oder es war die Anstrengung der Treppen, das nun all die Dämme brachen, die ich mühsam hochgehalten hatte. Sofort nahm mein bester Freund mich in den Arm und tröstete mich.

Auf einmal kam einfach alles so stark über mich, das ich nicht die Kraft hatte es zurück zu halten. Mein gruseliger Stalker, die Verwüstung meiner Wohnung, die Liebe die ich für Harry empfand und so hart von ihm abgeschmettert wurde. All die verfickte Scheiße in meinen Leben kam hoch, nur um mich mit sich wieder runter zu ziehen.

Nachdem mich Zayn mühsam in seine Wohnung geschleppt hatte, machte er uns beiden einen Tee und parkte mich solange auf seiner Couch, wo ich mich kein Stück bewegte oder auch nur blinzelte. Als er sich wieder neben mich setzte, eine heiße Tasse Tee in die Hand gedrückt hatte, strich er mir weiterhin über den Rücken und wir schwiegen relativ lange, bis ich mich genug gesammelt hatte um ihn von Harry zu erzählen. Mit jeden Satz wurde mein gegenüber wütender und ich verzweifelter. Als ich fertig war könnte man ihn gut mit einem Wasserkocher vergleichen: am kochen und kurz davor hoch zu gehen.

„Ich würd dich ja jetzt gerne Fragen, wo das Arschloch wohnt, aber da ich das schon weiß, werd ich mich gleich auf den Weg machen. Du sagst er hat nur zwei Bodyguards vor der Tür? Die schaff ich lock-"

„Zayn, du weißt das das dumm ist. Du würdest gar nicht auf die selbe Etage wie er kommen, da wärst du schon verhaftet und würdest dir den Kerker mit x beliebigen Verbrechern teilen." hielt ich den mittlerweile stehenden Zayn auf, der kurz davor war zu türmen. Meine Hand hatte ich um sein Handgelenk geschlungen um ihn schön an Ort und Stelle zu halten.

„Louis, ich schätze sehr deine Sorge um mich, aber ich schaff das schon. Ich war sechs Monate im Krav-Maga-Kurs, ich stemm die alle." sagte er weiter im Tatendrang und ich musste lachen. Nur leise und kurz, aber das schien ihn sofort zu beruhigen und er setzte sich wieder hin, mit einem sanften Lächeln.

„Ich will nur das du weißt, das ich dieses Arschloch für dich bis zum Mond treten würde und in den räudigen Kerker gehen würde. Ich hätte ihn auch schon längst vermöbelt, wenn du herzensguter Mensch mich davon nicht abgehalten hättest. Und das ist der Punkt: du bist der beste, netteste, lustigste und liebste Mensch auf diesem Planeten und er hätte dich nie verdient." sagte er und in seiner Stimme lag so viel Ernsthaftigkeit das ich ihm zwar nicht ganz glauben konnte, aber ihn gerade unglaublich liebte. Ihn, dachte ich, ihn hatte ich nicht verdient. So einen guten Freund.

„Niall hat schreckliches Glück mit dir. Ich hoffe das weiß er." erwiderte ich und er wurde etwas rot.

„Lass und jetzt nicht über meine glückliche Beziehung reden und lieber über deinen Scherbenhaufen von Liebesleben philosophieren." scherzte er und ich zeigte ihn meinen Mittelfinger, aber musste lachen. Und das war ein schönes Gefühl. Das es immer noch einen Menschen in meinem Leben gab, der mich selbst von tiefsten Abgrund aufbauen konnte und mich dabei noch zum lachen brachte.

„Ich weiß, das fühlt sich dann vielleicht etwas endgültig an aber sollten wir vielleicht jetzt das Sofa ausziehen?" wollte er schmunzelnd wissen und ich nickte, wobei ich tief einatmete und mich etwas umsah.

„Das wäre vielleicht eine gute Idee. Danke, das ich hier schlafen kann. Ich verspreche dir auch nicht zu lange zu bleiben und alles aufzuräumen was ich hinterlasse." versprach ich und er lachte auf.

„Als ob, Mann."

***

„Louis, willst du vielleicht heute mal wieder zur Arbeit kommen?" fragte mich Zayn und räumte eine meiner leeren Chipstüten weg. Ich lümmelte auf dem Sofa, was die letzten Tage mein Zuhause gewesen war und schaute gespannt auf den Fernseher, worauf eine Folge The Rookie lief.

„Nein danke. Ich habe mich mit einer schlimmen Grippe krankgemeldet. Mit mir rechnet keiner schon nach 5 Tagen." argumentierte ich und hörte Zayn seufzen. Er schüttelte seinen Kopf und machte sich erstmal einen Kaffee.

„Ich sag ja nur, das es vielleicht ganz gut für dich wäre mal wieder vor die Haustür zu gehen."

„Wieso sollte ich? Alles was ich brauche ist hier und draußen sind nur psychotische Arschlöcher die mich bedrohen und betrügerische Arschlöcher die mich verletzen. Nichts davon will ich." antworte ich abwesend, weil gerade etwas spannendes in der Serie geschah.

„Na gut, ich bestelle Gemma Liebe Grüße von dir. Sie fragt mich ständig nach dir." verabschiedet sich Zayn, aber ich hörte ihm kaum zu. Ich murmelte ein Bis dann und widmete mich wieder der Verfolgungsjagd auf dem Bildschirm.

You could never love me the way you wantWo Geschichten leben. Entdecke jetzt