Widerstand

342 27 11
                                    

Eine ganze Weile saß ich auf dem Boden und weinte. Ich weinte mir die Seele aus dem Leib. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, wann ich zuletzt so viel geweint hatte wie in dieser Nacht. Meine Augen brannten und die Müdigkeit wollte überhand von mir nehmen. Ich sprang unter die Dusche, ich fühlte mich so dreckig. Das heiße Wasser tat mir weh. Meine Wunden brannten und auch mein Kopf drohte zu zerspringen. Heute Nacht hatten sich Gefühle in mir gelöst, die ich schon lange verdrängt hatte. Die ich einfach nicht wahr haben wollte. Nach einer langen Dusche ging ich auf mein Zimmer und zog mich um. Ich legte mich ins Bett und wollte ein bisschen schlafen, doch mein Handy gab einen Laut von sich.
"Schreib mir bitte..." Kujtim. Der einzige Mensch auf dieser Welt, der sich wirklich sorgen um mich machte. Eine Mischung aus Freude und Trauer engte meine Brust ein. Ich kramte in meiner Hose herum, nach dem zerknüllten Zettel und sah lange darauf hinab. Vielleicht war ja das meine Rettung, für die ich so lange gebeten hatte. Ich tippte seine Nummer in mein Handy und öffnete Whatsapp.
"Hey..." schrieb ich. Keine 2 Sekunden später kam er online.
"Hey, geht's dir gut?"
"Ja, alles in Ordnung. Musst du nicht zur Arbeit?"
"Ich bin gerade da."
"Gut, dann hören wir uns später."
"Passt du auf dich auf?"
Ein Lächeln umspielte meine Lippen. Und doch machte mich seine Aussage irgendwie traurig.
"Ich pass auf mich auf."
"Du hast es mir versprochen. Wenn was ist, ich bin innerhalb von 5 Minuten bei dir."
"Danke.. Ich werd mich melden, wenn ich etwas brauche."
"Schlaf ein bisschen, wir sehen uns?"
"Wir sehen uns!"
Mit diesen Worten legte ich mein Handy weg und obwohl meine Gedanken wie im Loop kreisten, schlief ich nach wenigen Minuten ein.

Ein wildes klopfen ließ mich aus dem Schlaf schrecken.
"Liridona mach sofort die Türe auf!"
Mein Herz rutschte mir in die Hose. Mein Vater... Seine Stimme jagte mir eine heiden Angst ein.
"MACH DIR TÜR AUF!" rief er auf albanisch. Mein ganzer Körper begab zu zittern. Soll ich aufmachen? Hilfe holen? Soll ich einfach liegen bleiben?
"Wenn du nicht sofort aufmachst, ich schwöre dir ich trete die Türe ein und bring dich um!"
Alle Alarmglocken läuteten in meinem Kopf. Ich stand mit wackeligen Knien auf und drehte den Schlüssel. Keine Sekunde später wurde die Tür aufgestoßen und traf mich mitten ins Gesicht. Ich fiel zu Boden. Ich sah ihm ins Gesicht, seine Halsschlagader drohte zu explodieren. Mit hochrotem Kopf stand er da.
"Du kleine Schlampe..."
Er stürzte sich auf mich drauf und fing an erbarmungslos auf mich einzuschlagen. Er traf mich im Gesicht, der nächste Schlag ging in meinem Bauch. Ich schnappte nach Luft, meine Kehle schnürte mir die Atemwege ab. Tränen stiegen mir in die Augen und ich krümmte mich vor Schmerz. Er trat auf mich ein, zog mich an den Haaren durch mein Zimmer und ohrfeigte mich unzählige Male, während er mich auf die schlimmsten Arten die ich kannte. Ich fühlte mich mickrig. Mickrig und wehrlos. Wertlos.
Dann presste er seine Hände um meinem Hals und hob mich hoch. Er drückte mich gegen die Wand und seine wutentbrannten Augen durchbohrten mich. Panik stieg in mir auf. Die Luft bleib mir weg. Ich winselte und versuchte verzweifelt seinen Griff zu lockern, doch er drückte nur noch fester zu.
"Warum bringst du deine Hure von Mutter her? WARUM WARST DU DIE GANZE NACHT NICHT ZUHAUSE?"
Ich bekam keine Luft mehr. Mein Hirn war nicht in der Lage nachzudenken. Ich spürte wie mich meine Kräfte verließen und mir schwarz vor Augen wurde. Kurz bevor ich in Ohnmacht viel warf er mich mit all seiner Kraft auf den Boden. Ich fiel mit meinem Kopf auf die Tischkante auf. Höllischer Schmerz durchfuhr meinen Körper. Ich kroch am Boden, doch das hielt ihn nicht davon ab weiter auf mich einzuschlagen und mich zu beleidigen. Blut floss mein Gesicht hinab, ich wusste nicht wie viel Schläge ich noch aushalten würde.
"Sag mir wieso du deine Mutter hergebracht hast?" brüllte er aus vollem Hals.
Und wieder einmal war sie diejenige, wegen der ich das alles durchmachen musste. Wut kroch in mir hoch, unglaubliche, unaufhaltsame Wut.
Mit letzter Kraft richtete ich mich auf. Tränen flossen über mein Gesicht und brannten in den offenen Wunden, die er mir zugefügt hatte.
"Ich bin die letzte Person auf diesem Planeten Erde die dieses Monster herbei rufen würde, die letzten 5 Jahre hat die dafür gesorgt das mein Zuhause zu meine eigenen Hölle wird und mein Vater für mich nichts anderes als den Teufel verkörpert, ich habe so viel gelitten und ertragen, ich bin an einem Punkt wo mir mein Leben nichts mehr wert ist! Und das alles wegen ihr. Wegen dir! Wage es nicht nochmal mich auf zu anzusprechen."
Ich brüllte mir die Seele aus dem Leib. Ich wusste nicht woher ich diesen Mut nahm, ich wusste nicht woher dieser Widerstand kam aber ich hatte mich ihm gestellt. Er sah mich mit entsetzten an.
"WIE SPRICHST DU MIT MIR?" brüllte er.
Doch ich ließ mir keine Angst mehr von ihm einjagen. Ich schnappte nach meinem Handy.
"Geh mir aus den Augen du gottverdammtes Monster..." mit diesen Worten verließ ich das Zimmer. Ich hatte mit einer weiteren Tracht Prügel gerechnet, doch nein. Er blieb regungslos stehen. Er blinzelte nicht mal. Als ich schließlich die Tür hinter mir zu knallte, brach mein Inneres zusammen. Ich lief hinters aus und ging hemmungslos an zu weinen.
Alles wonach ich mich sehnte war er. Er und seine Zärtlichkeit.
Also kramte ich nach meinem Handy und rief seine Nummer an. Sofort hob er ab, ich weinte ins Telefon und konnte nichts sagen.
"Liri, Liri was ist ist passiert?" Doch aus meinem Mund kamen nichts als Schluchzer.
"Hey, was ist los?" die Panik in seiner Stimme war nicht zu überhören.
"Ich brauche dich..." war das einzige was meinen Mund verließ...

How he saved me...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt