Marco
Mir war klar, dass ich nicht gerade die beste Laune an den Tag gelegt hatte, obwohl ich mir wirklich Mühe gab. Doch was hätte ich Nicole sagen sollen? Luisas Weihnachtsgruß setze mir so zu, dass ich mir manch einer meiner Handlungen gar nicht bewusst war. Nicht einmal, dass ich der Frau, die ich liebte, aus dem Weg ging oder es vermied mit ihr alleine zu sein. Ich war einfach mit mir und meinen Gedanken zu sehr beschäftigt.
Ein Punkt in meiner langen Liste von Fragen überschattete alles. Warum bin ich nicht zum Arzt gegangen? Ein simpler Bluttest hätte mir all meine Fragen beantworten können. Gut vielleicht nicht alle, aber den größten Teil mit Sicherheit. Doch umso länger ich mir über diesen Fehler Gedanken machte, umso mehr merkte ich, wie ich mich damit selbst aus der Schuld nehmen wollte. Es bedurfte kein Test, ich wusste sehr genau was passiert war und selbst wenn ich es mit einem Bluttest hätte beweisen können, würde es mir nichts bringen. Luisa musste mir etwas verabreicht haben und dies musst bei unserem kleinen Umweg gewesen sein in den McDonalds. Wie oft hatte man schon von K.O.-Tropfen gelesen oder gehört? Und genau in diese Richtung ging auch mein Gedanke, der mit Bestimmtheit richtig war. Darum war solch ein Test überflüssig und ich hatte es nur verdrängt, um meinen eigenen Vorteil aus allem ziehen zu können.
Am Ende blieb ich vor der einen Frage stehen, wie soll ich es ihr sagen? Es half alles nichts und meine Kieferknochen knackten leise, beim kräftigen Zähne zusammenbeißen. Die Fingernägel bohrten sich in meine Handinnenflächen und ich versuchte Nicoles Blick Stand zu halten. "Es tut mir leid. Ich wollte dir nicht den Urlaub vermiesen. Es ist nur, ich habe ... also es ist ... mhmm" da war er dahin, der Faden, der alles erklären sollte, ohne Gefahr zu laufen sie zu verlieren. Nicole verschränkte ihre Arme noch fest vor der Brust und sah mich herausfordernd und eindringlich an. Ich musste kräftig schlucken, fühlte ich mich doch so ertappt. Wieder verfluchte ich Luisa und das ich sie am Leben gelassen hatte. „Verdammt Marco, jetzt rede mit mir. Ich gebe dir noch eine Chance" zischte sie mir entgegen und kniff dabei ihre Augen zusammen. Verlegen sah ich nach unten. Auf die Hand, die mein IPhone fest umschlossen hatte. Mir musste ganz schnell etwas einfallen und zwar etwas, was über meine Lippen ging ohne groß rum zu stammeln.
„Ich kann dir nicht sagen was los ist, oder warum mich eine dumme Nachricht so mitgenommen hat vor ein paar Tagen, dass ich es unbewusst an dir ausgelassen hatte. Es tut mir leid und es war nicht fair von mir. Es hat absolut nichts mit dir zu tun ..." bei dieser Lüge musste ich mir tatsächlich fest auf die Innenseite meiner Wange beißen, um meinem Gesichtsausdruck weiterhin halten zu können. Wann hatte ich eigentlich angefangen so zu lügen? Nie hatte ich das Lügen in meinem Leben nötig und seit Nicole und ihre Schwester in meinem Leben waren, umzingelte mich eine Mauer aus genau diesen. Nicoles Augen hellten sich etwas auf, dennoch versuchte auch sie weiter die Entschlossenheit in ihrem Gesicht festzuhalten. „Das ist alles oder wie?"-„ich kann nicht mehr als mich zu entschuldigen, wenn du aber bei deinem Entschluss bleiben willst, werde ich mich natürlich drum kümmern. Ich fände es nur schade, wenn wir im Streit gehen würden. Wie auch immer es also läuft, würde ich mich sehr freuen, wenn du meine Entschuldigung annehmen würdest" sagte ich leise und ging einen kleinen Schritt auf sie zu. Zögerlich legte ich meine Hand auf ihren Oberarm und suchte ihren Blick, denn sie hatte ihren gesenkt, um wohl über meinen Vorschlag nachzudenken. „Bitte, ich werde es wieder gut machen. Ich will die letzten Tage streichen und ganz frisch mit diesem Urlaub anfangen. Geht das?" Nicole nickte langsam, biss sich dann auf die Unterlippe und sah auf. „Ich will nicht wie ein kleines dummes Schulmädchen in der Ecke stehen müssen und zuschauen wie es dir schlecht geht. Als Dank auf meine Nachfrage nur angemotzt werden. Ich will die Frau an deiner Seite sein, auch wenn es dir schlecht geht" ihre Augen wurden glasig und ich musste kräftig schlucken. Schnell und eng zog ich sie an mich. Vergrub meine Nase in ihren Haaren und nuschelte in die Richtung ihres Ohres „es tut mir alles so schrecklich leid". Mehr bekam ich nicht raus und doch steckte so viel Wahrheit in den wenigen Worten, die weit über das bisschen schlechte Laune vertreiben hinausging. All die Lügen taten mir leid und dass ich damit Nicole verletzt hatte ohne ihr überhaupt schon die Wahrheit gesagt zu haben. Allein mein Verhalten war schon schuld und dies war unverzeihlich. Hatte ich schon Tausend Pläne mir vorgestellt, so hatte ich nun den Tausendundeinen Plan, den ich mir schwor, tatsächlich endlich in die Tat umzusetzen.
Die restlichen Tage in Dubai waren sehr friedlich verlaufen und ich hatte es geschafft, Nicole voll und ganz zu entschädigen. Es war vielleicht einiges sehr übertrieben und sie lehnte auch viel ab, dennoch hatte es irgendwie den faden Beigeschmack, ich wäre sie am Kaufen. Jeden Wunsch den sie äußerte oder auch nicht, erfüllte ich ihr sofort und auch Luca blieb nicht verschont von meinem Weihnachtsmann spielen. Doch waren wir kaum zurück von Dubai, fuhr ich einige Tage später nach Gladbach, um mit Luisa zu reden.
Sie hatte mir noch zwei weiter Bilder geschickt. Was mich nicht wirklich schockierte, wenn das gezeigte auch sehr grenzwertig war. Doch was mich schockte, war die Tatsache, dass das letzte Bild von einer Nummer kam, die mir unbekannt war. Entweder hatte sie eine neue Nummer sich zugelegt, oder über ein fremdes Handy geschickt. Ersteres erledigte sich aber ziemlich rasch, denn ich ging automatisch davon aus, wäre es so, hätte sie ihrer Schwester es bestimmt mitgeteilt. Dies war nicht der Fall. Ich musste der Sache auf den Grund gehen, denn ich wollte mit Bestimmtheit nicht, dass jeder diese Bilder zu Gesicht bekam. Abgesehen davon, war es so oder so mein Plan gewesen bei ihr aufzutauchen, um die Geschichte ein für alle Mal zu beenden. Klar, ich hatte es schon öfter versucht, doch diesmal würde ich es anders machen. Eine gemeinsame Therapiestunde verbringen war sicher eine gute Gelegenheit.
Als ich Stunden später endlich vor der Schule stand, überzog sich meine Haut mit einem leichten Frösteln und ich war mir meiner Sache gar nicht mehr so sicher. Vielleicht sollte ich einfach wieder in mein Auto steigen und zurück fahren? Die Lösung schien mir sehr verlockend zu sein und sehr leicht umsetzbar. Ich wollte mich gerade umdrehen und gehen, als es im Gebäude einen Klingelton gab und kurz darauf die Tür zum Hof geöffnet wurde. Wie in einer Schockstarre blieb ich stehen und beobachtete den Ausgang. Konnte sehen wie die Schüler aus dem Schlund der Schule gespuckt wurden und direkt kleine Wölkchen über einzelnen Schüler aufstiegen. Ich sah kurz auf meine Uhr „Raucherpause" nuschelte ich und überlegte mir, wie hoch meine Chance war, noch von hier zu entkommen.
DU LIEST GERADE
Ich, meine Schwester und Marco II Eiskalte Rache
FanfictionDas Leben der 27 jährigen Nicole scheint nicht unter einem besonders guten Stern zu stehen. Ihre Eltern starben vor 6 Jahren. Sie muss aufhören zu studieren, um die Verantwortung für ihre Geschwister zu übernehmen. Der kleine Bruder Luca kommt sc...