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- 2 Wochen später -
- 16. Dezember, Mittwoch -

Lucy war immer noch nicht aufgewacht. Sie lag noch genauso friedlich im Krankenhausbett wie vor zwei Wochen. Der einzige Unterschied war nur, dass sie kaum noch blaue Flecken hatte. Ich war sie jeden Tag besuchen mit der Hoffnung, dass sie aufgewacht war und auf mich wartete. Doch der Tag kam leider noch nicht.

Ich versuchte in der Zeit so gut wie möglich weiterzumachen. Doch ich tat nie so, als ob nichts passiert wäre, wie andere Leute es in der Situation vielleicht gemacht hätten. Lucy fehlte mir. Sie fehlte mir in den Vorlesungen. Sie fehlte mir, wenn ich mich mit den anderen traf und sie fehlte mir abends vor dem Einschlafen. Ich hatte mich daran gewöhnt, fast immer neben ihr einzuschlafen. Sie jetzt nicht da zu haben war komisch. Es fühlte sich wie eine Leere an, die man mit nichts füllen konnte.

Langsam wurde ich wirklich wahnsinnig. Doch ich wollte nicht die Hoffnung verlieren. Zwei Wochen waren nichts im Vergleich zu anderen Leuten, die mehrere Monate im Koma lagen. Ich glaubte fest daran, dass Lucy noch dieses Jahr aufwachen würde. Sie würde wenige Tage vor Silvester aufwachen. Da war ich mir sicher.

"Habt ihr schon Weihnachtsgeschenke ?",fragte Sophie und sah einen nach dem anderen fragend an.

"Nicht alle",gab Zoey zurück und zupfte an dem Ärmel ihres Pullovers rum. Seitdem Lucy im Koma lag, war sie nicht mehr die gleiche. Sie war ruhiger geworden und konterte nur noch selten.

"Ich auch nicht",gab Sophie zurück. Sie hatte seit zwei Wochen fast durchgehend geschwollene und gerötete Augen, die vom Weinen kamen. Lucy fehlte ihr genauso sehr wie mir.

"Was ist mir dir Brian ?" Zoey sah zu mir.

"Ich hab auch noch nichts",erwiderte ich und strich über Lucys Hand. Ich hatte momentan andere Sorgen, als mir zu überlegen, was ich wem zu Weihnachten schenkte.

"Wir könnten doch zusammen welche kaufen gehen. Vielleicht lenkt uns das etwas ab",schlug Sophie vor und lächelte schwach.

"Von mir aus",stimmt ich zu und zuckte mit den Schultern. Etwas Ablenkung würde mir bestimmt gut tun und so konnte ich auch gleich Geschenke kaufen. Alleine hätte ich mich nie auf den Weg gemacht.

"Ich finde die Idee auch gut",lächelte Zoey und strich sich eine Strähne aus dem Gesicht.

"Wollen wir gleich morgen Nachmittag losgehen ?",fragte Sophie.

Ich nickte bloß und schaute auf die geschlossenen Augen meiner Freundin. Zoey und Sophie kamen fast jeden zweiten Tag mit mir ins Krankenhaus, um Lucy zu sehen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass sie meine Hoffnungen teilten. Jaiden, Marco, Marvin und Jack kamen auch oft her. Doch meistens erst, nachdem ich gegangen war, da sie mich in Ruhe lassen wollten.

~

- 17. Dezember, Donnerstag -

"Was wollt ihr denn alles kaufen ?",fragte ich und schaute mich im Kaufhaus um. Alles war geschmückt und die Leute liefen alle durcheinander, um die letzten Geschenke zu kaufen. Ich hasste diese Hektik in der Vorweihnachtszeit. Man musste immer aufpassen, dass man nicht umgerannt wurde.

"Gute Frage",sagte Sophie und legte sich überlegend einen Finger ans Kinn.

"Das ist natürlich sehr praktisch",meinte ich sarkastisch und rollte mit den Augen.

"Was willst du denn kaufen ?",fragte Zoey mich und zog eine Augenbraue hoch.

"Mein Dad wollte nur irgendeinen Film haben und Anna schenk ich einen Wellnessgutschein",meinte ich und zuckte mit den Schultern.

"Wellnessgutschein klingt gar nicht schlecht",murmelte Zoey und schaute sich um. "Ich will in den Laden." Sie zeigte auf einen Schmuckladen.

Sie lief vor und Sophie und ich trotteten hinter ihr her. Zoey kaufte zwei Ketten und Sophie kaufte ein Paar Ohrringe. Gerade als wir wieder rausgehen wollten, fiel mir ein Armband ins Auge. Es war wunderschön.

"Kauf es doch für Lucy." Sophie stellte sich neben mich und schaute sich das Armband an. "Es würde ihr auf jeden Fall gefallen",fügte sie noch hinzu und lächelte mich an.

"Meinst du ?",fragte ich skeptisch.

"Auf jeden Fall",sagte sie sofort.

"Na gut." Ich lief zu einer der Verkäuferinnen und ließ mir das Armband geben. Sie verpackte es noch schön und ich bezahlte es.

Wir verließen wieder den Laden und sammelten unsere restlichen Geschenke zusammen. Als alle hatten, was sie wollten, trennten sich unsere Wege wieder. Die Zeit mit den beiden hatte gut getan und mich etwas abgelenkt. Aber ich bevorzugte es doch lieber alleine zu sein oder eben bei Lucy meine Zeit zu verbringen. Ich gebe zu, in der Zeit hatte ich mich wirklich zurückgezogen und meine Freude an allem verloren. Trotzdem versuchte ich mich zusammenzureißen.

Ich ging wie jeden Tag den selben Weg zu Lucys Zimmer. Ihr Zustand hatte sich immer noch nicht verändert. Aber immer noch besser, als wenn sich ihr Zustand verschlechtert hätte.

"Na Babe",begrüßte ich sie leise und gab ihr einen Kuss auf den Kopf.

Früher durfte ich sie nie so nennen. Sie hasste diesen Spitznamen. Doch trotzdem nannte ich sie so. Einfach um sie zu ärgern. Es war immer niedlich, wie sie sich aufgeregt hatte.

"Na Babe",begrüßte ich sie mit einem Lächeln und stieß mich von meinem Auto ab.

"Nenn mich nicht so. Du weißt, dass ich das nicht mag",sagte sie und verdrehte lächelnd die Augen.

"Und du weißt, dass ich es trotzdem machen werde",grinste ich und zog sie an der Hüfte zu mir.

"Ich weiß." Lucy legte ihre Hände in meinen Nacken und zog mich ein Stück zu sich runter.

"Na also, dann beschwer dich nicht",gab ich leise, aber immer noch grinsend zurück und legte meine Lippen schließlich auf ihre.

Ein kleines Lächeln huschte über mein Gesicht, als ich an den Tag zurückdachte. Ich setzte mich auf den Stuhl und griff wie immer nach ihrer Hand. Ich malte mit meinem Daumen Kreise auf ihren Handrücken und sah sie an.

"Lucy, ich weiß, dass du mich wahrscheinlich nicht hören kannst, aber ich vermisse dich",fing ich an zu reden. "Ich vermisse dein Lachen, dein Lächeln und deine ständigen sarkastischen Kommentare. Ich vermisse es sogar, dass du mich nicht mehr ständig ärgerst. Ich vermisse einfach alles, was auch nur ein bisschen mit dir zu tun hat." Tränen sammelten sich in meinen Augen, aber ich versuchte sie zurückzuhalten. Ich hatte genug geweint in den letzten Tagen oder eher Wochen.

"Bitte wach auf",flüsterte ich und drückte ihre Hand. "Bitte."

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Oke, es kommt jetzt doch ein Kapitel, aber das letzte kommt wirklich erst um 22 Uhr 😅

Rückblick stammt aus den Kapiteln 39-43 :)

Kapitel des Rückblicks bitte hier kommentieren.

Das Kapitel ist mit Absicht so kurz und dient auch eher als Lückenfüller.. :D

Melina ♡

Looking for my Happy EndingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt