Kapitel 68

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Hör auf. Bitte hör auf. Inzwischen konnte sie ihre Tränen nicht mehr stoppen, sein verzweifeltes flehen, dass sie bleibt und ihm zuhört, zerriss ihre Seele. Er kann sie nicht einfach zurück wollen, wenn ihm danach ist und sie dann irgendwann wieder fallen lassen. So funktioniert das nicht mehr. Sie muss hier weg, so schnell wie möglich. Selbst wenn es weh tut, diese Wunde wird irgendwann heilen. Mit ihrer ausgestreckten hat konnte sie den Griff der Glastür schon beinahe erreichen. Gleich dürfte ihr Herz durchatmen und beginnen ihre Trauer zu verarbeiten. Gerade noch kämpfte es mit ihrer Liebe für ihn und tat alles daran sich von dieser nicht überwältigen zu lassen. Nicht schwach zu werden. Woher soll sie wissen, dass er es wirklich ernst meint. Er hat schon so oft versprochen sich zu besser und sie nie wieder anzuschreien, bisher ohne Erfolg. Warum ausgerechnet diesmal. Sein Ego hatte doch nur ein Problem damit verlassen zu werden. Nein, so durfte sie wiederum auch nicht von ihm denken. Er ist zwar ein Arschloch, aber kein manipulatives Schwein, der sie nur zum pushen seines Selbstwertgefühl ausgenutzt hat. Genauso wie sie ist er einfach nur mit seinen Beruf verheiratet und da gibt es keinen Platz für sie. In seinen Leben gibt es keine Platz für eine Sozialfall. Für ein kleines Mädchen, was noch immer lernen muss eine Frau zu werden und sich nicht von Männern beeinflussen zu lassen. Keine Schachfigur zu sein und auf deren Spielbrett zu tanzen. Mal braucht man sie für die nächsten Zug und dann wieder schmeißt man sie ohen Kenntnis aus dem Spiel. Und sie muss warten... so oft hat sie schon gewartet. Ob auf ihn oder ihre Ex Freunde und nie tut jemand das Selbe für sie. Sie kann sich den Arsch aufreißen indem sie durchs halbe Land für ihm reist und ihn überrascht und im Gegenzug vergisst er sie, wofür er ihr dann noch die Schuld gibt. Na gut, er hat auch nie verlangt, dass sie ihn überraschen soll. Und trotzdem hat er sich gefreut. So schlecht lief ihre Beziehung doch eigentlich nie. Ihre Hand umfasste den Griff. In ihrem Kopf wurde zu laut geschrien, um dass sie sich konzentrieren könnte. "Mint, Ich liebe dich!", hallte es weinend durch den Flur und ließ sie stoppen. Wie ein Reh erwischt vom Schein des Fernlichts bewegte sie sich keinen Millimeter von der Stelle. Hat er. Nein. Sie muss sich täuschen, er kann nicht... nicht jetzt wo sie gehen will. Nein, das meint er nicht ernst. Er sagt nur das was sie hören will. "Ich liebe dich!", wiederholte er weinend. Wieso... wieso weint er, wenn er das nicht ernst meint. Was wenn. Unsicher löste sie ihre Hand von der Klinke. Wie soll sie reagieren. Noch nie hat ein Mann oder jemand anderes diese drei Worte zu ihr gesagt. Er ist der Erst. Und eigentlich hatte sie sich das ganz anderes vorgestellt. Nicht auf einen Hotelflur. Nicht zwischen Tür und Nagel. Nicht während sie ihn verlassen möchte, um wieder frei zu atmen. So gern sie ihn auch ignorieren wollte... Sie liebt ihn. Es tat zwar im Moment höllisch weh, aber es entsprach der Wahrheit, auch wenn sie seine Worte nicht so leicht erwiedern oder da weitermachen konnte, wo sie an seinem Geburtstag geendet haben. Vielleicht verdient er wenigstens einen zweite Chance, immerhin hatte sie es Ingo versprochen, Michael nicht einfach aufzugeben, sobald er einen Schritt auf sie zu machen. Und irgendwie wollte sie ja auch nicht, dass es vorbei ist. Somit drehte sie sich um und ging langsam zu ihn. Kurz vor ihm blieb sie stehen.

"Mint ich...", weinte er und hielt sich noch immer mit letzter Kraft an der Wand fest, um nicht zu stürzen, "... danke." Kurz berührte sie seine Schulter, zog ihre Hand aber im selben Moment zurück, da sie ihm keine falschen Hoffnungen machen wollte. "Michael ich brauch Zeit.", erklärte sie ihm mit tränenerstickter Stimme. Traurig sah er sie an und nickte, dann hustete er wieder. "Du gehörst ins Bett." Schnell schüttelte er seinen Kopf, "No. Its okay. Bitte lass uns reden. Ich will dir alles erklären.", richtete er seinen zitterden Körper auf, "Also nur wenn du willst.", schob er sogleich kleinlaut hinterher. Er meinte es wirklich ernst, er will sie zurück. Doch er sieht wirklich schlecht aus und gehört ins Bett, zudem wusste sie nicht ob sie schon bereit ist mit ihm in einen Raum zu sein. Für den Anfang wolle sie es nicht übertreiben mit seiner Nähe, bevor ihre Gedanken den Grund wieso sie gerade hier stehen, einfach so verdrängen. "Lass uns morgen reden, ich brauch Zeit und du musst dich wirklich ausruhen.", meinte sie einfühlsam, spürte aber schnell wie sie ihn mit ihren guten Willen enttäuschte. "I do not want to lose you.", flüsterte der Musiker und versuchte seine Tränen zu stoppen. Vermutlich hatte er Ansgt, dass sie ihn morgen nicht mehr sehen will und sich alles anders überlegt. "Michael, ich versprech es dir okay? Wir reden morgen, aber jetzt macht das keinen Sinn. Schau dich an, du kannst kaum mehr auf deinen eigenen Beinen stehen.", versuchte sie ihn dazu zu bringen seinen gesundheitlichen Zustand zu realisieren, "Und ich bin auch schon ziemlich müde. Die letzten Tage waren viel für mich." Versuchte sie ihm mit größter Mühe vorsichtig zu erklären ohne ihn damit vor den Kopf stoßen zu wollen, denn es ging ihm wirklich schlecht. Selbst aus der Entfernung konnte sie spüren wie sehr sein Körper glüht. "Okay.", stimmte er ihr zu. Für eine längere Diskussion fehlte ihm die Kraft, dabei wollte er sogar mit ihr reden und ihr alles erklären, "Come to me if you change your mind? Ich geb dir Zeit." Mint nickte. "Min es tut mir leid. Bitte. I'm so sorry.", hauchte der Musiker und fing wieder mehr an zu weinen. Am liebsten wollte sie ihn in ihre Arme ziehen und fest drücken, doch sie hielt ihren Wunsch zurück. Soweit sind sie noch nicht. Zwischen ihnen lag noch immer eine Schlucht, über die nun ein kleines Seil gespannt wurde. "Ich weiß. Ich glaub dir.", sprach ihre liebevoll Stimme, auch wenn sie noch nicht ganz überzeugt war. Geschweige denn ihn verzeihen kann, dafür fehlte ihr dann doch die Erklärung. Die hoffentlich eine sehr Gute ist. "I miss you.", murmelnd schloss er seine Augen und lehnte den Kopf weiter an die Tapete. "Ich dich auch.", erwiederte sie ohne lügen zu müssen, denn vermissen tat sie ihn und seine Nähe schon seit sie nach seinem Geburtstag gefahren ist. Immer wenn er nicht da ist vermisst sie ihn und daran würde sich wohl nie etwas ändern. Egal ob sie ihn liebt oder hasst. Oder gar beides. Er ist ihr Seelenverwandter. Der erste Mann der sie wirklich liebt... und es ihr gesagt hat.

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