Alles auf Null

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Marco

„Wie sieht es eigentlich mit deinem Auto aus, soll ich dir ne gute Werkstatt empfehlen?"-„ähm nein" mehr hörte ich nicht von Nicole, sie sah einfach nur weiter stumm zum Fenster raus. Ich wusste nicht was in den letzten Stunden passiert war, doch irgendetwas musste gewesen sein. Sie sah nicht ausgeschlafen aus. Sie knetete ständig mit ihren Fingern rum. Sie war sehr wortkarg und auch sonst machte sie einen echt üblen Eindruck auf mich. Selbst der Begrüßungskuss fiel sehr spärlich aus. Nur als sie mich anrief, da redetet sie wie ein Wasserfall und trieb mich zur Eile an, da sie schnell zu meiner Schwester wollte. „Was ist denn überhaupt kaputt?"-„nichts" es klang genervt und irgendwie irritierte es mich ganz schön. Wenn nichts mit ihrem Auto war und sie so schnell zu Luca wollte, warum fuhr sie dann nicht selbst? „Was meinst du mit nichts?"-„Man Marco, hätte ich dich nicht anrufen sollen? Du hast doch gesagt ich soll dich anrufen" sie war mich tatsächlich am angiften und dafür brauchte ich keine extra Frauen-Verstehen-Fibel, das erkannte ich auch so. Nur ich wusste nicht warum ich nun ihre schlechte Laune abbekam. „Süße, das wollte ich damit nicht sagen"-„dann ist gut"-„bist du irgendwie sauer auf mich?"-„nee"-„warum bist du dann so drauf?"-„könntest du jetzt einfach zu deiner Schwester fahren?" sie sah mich mit Augenrollen an und dann direkt wieder weg. Da sollte einer Frauen verstehen? Vielleicht brauchte ich doch so eine Fibel.

Als wir bei meiner Schwester vor dem Haus standen, wollte Nicole direkt aussteigen, doch hielt ich sie schnell am Handgelenk fest und sie sah mich mit diesen traurigen Augen an. Den Blick kannte ich. Es war der, den sie schon mal hatte. Kurz darauf ließ sie mich sitzen und ich rannte ihr nach. "Was hast du?" fragte ich eindringlich, denn ich wollte unter keinen Umständen, dass sie wieder flüchtet. "Es ... es ist nichts"-"nein Nicole, das glaube ich dir nicht"-"ich ... ich kann jetzt nicht darüber reden" sagte sie ganz leise und biss sich auf die Lippe. Ihr Kopf senkte sich und ich zog sie in meine Arme. "Verdammt, was ist passiert" nuschelte ich in ihre Haare und das weniger als Frage. Ich rechnete damit, dass sie nun ihrer Traurigkeit freien Lauf ließ, doch weit gefehlt. Sie schüttelte mit dem Kopf und drückte sich von mir weg. "Ich habe einen Fehler gemacht" raunte sie "ich hätte erst an meine Familie denken müssen und dann an mich" und drehte sich ganz von mir weg. Mein Magen zog sich zusammen, aber nicht weil die Worte so schmerzten sondern, weil ich wütend wurde. Irgendwie war mir plötzlich klar woher der Wind wehte. "Du hast keinen Fehler gemacht" kam es aus dem Grund heftiger aus meinem Mund und ich beließ es auch so "du hast das Recht auch mal an dich zu denken"-"habe ich das?". Zorn sprang mir entgegen, gepaart mit einem süffisanten Lächeln. "Marco, ich will nicht undankbar erscheinen, aber es gibt Dinge, die verstehst du nicht und so wie es gerade aussieht, wäre es besser ..." sie brach ab und sah zum Fenster raus. Ich wusste genau was sie sagen wollte und es machte mich nur noch wütender. Luisa hatte es mal wieder geschafft. "Was hat sie gesagt weswegen du die Sache beenden willst?" fragte ich schon fast genervt und Nicoles Blick glitt erschrocken zu mir. Vermutlich hatte sie nicht damit gerechnet, dass ich sofort auf eine Aussage von Luisa schließen würde und ich biss mir fest auf die Unterlippe, um mir einen weiteren Kommentar zu verkneifen. Sie sollte mir erst einmal erzählen was diese Göre sich schon wieder geleistet hatte.

Nicole schien wirklich für einen Moment zu überlegen, ob sie mir erzählen sollte, was sie zu dieser Entscheidung gebracht hatte. Und doch seufzte sie schließlich leise, bevor sie zu sprechen anfing. „Nachdem wir uns verabschiedet haben, kam sie wie eine Furie ins Schlafzimmer und hat mir Vorwürfe gemacht. Sie muss uns draußen am Wagen gesehen haben. Ich meine ... mir war ja irgendwie klar, dass sie für dich schwärmt, aber ... naja, ich wusste nicht, dass es für sie so schlimm ist uns zusammen zu sehen." Unsere Augen trafen sich und ich konnte deutlich die Unsicherheit in ihrem Blick erkennen. Am liebsten hätte ich sie in meine Arme gezogen und sie geküsst, aber ich wusste, dass das jetzt nicht die richtige Reaktion gewesen wäre. Ich schloss für einen Moment die Augen und sofort schoss mir wieder dieses Bild von vor ein paar Wochen in den Kopf. Luisa und ich. Verwickelt in einer wilden Knutscherei in meiner Küche. Mir war klar, dass ich Nicole längst darüber hätte in Kenntnis setzen müssen, aber ich war schlichtweg einfach zu feige dafür, um ihr davon zu erzählen. Dies war auch der Grund dafür, weshalb ich mich räusperte und tief durchatmete, bevor ich meine Stimme wieder erhob. „Das ... also dies kann doch nicht dein Ernst sein, Nicole?!" sie sah mich nicht an und doch konnte ich sehen, wie sie wirklich mit sich kämpfte. Es tat mir leid, dass ich sie jetzt so anging, doch ich musste meinen Gedanken endlich einmal Luft machen. „Du kannst doch nicht jedes Mal zurückstecken und alles für sie aufgeben. Irgendwann kommt der Tag an dem Luisa auszieht und dann wirst du dich ärgern, dass du nicht auch einmal an dich gedacht hast." Ich zwang mich dazu ruhig zu bleiben, weil ich sie auf keinen Fall in die falsche Richtung treiben wollte. Dennoch musste ich ihr einfach sagen, dass sie sich selbst damit überhaupt keinen Gefallen tat. Diese ganzen Gefühle in den letzten Tagen konnten doch nicht einfach verpufft sein? Das wollte ich einfach nicht glauben und ich wollte auch nicht wahrhaben, dass sie sich vermutlich bereits gegen mich entschieden hatte. Zumindest fürs Erste und dieser Gedanke machte mir irgendwie Angst.

Es dauerte einen Augenblick, bis sie ihren Kopf schließlich doch in meine Richtung drehte und ich erschrak, als ich die feine Spur von Tränen sah, die sich einen Weg über ihre weichen Wangen gesucht hatten. Wieder überkam mich der Drang, die hübsche Frau einfach in meine Arme zu ziehen, doch sie schien mich direkt zu durchschauen. Ich kam nicht einmal richtig dazu meine Hand in ihre Richtung zu bewegen, da zuckte sie auch schon zurück. In ihrem Blick konnte ich deutlich die Reue erkennen und ich spürte, wie mein Puls sich automatisch beschleunigte, als sie ihren Mund öffnete. „Marco...ich... es tut mir leid, aber ich kann nicht mit dir zusammen sein. Nicht, weil ich es nicht will, sondern weil ich weiß, dass du für meine kleine Schwester viel mehr bist als nur ihr Lieblings-Fußballer. Ich wollte es selbst nicht wahrhaben, aber Luisa hat sich nun einmal in dich verliebt und ich kann ihr nicht ständig wehtun, indem ich mich mit dir treffe. Versteh das bitte." Ihre Stimme war zum Ende hin immer leiser geworden und doch konnte ich jedes ihrer Worte ohne Probleme verstehen. „Danke für die schöne Zeit", wisperte sie, bevor sie sich schluchzend von mir abwandte und ausstieg. Ich war so geschockt von ihrer Entscheidung, dass ich ihr nur vollkommen perplex hinterher schauen konnte, als sie zu der Haustür meiner Schwester ging, die ihr wenig später auch schon öffnete. Von weitem konnte ich erkennen, wie Yvonne sie sofort in ihre Arme schloss und mir durch meine Windschutzscheibe einen prüfenden Blick zuwarf, bevor sie und Nicole zusammen im Haus verschwanden.

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Einen schönen Sonntag euch allen.
Heute überrasche ich euch mit einem weiteren Teil der Geschichte, weil der gestrige Tag so schön endete.

Ich hoffe es gefällt euch?

Da hat es Luisa doch tatsächlich geschafft, die zwei frisch Verliebten wieder zu trennen.
Könnt ihr Nicoles Entscheidung verstehen?

Ich, meine Schwester und Marco II Eiskalte RacheWo Geschichten leben. Entdecke jetzt