Der Schritt, den er aus meinen Gedanken machte, fühlte sich wie das Erwachen aus einem Traum an. Ob es ein guter oder schlechter Traum gewesen war, vermochte ich nicht zu sagen. Was blieb, war ein Gefühl des Alleinseins. Ich wollte wieder zurück, dorthin, wo ich gewesen war, in eine bessere Welt. Hier stand ich allein da. Ich war wieder nur ich. Fast. Es gab kein nur ich mehr für mich. Ich hatte ihn damals sofort erkannt, als ich ihn das erste Mal gesehen hatte. Niemals könnte ich ihn vergessen. Und doch hatte ich es, irgendwie.
Siehst du jetzt, was ich alles auf mich genommen habe? Für dich? Ein kleiner Machtwächter, der nie einer gewesen war, richtete so gewichtige Worte an mich.
Ich wollte nicht, dass er sich von mir löste. Die Verbindung zwischen meinen und seinen Gedanken war so natürlich, wie es sonst nichts war. Diese Ordnung nun zu stören, war falsch. Ich war dankbar dafür, dass er mir die Erinnerungen gezeigt hatte. Für jede einzelne. Obwohl sie schmerzten, mich an etwas erinnerten, dass ich hatte vergessen wollen. An etwas, das es mir leicht gemacht hatte, alles hinter mir zu lassen.
Ja. Es war falsch. Ich hätte nicht schweigen sollen. Ich sehe es. Was ich wollte, war nicht richtig! Ich habe die Notwendigkeit der Gegensätze aus den Augen verloren, wollte das vermeintlich Schlechte nicht mehr. Diese Erkenntnis riss an mir wie das Ungleichgewicht nun an den Welten zerrte. Ich habe mich über dich gestellt. Weil ich dachte, ich bekäme dadurch einen Vorteil.
Vielleicht war also all das eine Lektion gewesen, die ich lernen musste.
Ich wusste, es war mir eigentlich nicht egal gewesen, was die anderen über Mocurix gesagt hatten. Ich wusste, er musste existieren, so wie ich existieren musste. Alles bestand aus Licht und Schatten, Positivität und Negativität, alles, das Große und das noch so Kleine. Doch die Stimmen der Drachen gegen Mocurix wurden so laut, dass ich mich nicht einmischen wollte, anfangs. Nicht noch mehr Chaos entstehen lassen und dafür sorgen, dass sie mich auch nicht mehr mochten. Also nutzte ich den Moment und stellte mich als das reine Gute dar. Was ich nicht war, wie gerade diese Handlung zeigen sollte. Dabei wäre es mir, selbst wenn ich gewollt hätte, nicht möglich gewesen, ihnen vollkommen zu widersprechen. Die niederen Götter hatten recht, denn er war für den Schatten in den Universen verantwortlich. Nicht nur für den Schatten, sondern für die pure Finsternis. Dabei konnte sie ohne Licht nicht existieren und das Licht gab es nicht ohne Dunkelheit, so, wie er es bereits gesagt hatte. Ich wusste es die ganze Zeit über. Ich hatte sie weiterreden lassen. Erst später, in der Einsamkeit, hatte ich meine falsche Ansicht fast erkannt. Bis ich mir vor Augen führte, was er mir angetan hatte. Vielleicht hatten die Drachen doch nicht so unrecht. Ich vertraute Mocurix nicht mehr, nicht mehr so wie zuvor. Tat ich es jetzt? Konnte ich es je wieder? Konnte er mir vertrauen?
Wer entschied, wer von uns gut und böse war? War es so einfach, beides zu trennen? Nein, das war es nicht.
Damals hatte ich es nicht erkannt. Aber jetzt, im Nachhinein, war ich mir dem Grund für mein Abkapseln von ihm bewusst. Warum ich geschwiegen hatte. Weil ich geblendet war von der Vorstellung, dass sie allein mir zu Füßen liegen. Ich habe mich über dich erhoben. Du hast mich nicht zerstört. Das waren die anderen Götter, mit ihrem beschränkten Denken, dem ich mich angeschlossen habe. Dadurch habe ich mich selbst zerstört, weil ich nicht mehr wusste, wer ich war. Wer wir waren. Ich habe zugelassen, dass die anderen so über dich redeten. Ich habe diese neue Weltordnung der Drachen übernommen, einfach so. Weil ich mich für besser hielt als dich, weil ich ihnen recht gab.
Sogar ich war der Macht erlegen. Mir das ihm gegenüber einzugestehen, kostete mich Überwindung, als wollte Sarah einen hohen Berg hinaufklettern. Es war anstrengend, aber die Aussicht lohnte sich. Ich werde nicht mehr vor dir fliehen. Wir gehören zusammen. Ich weiß, dass das Sein dich und mich braucht. Das wir uns brauchen. Als gleichwertige Wesen.
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Lihambra - Geheimnis der Raben
Fantasía!!! WIRD ENDE FEBRUAR VON DER PLATTFORM GENOMMEN - KANN DANACH NOCH AUF INKITT GELESEN WERDEN!!! Sarah hat es in ihrem Leben nicht leicht. Nach dem Tod ihrer Schwester wird sie immer wieder von der Trauer eingeholt. Aber all das rückt in den Hint...