Ich lief raus in die Nacht, völlig durcheinander und verstört von meinem Gefühlen. Ich wusste nicht mehr weiter. Immer wenn ich dachte, mich könnte nichts mehr zum fühlen bringen, passiert etwas was das widerlegt. Anscheinen liegt es in der Natur des Menschen zu fühlen. Zu vermissen, zu bereuen, zu wünschen...
Wie in Trance rannte ich die Straßen entlang, ich hatte unglaublich Seitenstechen und war völlig aus der Puste, aber ich brauchte das. Ich brauchte diese Anstrengung, um nicht komplett abzudriften. Ich rannte und rannte, plötzlich hörte ich nur noch ein ohrenbetäubendes Geräusch... Dann war alles schwarz, alles finster, alles still... Ganz still...
Ich versuchte mit aller Kraft meine Augen zu öffnen, doch es gelang mir nicht. Ein gleichmäßiges piepen ertönte im Raum. Ich versuchte mich zu erinnern was passiert war. Ein Autounfall, ich bin vor ein Auto gelaufen.
ICH BIN VOR EIN AUTO GELAUFEN! Nein, bitte lieber Gott, nein nein nein das darf nicht wahr sein! In diesem Moment wurde mir klar was geschehen war. Ich lag im Krankenhaus und ich wurde versorgt. Sie hatten meine Wunden gesehen, wie soll ich das nur erklären? Panik brach in mir aus. Mein Herz fing an wie ein Maschinengewehr gegen meine Brust zu schlagen. Ich blinzelte mit aller Kraft, doch ich war zu schwach. Ich war viel zu schwach, und um mich herum wurde es wieder dunkel.
Ich kam langsam aber sicher wieder zu Bewusstsein. Ich hörte wie sich ein Mann und eine Frau unterhielten und auch das regelmäßige piepen war wieder da. Mit viel Mühe blinzelte ich. Ich öffnete vorsichtig die Augen und sah nur eine kahle, weiße Wand über mir. In meiner Nase steckte ein Schlauch, der mich mit Sauerstoff versorgte.
Ich versuchte mich aufrecht hinzusetzen, doch ich krümmte mich zusammen vor Schmerz. Ein stöhnen verließ meine Kehle und 2 Ärzte kamen zur Hilfe.
"Junge Dame, ich bin Dr. Bauer und das ist Frau Dr. Plech. Bleiben sie bitte ruhig sitzen, sie würden frisch operiert."
Operieret? In diesem Moment wurde mir klar, dass mein Leben zu Ende ging. Denn die Wunden die sich über meinen Körper zogen, sind nicht zu übersehen. Was sollte ich ihnen sagen? Welche Ausrede könnte das erklären? Es sind schließlich keine blauen Flecken, bei denen man hätte sagen können Sie sind von einem Sturz. Es sind blutige Linien,und auch vom Ritzen würde man solche Wunden nicht bekommen. Mir kam die Galle hoch, ich übergab mich bei Angst über meinem Bett. Das Schamgefühl war fast so groß wie die Angst. Warum passiert mir sowas, wieso mir?
Nachdem die Schwester mein Bett neu bezogen hatte und mich umgezogen, sah ich angespannt aus dem Fenster. Letzte Nacht hatte es geschneit. Die komplette Welt lag unter einer weiß glitzernden Decke. Es hätte was von Märchen. Alles da draußen war ruhig. Nur einzelne Menschen überquerten die Straße, die meisten von ihnen waren jedoch in ihre Handys vertieft. Der Anblick der Außenwelt war wie ein Traum, doch die Realität die mich umgab, war ein einziger Albtraum. Mein Vater würde mir schreckliche Dinge antun, er hatte mich gewarnt. Er hatte immer wieder gesagt ich soll aufpassen was ich tue, sonst hat es Konsequenzen. Und was tue ich? Ich renne vor ein Auto. Was für ein dummer Unfall. Eine Träne verließ meinen Augenwinkel und tropfte auf die weiße Bettwäsche. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was er mit mir tun würde.
Ein Klopfen entriss mich aus meinen Gedanken. Ich drehte meinen Kopf nach rechts und sah wie die Ärztin von vorhin wieder herein kam.
"Hallo Frau Gashi." begrüßte sie mich mit einem herrlichen Lächeln. Ich zwang meine Mundwinkel nach oben und versuchte einen normalen Gesichtsausdruck zu machen.
"Wie geht es Ihnen?" fragte sie vorsichtig.
"Gut." log ich und verzog mein Gesicht zu einem Lachen.
Eine bedrückende Stimmung lag in der Luft. Wir wussten beide wieso, aber keiner von uns traute sich es laut auszusprechen.
"Wissen Sie was passiert ist?" unterbrach sie die Stille.
Ich nickte nur.
"Sie wurden operiert, innere Organe wurden verletzt."
"Wie lange muss ich hier bleibe?" fragte ich. Es interessierte mich nicht was passiert war, auch nicht was ich hatte, ich wollte nur hier raus. Einfach raus!
"Ich denke das ist ihr kleineres Problem." sagte sie vorsichtig. Oh nein, ich wüsste was jetzt kam.
"Ich denke wir müssen uns mal unterhalten Frau Gashi."
"Worüber denn?" fragte ich verwundert. Als ob ich das nicht wusste...
"Als wir Sie operiert haben, sind uns ein paar frische Wunden aufgefallen.." fing sie an.
"Können Sie mir sagen wer das gemacht hat?"
Mein Puls beschleunigte sich ins unerlässliche. Ich schluckte schwer uns kramte in meinen Gedanken nach einer Ausrede. Doch zwecklos, ich fand keine. Was hätte ich auch sagen sollen?
Alles drehte sich vor mir. Es wurde dunkel, und wieder hatte mich die Kraftlosigkeit eingeholt.
"Frau Gashi, geht es Ihnen gut? Frau Gashi wach bleiben, Hey!"
Ihre Stimme werde immer leiser, sie entfernte sich immer weiter... Bis sie letztlich verschwand...

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How he saved me...
RomansaGeschlagen, missbraucht, hintergangen, vergewaltigt... Ich könnte noch viel mehr Punkte aufzählen die mir in meinem Jungen aber erbärmlichen Leben widerfahren sind. Irgendwann kommst du an einen Punkt im Leben, wo dir alles egal ist. Du suchst nicht...