Es vergingen fast zwei Wochen im Krankenhaus. Kujtim war jeden Tag bei mir gewesen, vor oder nach der Arbeit und er blieb stundenlang, bis die Krankenschwestern ihn raus warfen. Und ich freute mich jeden Tag auf ihn. Aus unerklärlichen Gründen fühlte ich mich bei ihm wohler als jemals zuvor. Ich hatte das Gefühl von Gesellschaft verloren, das Gefühl des befreiendem Redens und das Gefühl der Normalität, doch er brachte es mir wieder zurück. Erst sahen wir uns, dann schrieben wir bis uns die Augen glühten. Wir waren auf einer Wellenlänge, als wären wir aus dem gleichen Stoff gemacht. Und doch hatte er ein paar gegenteilige Eigenschaften. Zum Beispiel seine Ruhe. Man konnte ihn durch fast nichts stressen, er hatte unglaublich viel Selbstbeherrschung. Im Gegensatz zu mir, ich war eine tickende Zeitbombe. Durch nur ein einziges Wort konnte man mich aus der Bahn werfen und ich verlor die Kontrolle. Ich hatte die Zeit genossen, doch heute war mein letzter Tag hier... Es war Mittwoch, heute sollte icu entlassen werden. Die Realität warf mich auf den Boden der Tatsachen zurück und machte mir wieder all die Gründe klar, wieso das niemals klappen würde, die ich bei meinem Aufenthalt vergessen hatte. Die Ärztin hatte schon alles mit mir besprochen, ich musste nur noch auf meine Entlassung warten. Ich saß auf dem Rand meines Bettes und ließ meine Beine baumeln. Ich lenkte meine ganze Konzentration darauf. Denn in meinem Kopf fingen die Szenarien wieder an. Meine Gedanken fingen wieder an zu kreisen, meine Angst fing wieder an zu wachsen und auch die kleinen Momente von Zufriedenheit, die ich genossen hatte, zerplatzten wie Seifenblasen. Auf meinem Oberschenkel bildete sich ein dunkelblauer Fleck, und er wurde mit jeder Träne die meine Augen verließ größer. Mein Handy riss mich wieder zurück in mein Krankenzimmer. Als ich drauf sah, hatte mir Kujtim geschrieben.
"Hey, wann wirst du entlassen? Ich hol dich ab!"
Diese Nachricht brachte mein Herz zum beben. Denn einerseits wollte ich ihm schreiben er soll mich abholen, und mich irgendwo ganz weit weg bringen, doch andererseits würde er die Wahrheit weder verstehen noch verkraften. Also schmiss ich das Telefon hinter meinem Rücken auf das Bett, damit ich es nicht mehr sehen musste. Wie naiv ich doch war, mich an ein Gefühl der Geborgenheit zu klammern. Ich wusste doch was mich erwartet, nach meinem Aufenthalt. Ich saß also auf meinem Bett, und weinte still vor mich hin... Ich wartete auf das Zeichen der Ärzte, das mich in den sicheren Tod schickte. Denn mein Vater kannte keine Gnade, wenn man ihn wütend gemacht hatte...Ich starrte wie in Trance auf den Namen auf unserer Tür.. Ich war so aufgewühlt, ich war so ängstlich. Meine Beine drohten nachzugeben und jedes Glied meines Körpers zitterte. Ich konnte schon das Blut in meinem Ohren rauschen hören, denn ich stand vor dem Tor zur Hölle. Nach einer gefühlten Ewigkeit hob ich meine Hand und versuchte die Türe aufzuschließen. Die Schlüssel in meiner Hand raschelten. Meine Hand bebte. Langsam und vorsichtig ließ ich den Schlüssel ins Schloss gleiten und öffnete so leise wie möglich die Tür. Ich trat ein und lauschte mit klopfendem Herzen ob irgendjemand hier war. Stille. Nichts als absolute Stille. Trotzdem waren meine Beine wie festgenagelt. Ich traute mich keinen einzigen Schritt weiter ins Haus. Doch ich musste. Also nahm ich den letzten Rest Mut der mir geblieben war zusammen und trat immer tiefer ein, in meine persönliche Hölle. Die große, dunkle Holztür stand massiv und fest verschlossen vor mir. Diese Tür, in die ich jeden Sonntag hinunter steigen musste. Diese Tür, die mir seit 5 Jahren jeden Funken von Lebenslust geraubt hatte. Die Tür zu meiner Folterkammer. Wie benebelt starrte ich sie an, ich bekam mein Umfeld gar nicht mehr mit. Bis mich etwas zu Boden riss, und ich unsanft auf meinem Kopf landete.
"Du verdammte Hure!" brüllte er mich an, setzte sich rittlings auf mich drauf, legte seine Hände um meinem Hals und drückte zu. Er schnürte mir die Kehle ab, solange bis ich das Gefühl hatte ohnmächtig zu werden...
DU LIEST GERADE
How he saved me...
RomanceGeschlagen, missbraucht, hintergangen, vergewaltigt... Ich könnte noch viel mehr Punkte aufzählen die mir in meinem Jungen aber erbärmlichen Leben widerfahren sind. Irgendwann kommst du an einen Punkt im Leben, wo dir alles egal ist. Du suchst nicht...