Nicole
„Danke" sagte ich kleinlaut, als ich im Auto neben Yvonne saß und mir auf dem Weg dahin das Gespräch durch den Kopf gehen lassen hatte. „Nix zu danken. Die Alte hat sie doch wirklich nicht mehr alle. Verdammt! Wenn die vor 5 Jahren auch so mit dir umgegangen sind, wundert mich bei Luisa nichts mehr" sie schlug leicht mit der Handfläche gegen das Lenkrad was mich etwas zusammen zucken ließ. „Was für eine Kacktusse! Am liebsten würde ich noch mal zurückgehen und ihr gehörig eine rein drücken. Was für eine dumme Sau!" wegen ihrem Fluchen musste ich anfangen zu kichern, dabei war es mir bis eben noch nach allem anderen zumute. „Du nimmst es ernster als ich"-„ja also ich bitte dich, das kann doch nicht der ihr ernst sein oder?"-„du hast es selbst gehört"-„ja und ich will es lieber nicht gehört haben. Wie frech! Aber von einem Amt war noch nie was Gutes zu erwarten. Oh ich könnte schon wieder aus der Haut fahren"-„beruhig dich. Lass uns lieber was essen fahren. Ich hab richtig Hunger" Yvonne schüttelte sich, klang als würde sie einen Yogaschrei von sich geben und fing dann an zu lächeln „du hast recht, essen ist eine gute Lösung und für den Rest finden wir unsere eigene Lösung". Wir fuhren bei einem Italiener vorbei, bestellten eine Familienpizza und zwei Salate, um dann vollbeladen bei Yvonne zu Hause mit ihrem Mann und den Kindern zu essen. Es war ein kurzer Moment ohne all diese Sorgen, die ich eigentlich nur hatte wegen Luisa. Wäre sie nur etwas einsichtiger, dann wäre alles doch nur halb so schlimm. Es ist nicht so, als hätte ich nicht das Gespräch nochmal mit ihr gesucht. Doch es brachte einfach nichts. Gar nichts! Sie stellte auf extrem Stur oder auf Durchzug. Nichts wollte sie wissen oder hören von dem was ich ihr zu sagen hatte, es gab nur noch Hass. Engstirnig und festgefahren waren die besten Worte die mir dazu einfielen. Die Dame vom Amt hatte gut reden „dann müssen sie sie zwingen", die hatte keine Kinder oder einfach keine Ahnung.
Nach dem Essen gönnten Yvonne und ich uns noch einen Kaffee im Garten. Leise räusperte ich mich dann doch irgendwann und wusste nicht so recht wie ich meine Frage auf den Tisch werfen sollte. Yvonne sah mich aber schon fragend an und mir blieb nichts anderes übrig. „Was für ein Internat ist das eigentlich, auf das die Krayer so allergisch reagiert hatte?" Yvonne verkniff sich ihr Lachen, das konnte ich genau sehen, denn es spielte rund um ihren Mund herum. „Das Krüger Internat"-„und was ist das?"-„so wie ich gelesen habe, eins der Besten die wir hier haben. Es ist halt privat"-„darum auch ihre Reaktion" sagte ich leise und vergrub auch für mich selbst die weiteren Fragen. Mir war klar, dass ich mir solch ein Haus dann nicht leisen könnte. „So teuer ist es eigentlich gar nicht" hörte ich meine Freundin leise sagen, „wenn man bedenkt was sie alles zu bieten haben, gerade in dem Bereich, in dem es Luisa helfen würde. Sie sind offenbar auf traumatisierte Kinder spezialisiert" ich hob leicht meine Hand um sie zu unterbrechen. „Du kannst aufhören es mir schmackhaft zu machen. Ich werde es mir ganz bestimmt nicht leisten können, auch wenn du davon sprichst, es wäre eigentlich nicht so teuer. Allein das Wort eigentlich hält mich davon ab, zu glauben ich könnte es"-„31.000" platzte es auch ihr heraus. Die Information brauchte eine Weile bis es in meiner letzten Gehirnwindung ankam, dann sah ich sie verwirrt und unglaubwürdig an. „31.000 was?"-„Euro?"-„Bis zum Ende ihrer Schulzeit?"-„Im Jahr"-„im Jahr?" sie nickte und ich musste glauben was sie sagte. „Was verstehst du unter eigentlich nicht so teuer?" fragte ich trocken und obwohl wir uns tot ernst anschauten, ging es nicht lang bis wir anfingen zu lachen. „Hast du eine Ahnung was ich im Jahr verdiene?" gluckste ich in mein Lachen. „Ich müsste mit Luca in eine Garage ziehen, dann könnte ich es mir vielleicht leisten und dann auch nur, wenn ich es nicht per Vorkasse leisten müsste. Bauer bezahlt gut, aber so gut auch wieder nicht" gab ich leicht ironisch von mir. „Die Wohnung gehört doch dir oder?" es schien als wäre Yvonne noch lange nicht am Ende ihrer Lösungssuche. „Ja und das sollte auch so bleiben"-„und wenn du sie beleihst?"-„wie ich eben sagte, ich will sie behalten" ich musste kichern, denn sie blieb dran wie ein Bluthund an einer Fährte. „So schlimm kann das doch nicht sein oder?"-„Yvonne, ich verdiene nicht mal 31.000 im Jahr"-„also doch ein Spender"-„nein!"-„ich meine nicht meinen Bruder" nun hatte sie mich doch erwischt und ich wurde hellhörig. „Wer dann?"-„Ich?" vorsichtig sah sie mich an, so als würde sich fürchten, ich würde ihr gleich die Freundschaft kündigen. „Du?"-„Naja, mit meinem Kaffee und so geht es mir nicht gerade schlecht und vielleicht könnten wir uns ja in der Mitte treffen?" ich schüttelte leicht mit dem Kopf, denn ihrem Gedankengang konnte ich nicht ganz folgen. „Was kannst du im Monat los machen?"-„Ich habe knapp 1000 Euro mehr bei Bauer und ich kam davor ganz gut klar ohne, nur dachte ich, ich würde mir jetzt Luft machen" nachdenklich nickte meine Freundin und sah in ihre Tasse. „Hier klingelt ein Telefon" rief Yvonnes Mann von drin und zeigte auf mich „ist keins von uns, muss deins sein". Schnell stand ich auf und ging rein zu meiner Tasche, um mir den Störenfried zu holen. Im Display sah ich die Meldung von WhatsApp und zog die Leiste runter um es direkt zu öffnen. Es war der Chat mit Marco und ich schluckte leicht. Seit er mich bei Yvonne abgesetzt hatte, habe ich nichts mehr von ihm gehört und in meinem Magen fing es an zu drücken.
„Hey Nicole, ich war mir lange am Überlegen ob ich mich melden soll. Ich denke, dir wäre es lieber wenn ich mich nicht melden würde, doch gelingt es mir nicht ganz. Ich würde so gern mit dir reden. Über deine Familie und über uns. Vielleicht gibt es doch eine gemeinsame Lösung? Bitte melde dich doch bei mir. Ich würde mich wirklich sehr freuen"
Musste ich eben noch leicht schlucken, so war es nun ein faustdicker Kloss und mir wurde bewusst wie sehr er mir fehlte, doch konnte ich nicht über diesen Schatten springen. Mein Ziel war es erst einmal für meine Familie zu sorgen und dann könnte ich mich auf Marco einlassen. Vielleicht war es dann zu spät, doch auch darüber habe ich nachgedacht und würde dann mit diesem Schicksal leben müssen. Die Tränen fingen an hinter der Nase zu stehen und ich musste sie schnell weg blinzeln. Ich würde nun alles wollen, aber nicht hier im Wohnzimmer von Yvonne heulen. Es wäre zwar nichts neues, auch nicht das es wegen ihrem Bruder ist, aber ich brauchte meine Kraft, denn Yvonnes Idee reifte in meinem Kopf.
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Ich, meine Schwester und Marco II Eiskalte Rache
FanfictionDas Leben der 27 jährigen Nicole scheint nicht unter einem besonders guten Stern zu stehen. Ihre Eltern starben vor 6 Jahren. Sie muss aufhören zu studieren, um die Verantwortung für ihre Geschwister zu übernehmen. Der kleine Bruder Luca kommt sc...